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Ein Haus voller Robinsons. Adrian PlassЧитать онлайн книгу.

Ein Haus voller Robinsons - Adrian Plass


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Person an der Spitze dieser Schlange von Bewerbern um eine verbale Attacke war so tapfer oder töricht, sich kurz nach dem Piepsen des Weckers um sieben Uhr per Telefon zu melden - um eine Zeit, zu der ich bestenfalls etwas rudimentär Menschenähnliches an mir habe. Mich verlangt es dann nach keinem Gefährten außer dem starken, süßen Kaffee, den ich mir selbst zubereite, gerade so, wie ich ihn mag. Ich war an der Reihe, zuerst aufzustehen und dafür zu sorgen, dass Mark sich auf seinem Lager regte, und obwohl Mike es sicher verstanden hätte, wenn ich ihn wachgerüttelt und um einen Tausch angefleht hätte, war ich einfach nicht fähig gewesen, diese infernalische negative Revolution noch einmal mitzumachen, und hatte mich aus dem Bett gewälzt. Nachdem ich meinen Sohn geweckt und dafür sein obligatorisches grantiges, gequältes Stöhnen geerntet hatte, kauerte ich nun am Küchentisch, wo ich gerade den zweiten Löffel Zucker in meinen Kaffee getan hatte und im Begriff war, diesen umzurühren und den ersehnten ersten Schluck des Morgens zu mir zu nehmen. Da klingelte das Telefon.

      Das war der Moment, in dem ich dachte, ich wäre vielleicht schon in die ewigen Qualen eingegangen, ohne es zu merken.

      Diejenigen unter Ihnen, die über unsere Erlebnisse vor einigen Jahren gelesen haben, wissen bereits, dass wir Robinsons die Kunst der Verwirrung und Absurdität auf gänzlich neue, einsame Höhen geführt haben. Was nun folgte, entsprach ganz unserem normalen Standard. Ich wartete ungefähr eine halbe Minute ab, um dann mit einem Fluch von heidnischer Heftigkeit meine Tasse abzustellen und in die Diele zu schlurfen, um auf das enervierend hartnäckige Klingeln zu reagieren. Just in dem Augenblick, als ich den Hörer abnahm und „Hallo!“ hineinbellte, tat Mike oben an unserem Zweittelefon, das in einer Nische neben meiner Bettseite steht, genau dasselbe - das heißt, er gab eher ein höfliches „Wuff!“ als ein Bellen von sich. Als ich hörte, wie Mike sich meldete, grunzte ich erleichtert, ließ den Hörer wieder auf die Gabel fallen und kehrte zu meinem Kaffee zurück, der gerade noch heiß genug war, um den Wiederbelebungsprozess erneut in Gang zu bringen.

      Alles wäre in bester Ordnung gewesen, hätte nicht Mike oben genau dasselbe getan. Anderthalb Minuten lang sonnten wir beide uns in dem zufriedenen Gefühl, dass der andere sich um die frühmorgendliche Anruferin kümmerte; dann wurde die Stille abermals vom Klingeln des Telefons zerrissen. Ich konnte es kaum glauben! Wer rief denn jetzt schon wieder an? Wieder wartete ich darauf, dass es aufhörte. Wieder tat es das nicht. Wieder griffen Mike und ich mit spukhafter Gleichzeitigkeit zum Hörer und meldeten uns in genau demselben Moment. Wieder legten wir beide wieder auf und wandten uns wieder unserem Dösen respektive Kaffeetrinken zu.

      Zwei Minuten später, als das Telefon zum dritten Mal klingelte, war ich so sauer, dass ich beinahe laut losgefaucht hätte. Warum hatte sich die ganze Menschheit verschworen, einer nach dem anderen zu dieser unmenschlichen Zeit anzurufen und zwei unschuldige Menschen via Telefon einer chinesischen Wasserfolter auszusetzen? Wie war es möglich, dass die ganze Menschheit so dämlich war? Ich hielt es für ratsam, diesmal Mike an den Apparat gehen zu lassen, da es mir sicher schwer fallen würde, mir meine Aggressivität nicht anmerken zu lassen.

      Ist es nicht faszinierend, wie man manche Mischungen von Geräuschen sofort einwandfrei deuten kann? Ein gutes Beispiel dafür ist „wütend aus dem Bett steigen, um jemandem gehörig die Meinung zu sagen“. Zuerst kommt ein ärgerlicher Laut, der sich wie „Harumpf!“ anhört, gefolgt vom Rascheln der heftig zurückgeschlagenen Bettdecke, dann das dumpfe, unnötig energische Aufsetzen zweier nackter Füße auf den Schlafzimmerboden, welche sodann gereizt durchs Zimmer und über den Treppenabsatz stampfen. Je nach Geschmack kann man auch eine zugeknallte Tür hinzufügen.

      „Kath, du bist doch dran mit Aufstehen, oder?“

      Mike scheut immer davor zurück, seinem Zorn wirklich Ausdruck zu geben. Kurz vor der Raserei tritt er voll auf die Bremse wie jemand, der mit seinem Volvo-Kombi beinahe über eine Steilküste jagt. Ich glaube, er hat einfach Angst. So kam es, dass an diesem stinkigen Morgen das Rascheln und Stampfen schließlich in jener jämmerlich zurückhaltenden Frage vom obersten Treppenabsatz her kulminierte. Ich an seiner Stelle wäre wie ein schlecht zugebundener Wäschesack die Treppe heruntergepurzelt und hätte mich wahllos über jeden ergossen, der mir in den Weg gekommen wäre. Mikes Frage war eine kodierte Aussage, ein altvertrauter Versuch seinerseits, dem wabbeligen, chaotischen Fleisch der Ereignisse so etwas wie ein Skelett der Ordnung einzupflanzen. Dann fuhr er fort, mir mit seiner typischen, schulmeisterlich schwerfälligen Geduld, die mich so wahnsinnig macht wie sonst kaum etwas, seinen Standpunkt darzulegen. Es wäre nicht so schlimm gewesen, wenn er wenigstens heruntergekommen wäre, um auf einer physischen Ebene mit mir zu reden. Aber wenn einem ein Schulmeister vom obersten Treppenabsatz herab eine Gardinenpredigt hält, fühlt man sich wie eine versammelte Schülerschaft, die zu hören bekommt, dass ein paar von uns alle anderen im Stich lassen, oder vielleicht wie ein gescheiterter Pilger in einem moralischen Lehrstück, der von Gott getadelt wird.

      „Kathy, hatten wir nicht eine Vereinbarung, dass wir uns abwechseln, wer als Erster aufsteht? Heute Morgen warst du an der Reihe, also bin ich liegen geblieben. Du weißt, dass alles, was in der knappen halben Stunde zwischen deinem und meinem Aufstehen passiert, deine Angelegenheit ist. Wenn ich an der Reihe bin, nehme ich diese Verantwortung gern wahr; warum kannst du das nicht ebenso tun? Meine einzige Aufgabe heute Morgen ist es, das Bett zu machen, nachdem ich schließlich aufgestanden bin. Jedes Mal, wenn heute Morgen das Telefon geklingelt hat, habe ich mich optimistisch an den letzten Zipfel meines Traums geklammert und mit zusammengebissenen Zähnen darauf gewartet, dass du endlich drangehst. Du weißt genau, dass das Telefon von meiner Seite aus gerade außer Reichweite steht, sodass ich mich, um dranzukommen, mit einer Hand auf den Fußboden aufstützen und mit der anderen den Hörer abnehmen muss. Das tue ich nicht gerne. Bei jedem Klingeln hast du dir mit dem Drangehen gerade so viel Zeit gelassen, dass ich das Warten aufgegeben habe, am liebsten laut losgeschrien hätte und mich hinüber auf deine Seite wälzen musste, um selbst dranzugehen. Dann hast du wieder aufgelegt, sobald du mich sprechen hörtest, vermutlich ohne zu merken, dass ich ebenfalls aufgelegt habe. Das hält der stärkste Traum nicht aus, Kathy. Wer immer uns zu erreichen versucht hat, ruft jetzt gerade zum dritten Mal an.“ Seine Stimme bekam einen schrillen, gequälten Ton. „Würdest du jetzt bitte, bitte drangehen, damit ich für die wenigen Augenblicke, die noch übrig sind, wieder ins Bett gehen kann? Ich hoffe, du findest nicht, dass ich zu hohe Ansprüche an dich stelle.“

      Stampf, stampf, stampf, rumms, boing, raschel!

      Mein Verstand verfügt über eine beschämend emsige Routine, um logische Rechtfertigungen für meine Missetaten zu finden. Ich kann selbst kaum glauben, dass ich in der Lage bin, soviel geistige Energie ins Rechthaben zu investieren, wenn ich ganz genau weiß, dass ich Unrecht habe. Als ich den Hörer des immer noch klingelnden Telefons in der Diele abnahm und gegen mein Ohr rammte, war ich bereits vollauf damit beschäftigt, mir die Argumente zurechtzulegen, mit denen ich Mike wenig später über der Marmelade den Garaus machen wollte.

      „Ja?“

      Mein Basil-Fawlty-ähnlicher Tonfall kann sich kaum sehr einladend angehört haben, aber manche Leute sind einfach immun gegen Tonfälle.

      „Ach, Kathy, bist du's? Hier ist Joscelyn - ich hatte gerade etwas Probleme durchzukommen. Du, entschuldige, ich weiß, es ist sehr früh, aber ich musste dich einfach anrufen, um dir die gute Neuigkeit zu erzählen. Das wird dich sicher brennend interessieren.“

      Die tiefe Frauenstimme war mir wohl vertraut. Joscelyn Wayne war ein Mitglied unserer Gemeinde und gehörte zu den Leuten, bei denen sich einem die Fußnägel aufrollen, weil es schier unmöglich ist, ihnen aufrichtig zu begegnen. Zumindest hatte ich dieses Problem mit ihr.

      Sie war eine füllige, gut aussehende Frau, die in bester Cartoon-Tradition mit einem schmächtigen, unterwürfigen Mann namens John verheiratet war. Als die beiden Mike und mir vorgestellt wurden, entfuhr mir unwillkürlich ein peinlich viel sagendes Schnauben, als ich hörte, dass vor mir ein John Wayne im Taschenformat stand.

      Ich erinnere mich, dass mir dasselbe passierte, als ich einmal einem älteren Herrn vorgestellt wurde, der in diesem Augenblick mit dem Rücken zu mir stand. Als er sich umdrehte, war das erste, was mir auffiel, seine Nase. Ich konnte nichts dagegen tun. Niemand hätte etwas dagegen tun können. Er trug


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