Kreation Vollblut – das Rennpferd eroberte die Welt (Band 1). Erhard HeckmannЧитать онлайн книгу.
die sich mit rund 13,8 Mio. Euro (gegenüber 14,4) stabilisierten, und den durchschnittlichen Rennpreis pro Rennen in diesem Zeitraum von 8.312 € auf 11.234 € ansteigen ließen. Geschuldet ist das in erster Linie der Tatsache, dass es 2016 59 Renntage und 510 Rennen weniger gab als 2007. Die Anzahl der im Training befindlichen Pferde sank von 3.174 auf 2.486, und der Wettumsatz um 21.8 Millionen auf 26.4 Millionen Euro. Auch die Zahlen für Zuchtstuten, Fohlengeburten, aktive Züchter und Besitzer zeigten einen erheblich negativen Trend, während der faszinierende Hindernissport mit ganzen 22 „Hammel-Rennen“ bereits am Ende angekommen ist. Gestiegen sind logischerweise die Starts deutscher Pferde im Ausland. 2.671 Versuche schlugen sich 2016 mit rund 7,1 Millionen Euro Gewinnsumme nieder (ein Plus von 0,8 Millionen), doch wird eine solche Marke ganz erheblich von den jeweils vorhandenen Spitzenpferden und gewonnen Gruppe-I-Rennen geprägt; 2016 gelang aber nur ein einziger Sieg auf dieser Ebene. Die schon lange diskutierte Strukturreform ist also dringend nötig.
In Australien gehörten Pferde nicht zum ursprünglichen Kontinent, sondern kamen mit den ersten Siedlern 1788 (ein Hengst und fünf Stuten) nach Australien. „Blutpferde“ trafen sieben Jahre später vom „Kap der Guten Hoffnung“ ein, und der erste englische Vollbluthengst, der diesen Weg ebenfalls nahm, hieß Rockingham (1790) und landete 1799. Seine Vaterschaft ist nicht gesichert, doch wird angenommen, dass er ein Sohn des von Highflyer stammenden, 1781 geborenen Rockingham war. Gepaart mit einer „Cape Mare“, die 1795 ebenfalls auf der Britannia – die entweder in Südafrika oder Indien gestartet war – in die neue Heimat reiste, zeugte der importierte Rockingham die Stute Cariboo Oka, The Rockingham Mare. Sie gründete die koloniale Familie 15, die die älteste Stutenlinie Australiens ist. Auch einige andere Stuten dieser Gründerzeit waren wahrscheinlich schon Vollblüter, doch standen ihre Pedigrees aus verschiedenen Gründen nicht zur Verfügung. 1802 folgten der Stallion Northumberland und eine Stute auf direktem Weg, und ein Jahr später war Hector der erste Araber, der diesen Kontinent betrat. Als erster Amerikaner soll der Hengst Washington eingetroffen sein, doch gibt es zu diesen Pferden keine gesicherten Pedigree-Angaben. Die erste Stute, die bereits im englischen General Stud Book mit dem Namen Manto (1817) registriert war und von Soothsayer stammte, wurde 1825 von einem Mr. Icely nach New South Wales eingeführt. Ehe jedoch ab 1830 mehrere Vollblüter auch zu Rennzwecken importiert wurden, waren auch der Whalebone-Sohn Peter Fin (1819), 4x3 auf Highflyer und Eclipse ingezogen, und 1826 die Stuten Cutty Spark und Spaewife ausgeladen worden, wobei der Hengst später in Tasmanien landete. Vor 1818 war auch schon die Gründerin der „Betty Familie“, Old Betty, durch den Colonisten D’Arsy Wentworth, einem Verwandten der bekannten englischen Züchterfamilie D’Arcy und Wentworth, auf diesen Kontinent gekommen. Und mehrere dieser „Colonialen Gründerstuten“, die sich selbst bewährt und frühe arabische Bluteinflüsse hatten, behielten auch ihre Lebenskraft bis in die modernen Tage der Vollblutzucht.
Einer der frühen Beschäler in Australien war der in England 1853 von Heron gezogene Fisherman, der der beste Steher seiner Zeit war und zwei Ascot Gold Cups, 26 Queen’s Plates und insgesamt siebzig von 121 Starts gewann. Für 3.000 Guineas wechselte der Hengst über Australiens Adelaide in Mr. Hurtle Fishers bekanntes Gestüt Maribyrnong in Victoria, wo er an seiner Tochter Sylvia (1864) eine Stute hinterließ, die drei Champions fohlte. Ihr von Musket stammender Sohn Martini Henry (1880) gewann das Victoria Derby, VRC St. Ledger und den Melbourne Cup; der 1870 geborene Goldsbrough (Firework) siegte im St. Ledger und wurde Championbeschäler. Der Dritte im Bunde war dessen Vollbruder Robin Hood (1872). Leider war Fishermann nach fünf Saisons schon tot, doch seine Söhne Angler und Maribyrnong, als auch sein Enkel Robinson Crusoe (Angler) waren in der Zucht erfolgreich.
Australiens größter Stammvater war Musket (1867), danach ging es mit Rennpferden wie seinem neuseeländischem Sohn Carbine (1885), dem berühmten Wallach Phar Lap (1926), Peter Pan (1929) oder dem ebenfalls in Neuseeland geborenem Tulloch (1954) zwar stetig aufwärts, doch fiel der australische Vollblut-Sport noch ziemlich lange in die Rubrik „Exotik“. Er vollzog sich „Down Under“, war ziemlich unbekannt, und der MELBOURNE CUP erreichte kurzfristige Aufmerksamkeit. In Deutschland änderte sich das wohl erst 1984, als der fünfjährige Nijinsky-Enkel Strawberry Road (Whiskey Road), der die Nasrullah-Urenkelin Giftisa (NZ) zur Mutter hatte, den Großen Preis von Baden-Baden gewann, nachdem er sich bereits im Oettingen-Rennen als Zweiter über die Meile angekündigt hatte. In der Heimat standen Erfolge wie AJC Derby, Queensland Derby, Rosehill Guineas, oder der „Arc de Triomphe der Südhalbkugel“, das Cox Plate, auf dem Konto des Hengstes. 1985 setzte er sich auch im Grand Prix de Saint Cloud durch, lief noch einige gute Rennen in den USA und ging 1987 auf der Brookside Farm in die Zucht. 1995 verabschiedete sich der 17-fache Sieger von dieser Welt.
1950 wurde der von Richard Ball in Irland gezogene Hyperion-Enkel Star King (1946; Star Dust) importiert, der in der neuen Heimat auf Star Kingdom umgetauft wurde. In Europa hatte der eher bescheidene Renner neun von 16 Starts zwischen 1.000 und 1.400 Meter und rund 12.000 Pfund gewonnen, doch als Vater stand er auf der anderen Globushälfte siebenmal bei den Zweijährigen, und fünfmal bei den Stallions an der Spitze.
Inzwischen ist Australien in Sachen Vollblut eher ein aufregender Kontinent, dessen Produkte als hart und gesund gelten, wobei das schnelle Element, Flieger und Meiler, einen großen Platz einnimmt. Dass der Rennsport wächst, zeigen nicht nur die Zuwachsraten bei den Auktionen, sondern auch die internationale Turf-Prominenz, die vor Ort erscheint, kauft oder verkauft. Und Australien, mit vielen großen und kleinen Besitzersyndikaten, weiß auch, wie gute Rennveranstaltungen vermarktet werden müssen, um aus ihnen große Partys und „Events“ zu machen.
Der größte Stammvater in der australischen Vollblutgeschichte wurde jedoch der 1867 in England vom Duke of Portland gezogene neunfache Sieger Musket (Toxophilite), der 1878 als Dreijähriger für 3.000 Guineas nach Neuseeland verschifft wurde, 1885 einging, eine Stockwell-Enkelin zur Mutter hatte und dreimal an der Spitze der Stallions stand.
Zu seinen vier Champions, die er hinterließ, zählte auch der 1885 geborenen Carbine, der u. a. auch in den Pedigreelinien von Pferden wie Phar Lap, War Admiral, Northern Dancer, Nearco, Star Kingdom oder Bold Ruler zu finden ist. Und dieser Neuseeländer, der 33 Rennen gewann, darunter die Cups zu Melbourne und Sydney, als auch zwei Australische Champion Stakes, war einer der ersten ganz großen Champions auf dem australischen Kontinent. In der Saison 1979/80 präsentierte sich an dem Bletchingly-Sohn Kingston Town (1976), der die Hyperion-Hengstlinie vertrat, aus der Ribot-Enkelin Ada Hunter gezogen war und mehr als 1,6 Millionen AU$ verdiente, ein Musterbeispiel eines „klassischen“ Pferdes, doch wies der dreißigfache Sieger dabei auch auf die Besonderheit im Australischen Rennsport hin, denn in den Klassiks dürfen auch Wallache starten. Das ist auch bei der amerikanischen Version der Fall, doch geht es dort über „Sand“ statt Gras, während in Europas klassischen Rennen nur Hengste und Stuten Zutritt haben, weil Wallache für die Zucht belanglos sind. Aber der Wallach, der dreimal das Cox Plate und elf weitere Gruppe-I-Rennen gewann, hatte genug Speed, um als Zweijähriger zu gewinnen und war, mit zusätzlicher Härte und Stamina ausgestattet, in der folgenden Saison ein brillanter Mitteldistanzler allerbester Qualität. Neben Carbine, Phar Lap, Bernborough, Tulloch und der ungeschlagenen Black Caviar gehört er zu den absoluten Größen, die jemals einen Fuß auf dem Fünften Kontinent auf eine Rennbahn setzten.
Musket (1867), der größte Vererber in der austral—asiatischen Zucht)
Doch nicht alle Größen entstammten der heimischen Zucht. So kamen die beiden Super-Ladies Sunline (1995) aus Neuseeland, und Makybe Diva (Desert King) hatte das Licht der Welt 1999 in England erblickt. Sie gewann ab 2003 den Melbourne Cup dreimal in Folge; den Australian- und Sydney Cup, die BMW Stakes, das Cox Plate und insgesamt 15 Rennen und 14,5 Millionen Australische Dollar. Sunline, die von dem Danzig-Enkel Desert Sun stammte, ihr vorausging und 32 von 48 Starts gewann, darunter 16 auf höchster Gruppenebene, war zu ihrer Zeit mit 11,4 Millionen A$ der beste Verdiener. Dreimal wurde sie in Australien zum „Pferd des Jahres“ gewählt, und einmal mehr holte sie den Titel auch in ihrer Heimat.
Mit 28.433 registrierten Zuchtstuten und 13.420 Fohlen hatte Australien 1978 nach den USA die zweitgrößte Vollblut-Population der Welt. Das war, nach der Statistik der International Federation