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Schwarzer Kokon. Matthias KlugerЧитать онлайн книгу.

Schwarzer Kokon - Matthias Kluger


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Takt. Jeder nahm sich einen Queue aus der Halterung an der Wand, während Abel alle Kugeln für den ersten Anstoß auf dem mit grünem Stoff überzogenen Tisch zurechtlegte.

      Ohne zu fragen, übernahm Patrick mit der weißen Kugel in der Hand den Anstoß; dies war das ungeschriebene Recht des besten Billardspielers unter den dreien. Krachend traf die Weiße den Rest der Spielbälle, während der Blick aller die erste Kugel suchte, die ihr Ziel in einem der Löcher des Tisches fand.

      Währenddessen öffnete sich die Schwenktür und das brünette Mädchen von eben kam, gefolgt von ihrer Freundin sowie zwei groß gewachsenen Jungs in schwarzen Lederjacken, herein. Sie blickte sich um, deutete mit ihrem Zeigefinger auf die drei ins Spiel Vertieften und flüsterte einem der Männer etwas ins Ohr.

      Sogleich bahnten sich die beiden ›Lederjacken‹ den Weg zum Billardtisch, während die Brünette mit ihrer Freundin am Eingang stehen blieb. Der Größere der beiden stupste Patrick von hinten an dessen Schulter. Leicht stolpernd drehte sich Patrick um, derweil Abel, als Kleinster in der Runde, einen Schritt zur Seite trat. Marc, vom Alkohol noch benebelt, brauchte etwas länger, um die angespannte Situation zu begreifen.

      »Hey, du College-Bübchen, hast du meine Freundin angegrapscht?«

      »Moment, Moment, ruhig Blut, Brauner«, entgegnete Patrick und überlegte kurz, welche ›Freundin‹ wohl gemeint war. Dann entdeckte er die beiden Mädchen grinsend am Eingang stehen. »Ich wusste ja nicht, dass sie ›deine‹ Freundin ist, darüber hinaus habe ich sie keineswegs begrapscht. Was hältst du davon, wenn ich euch allen einen Drink spendiere und wir vergessen das Ganze?«

      »Ihr College-Jungs glaubt wohl, was Besseres zu sein, und habt dann nicht mal Eier in der Hose.« Der Große wandte sich triumphierend zu seinem Kumpel. In seinem Blick war zu sehen, dass er Streit suchte.

      Du kommst mir gerade richtig! Nicht mal Eier in der Hose? Was für ein Idiot, dachte Marc. Bekannt dafür, keinem Streit aus dem Weg zu gehen, trat Marc vor Patrick, bis er dem Wortführer der beiden Halbstarken direkt gegenüberstand. Sie waren zu dritt, auch wenn Abel bestimmt keine große Hilfe in dieser Situation sein würde. Sein Gegenüber hatte ungefähr die gleiche Größe, ebenso wie Marc erweckte dieser nicht den Eindruck, zum ersten Mal in solch einer Situation zu sein.

      »Wir wollen doch jetzt keinen Zoff«, ermahnte Marc. »Nimm das Angebot meines Freundes lieber an, sonst brauchst du noch einen Strohhalm für den Drink.«

      Allen war klar, dass Marcs Auftreten keineswegs zur Entspannung der Situation beitrug, doch sein Alkoholpegel stimmte ihn mutiger, als wenn er nüchtern gewesen wäre.

      Marcs Blick fixierte sein Gegenüber, um die Reaktion, wie sie auch ausfallen sollte, schnell zu erfassen.

      Im Bruchteil einer Sekunde und ohne jegliche Vorwarnung schlug die Lederjacke zu. Marc konnte seinen Kopf noch leicht zur Seite bewegen, doch die Faust des Angreifers traf ihn am rechten Wangenknochen. Er spürte den Schmerz, taumelte und wäre gefallen, hätte Patrick, hinter ihm stehend, ihn nicht gehalten. Blitzschnell duckte sich Marc, schnellte wie ein Puma vor, seinen Kopf in den Bauch des überraschten Angreifers rammend. Die umherstehende Menge stob lauthals auseinander, während einige Gläser klirrend zu Bruch gingen. Prustend flogen beide zu Boden, als Marc auf seinem Gegner landete. Noch ehe sich die Lederjacke vom Gewicht Marcs Körpers befreien konnte, schlug dieser ihm mitten ins Gesicht. In seiner Faust spürte er das Knacken der Nasenknochen. Blut spritzte, wodurch sein Rivale derart benommen war, dass er mit beiden Händen sein Gesicht vor weiteren Schlägen zu schützen suchte.

      Heftiger Schmerz durchfuhr nun Marcs Rücken, da der zweite Randalierer zu einem Queue gegriffen, diesen, mit heftigem Schwung ausholend, krachend auf Marc niederschlug.

      Abel stand zu weit abseits, um eingreifen zu können, und auch Patricks Reaktion war zu langsam gewesen. Nun aber reagierte Patrick mit einem Hieb in die Nieren des Angreifers. Sofort war Marc wieder auf seinen Beinen und ging prügelnd auf diesen los. Beide, Marc und Patrick, hatten ihn in der Mangel. Er war chancenlos.

      Das Ganze hatte sich innerhalb weniger Minuten abgespielt und wäre als Schlägerei in einer Bar nicht weiter erwähnenswert gewesen – hätten nicht zwei Polizisten der USCP (United States Capitol Police) an einem der hinteren Tische im Barbereich ein verspätetes Frühstück zu sich genommen. Vom Krach des Hinterzimmers aufgeschreckt, eilten sie durch die Schwenktür, an der noch wie angewurzelt die zwei Mädchen standen. Die Polizisten sahen den am Boden Liegenden mit blutender Nase sowie Marc, der gerade seinem Gegenüber in den Magen boxte. Einer der Cops packte Marc von hinten und drehte ihm, im geübten, schon hundertmal erprobten Griff, den rechten Arm auf dessen Rücken. Der Polizist zog Marc in leichte Rückenlage. Zwar sah Marc nicht, wer hinter ihm stand, doch dessen Partner in schwarzer Polizeiuniform. Der Blondschopf leistete daher keinen weiteren Widerstand, als der Polizist am Hosenbund zu Handschellen griff und sich diese um Marcs Handgelenke am Rücken schlossen.

      Der zweite Cop beugte sich über den Verletzten, zog ihn helfend auf die Beine, während dieser schmerzverzerrt seine gebrochene Nase hielt: »So ein Schwein, so ein besoffenes Schwein.« Blut und Speichel spritzten bei seinen Worten. Anscheinend hatte auch seine Oberlippe eine Platzwunde; er sah blutverschmiert zu Marc, während auch bei ihm die Handschellen klickten.

      »Ihr beiden kommt mit aufs Revier und ihr anderen«, der Blick des Officers wanderte erst zum zweiten Lederjackenträger, danach zu Patrick, »haltet die Füße still, ist das klar?!«

      Beide Raufbolde stolperten, fest im Griff der Cops, an den beiden Mädchen vorbei durch die Schwenktüre.

      Auf dem Parkplatz vor der Bar wurden sie unsanft in einen weißen Polizeiwagen, Ford Crown Victoria mit blauen Streifen und orangefarbener Aufschrift POLICE, verfrachtet. Immer noch in Handschellen saßen sie hinten im Wagen, während die beiden Cops vorne Platz nahmen. Der Polizist auf der Beifahrerseite drehte sich um und Marc erkannte dessen dunklen Oberlippenbart durch das Gitter, welches den Fond des Wagens zu ihm trennte.

      »Mach mir bloß keine Scheißflecken aufs Polster.« Grimmig blickte der Cop ins Gesicht des Blutenden, anschließend wandte er sich an seinen Kollegen am Steuer: »Lass uns den zuerst ins Foggy fahren.«

      Foggy war das nahe gelegene George Washington University Hospital in der 23rd NW im Stadtviertel Foggy Bottom. Sie fuhren los Richtung Pennsylvania Avenue und erreichten nach knapp zehn Minuten die Klinik. Der Bärtige öffnete die hintere Tür, zog Marcs Widersacher, mit seinen Händen an Kopf und Schulter, aus dem Wagen und verschwand mit ihm durch den Haupteingang. Derweil wurde im Streifenwagen nicht gesprochen, sodass Marc dem Polizeifunk, der rauschend wie knackend irgendwelche Informationen einer weit entfernten weiblichen Stimme von sich gab, lauschte.

      Nach fünfzehn Minuten kam der Polizist zurück in den Wagen und sie setzten ihre Fahrt in Richtung 119th über die Virginia Avenue fort. In der Nähe des Supreme Courts parkten sie direkt vor dem Eingang des Gebäudes der United States Capitol Police. Am Rücken gefesselt, führten sie Marc wie einen Schwerverbrecher die breiten Steinstufen hinauf ins Innere des Gebäudes. Sie durchschritten die große, hohe Eingangshalle, in der durch reges Treiben an Polizisten und Zivilpersonen ein hoher Geräuschpegel herrschte. An einer Theke, hinter der ein Kaugummi kauernder Cop mit schütterem Haar und geschätzten hundertzwanzig Kilogramm Körpergewicht schon auf sie zu warten schien, machten sie halt.

      »Was haben wir?«, fragte dieser gelangweilt.

      Der Schnauzbart in schwarzer Uniform erklärte kurz: »Schlägerei im Marie Inn. Den anderen haben wir ins Foggy gebracht. Der Typ hier hat ihm die Nase zu Brei geschlagen.«

      »Name, Adresse?«, wollte der Dicke monoton wissen, ohne den Blick von seinem alten IBM-Monitor abzuwenden.

      »Marc Haskins«, antwortete Marc und gab seine Adresse Nähe Upper Northwest an.

      Erstmals sah der speckig wirkende Cop vom Bildschirm auf, blickte Marc mit seinen Fettaugen an und pfiff durch die Zähne. »Marc Haskins, der Sohn von Fredrik Haskins?«

      Marc nickte bejahend.

      »Na, das ist ja mal ein Fang!« Er grinste und pfiff erneut durch


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