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Der Ring der Niedersachsen. Cornelia KuhnertЧитать онлайн книгу.

Der Ring der Niedersachsen - Cornelia Kuhnert


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zu werden? Am Morgen reiste sie ab, ohne ein weiteres Wort zu mir, Gesprächsversuche wies sie ab. Nur dass sie in die Belgica wollte, ließ sie verlauten. Ich hatte ein ungutes Gefühl, doch ich musste weitermachen, jetzt erst recht. So opferte ich dem Jupiter einen Stier und veranstaltete ein Fest für die Legionäre.

      Eine notwendige Maßnahme. Sie hatten zu murren begonnen. Nun, sie murrten immer im Winter, berichteten die Centurionen, besonders, wenn ein neuer Kommandant eingetroffen sei. Dennoch, ich musste sie mir gewogen halten. Normalerweise ließ man sie arbeiten, den Vicus, das Dorf vor den Lagertoren, wie das Lager selbst weiter ausbauen. All dies aber würde mich unbeliebt machen, denn im kalten nordischen Winter bei Schnee und Eis, Matsch und Regen arbeitete es sich nicht gut. Ich ließ Einheimische schuften, die Männer nur exerzieren, damit sie beschäftigt waren und nicht fett wurden. Abends würfelten sie in der Taverne, und weil sie ihr ganzes Geld verspielten, murrten sie wieder. »Sie machen Witze über dich«, berichtete Privatus, »sie erzählen, du liebtest das ruhige Leben und den Luxus mehr als das Lager.« Ich richtete Spiele aus, Wettkämpfe, Feste. Sie begannen, mich zu mögen. Ich machte jedem Legionär ein großzügiges Geldgeschenk. Sie jubelten mir zu.

      Ich stand in Briefkontakt mit Naso. Wir konnten nicht offen schreiben, das war uns klar, die Briefe wurden überwacht. Alles stand gut, schrieb ich ihm und erzählte ein paar Anekdoten für die ungebetenen Leser. Naso schrieb zurück, in Rom gehe alles seinen Weg, er sei erfolgreich in seinen Bemühungen. »Mache weiter wie bisher, mein Freund«, schloss er seinen Brief, und: »Ich freue mich auf das Wiedersehen.« Nichts hatte also bis jetzt unsere Pläne durchkreuzt.

      Im Frühjahr zog ich mit meinen Legionen wieder aus, gen Osten. Ich wollte die Provinz friedlich zurücklassen, Unruheherde im Rücken, wenn innenpolitische Umwälzungen anstehen, sind nicht von Vorteil. Ich marschierte diesmal bis zur Visurgis, an deren Ufer ein Lager stand, gut ausgebaut und befestigt, neben einer neuen Civitas, einer Bürgerschaft, einer Perle römischer Kultur. Im Mittelpunkt ein Quadrifons, ein nach vier Seiten offener repräsentativer Bau, mit Inschriftentafel, die in goldenen Lettern von unserer Größe kündete. Schade nur, dass die wenigsten Barbaren lesen konnten. Doch die Wandmalereien im Inneren kündeten in Bildsprache von den Taten des Herkules, von der Göttin Venus, von Delphinen. Staunend standen die Blonden davor. Die Säulenkapitelle, obwohl noch nicht ganz vollendet, schienen mit lebenden Pflanzen bewachsen, so gut hatten die Bildhauer und Maler gearbeitet. Das ganze Gebäude war ein Wunder für die Einheimischen, von denen die meisten nie ein Bauwerk aus Stein gesehen hatten. Es tat seine Wirkung, sie bewunderten die Kultur Roms, empfanden Stolz dazuzugehören. Das Forum, nicht minder kunstvoll gestaltet und mit zahlreichen Läden und Ständen zeigte ihnen die Effektivität einer Zentralisierung. Dort diskutierten sie bei gallischem Wein, einheimischem Bier und römischen Würsten, lauschten den Geschichten von fernen Ländern. Das kleine Pantheon, ein Tempel für alle Götter, besuchten sie und brachten Opfer, für ihre Götter, für unsere Götter, es war egal. Im Winter litten sie keinen Hunger mehr, wenn ihre Vorräte aufgebraucht waren, Missernten wurden durch Importe ausgeglichen. Streit und Kämpfe zwischen den Stämmen nahmen ab, die Politik, die Verwaltung formell in die Hände einheimischer Fürsten zu legen, griff. Allein die Thermen mieden die Barbaren, das Bad im warmen Wasser genossen nur die Römer.

      Die Stimmung meiner Männer war gut. Ich mischte mich unter sie, manchmal unerkannt, und lauschte ihren Gesprächen. Sicher, manchen war es zu nass, zu kalt, sie vermissten die sanften Hügel ihrer Heimat und hatten Angst vor den dichten Wäldern und tiefen Sümpfen dieses Landes. Doch der Sommer war schön, die Sonne strahlte, sie waren beschäftigt, hatten zu essen, zu trinken, und Weiber hatten sie auch.

      Im Südosten, in Pannonien, tobte ein Aufstand, Tiberius hatte den Auftrag, ihn niederzuschlagen. Eine schwierige Aufgabe, schwierig auch die meine, da ich die Grenzen sichern musste, verhindern, dass sich Stämme meiner Provinz auf die Seite der Feinde schlagen würden. Auch musste ich Lebensmittel liefern, die Legionen des Tiberius, vierzehn an der Zahl, wollten versorgt werden. Das hatte Vorrang vor meinen eigenen Plänen, zumal Tiberius mir regelmäßig schrieb, um Nachschub bat, seine Erkenntnisse mit meinen abglich, immer freundschaftlich, immer verbindlich, nie aber mehr.

      Ich sandte meinen Neffen Lucius Asprenas mit zwei meiner Legionen gen Osten. Ich hatte fünf Legionen, die zu versorgen waren, schwierig genug, wenn auch über die Visurgis fast täglich Güter herangeschifft wurden. Und doch, wir mussten uns verteilen. Ich hatte Asprenas vor dem Kommando lange nicht gesehen, den Winter hatte er in Mogontiacum4 verbracht, und ich wusste nicht um seine politische Gesinnung. Wir besprachen uns in den Thermen, die ohnehin leer waren, unsere Männer hatten zu tun, die Einheimischen mieden sie, wie schon gesagt. Ich wollte Zeichen setzen.

      »Lucius«, sagte ich, »du kennst die Lage, versuche, so viel Getreide, so viel Vieh wie möglich zu akquirieren, aber ohne die Barbaren gegen uns aufzubringen. Unsere Stützpunkte im Landesinneren sind noch zu spärlich, wir müssen ohnehin daran arbeiten. Setze die Lager dort in Stand, baue sie aus, im nächsten Frühjahr will ich weiter im Osten das Sommerlager beziehen. Repariere die Straßen zur Albis, wir brauchen sie zur Grenzsicherung, das Sommerlager allerdings bereite mittig vor, vielleicht an der Lagina, ich verlasse mich auf dich. Tiberius und Saturninus empfehlen eine Furt an diesem Fluss, dort findest du eine Station, sie müsste noch stehen. Wir schauen uns nachher gemeinsam die Karten an. Die Stämme dort sind uns freundlich gesinnt, und ich gebe dir den Blonden mit, der ist von dort.«

      Asprenas nickte. »Wird gemacht, Onkel. Allerdings, was den Blonden betrifft – ich traue ihm nicht, er ist irgendwie … zu loyal.«

      Wir saßen im Dampfbad, eine Wohltat, denn der Tag heute war kalt. Wir waren allein, die Badesklaven bereiteten das heiße Wasser vor, in das wir uns danach begeben wollten. Ich streckte die Beine aus, lehnte den Kopf zurück und betrachtete meinen Neffen. Ein feiner Mann, wohlgebaut, gutaussehend, agil und tatkräftig.

      »Gut beobachtet, Lucius. Ich sehe es genauso, er gibt sich zu römisch. Gut, er ist in Rom aufgewachsen, er hat als Kind die Entbehrungen dieses Landes kennengelernt und dann die Kultur des unsrigen. Aber er erscheint mir zu glatt, und er ist klug. Was für ihn spricht, ist nur die Empfehlung durch Augustus, dessen Liebling er ist.«

      »Oh, nun dann. Der Princeps wird wissen, was er tut.«

      »Nun ja, vielleicht nicht immer. Was er damals mit Julia machte … Sie zu verbannen war hart, die eigene Tochter.«

      Asprenas’ Züge verhärteten sich, ich sah es trotz des Dampfes. »Julia war gefährlich, Onkel.«

      Ich lachte. »Weil sie mit verschiedenen Männern schlief? Warst du vielleicht auch darunter, Lucius? Nein, im Ernst, wer von uns vergnügt sich nicht mit anderen außer der Ehefrau? Und wir nehmen nicht nur Sklavinnen, nein, wir wollen eine Frau, mit der wir Gefühle und Gedanken teilen können, eine gewisse Gleichwertigkeit. Da können wir nicht die Frauen verurteilen, die wir verführen, die uns verführen, gebildete Damen, die wir begehren. Julia tat nichts anderes als das, was wir tun. Oder nimmst du dich da aus?«

      Er antwortete nicht sofort, blickte mich forschend an, als fragte er sich, ob ich wirklich so arglos sei. »Nein Onkel, keineswegs. Aber Julia wurde nicht wegen ihrer Promiskuität verbannt, sie schmiedete Umsturzpläne gegen Augustus. Er sei nicht ihr Vater, sagte sie, ich weiß es von Iullus, ihrem Liebhaber damals, der versuchte, auch mich für ihre Sache zu gewinnen. Iullus Antonius, der Sohn des Marcus Antonius, den der Princeps unbehelligt gelassen hatte, welche Undankbarkeit, gegen seinen Wohltäter zu konspirieren. Nun, er hat es gebüßt, er wurde hingerichtet. Und Julia nicht besser, selbst wenn sie nicht die Tochter des Princeps ist, so hat er sie doch als solche behandelt, in seinem Hause großgezogen. Er hätte sie auch verstoßen können oder gleich umbringen lassen nach ihrer Geburt. Nein, Onkel, sie wollten den Umsturz, sie wollten die Republik wieder einführen, ein Garant für den nächsten Bürgerkrieg. Augustus handelte richtig.«

      »Oh, so scheint also doch etwas Wahres an den Gerüchten, die natürlich auch zu mir drangen. Ich habe sie nur nicht geglaubt.« Mir wurde kalt trotz des heißen Dampfes, hier musste ich achtgeben. Lucius Asprenas war für meine Pläne nicht empfänglich. Nun, er würde anderweitig beschäftigt werden.

      Wir gingen in das vorbereitete Heißbad, ließen uns in das Wasser gleiten, die Sklaven


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