Du bist das Placebo. Джо ДиспензаЧитать онлайн книгу.
ans Bett des Patienten und sagte ihnen, er wisse jetzt ganz bestimmt, wie der Kranke geheilt werden könne. Die Familie hörte aufmerksam zu, als Dr. Doherty die folgende erfundene Geschichte erzählte: Er sei, wie er sagte, die Nacht zuvor auf den Friedhof gegangen, habe den Voodoo-Priester mit einem Trick zu einem Treffen bestellt und dazu gebracht, ihm zu erzählen, wie er Vanders mit Voodoo verhext habe. Das sei gar nicht so einfach gewesen, sagte Dr. Doherty. Der Priester sei natürlich nicht sehr kooperativ gewesen, doch als Dr. Doherty ihn gegen einen Baum drückte und drosselte, habe er schließlich eingelenkt.
Wie Dr. Doherty weitererzählte, verriet ihm der Priester, er habe Eidechseneier auf Vanders’ Haut geschmiert; diese Eier seien in Vanders’ Magen gelangt und es seien kleine Eidechsen geschlüpft, von denen die meisten zwar umgekommen seien, aber eine große habe überlebt und fresse jetzt Vanders von innen heraus auf.
Der Arzt verkündete, er müsse bloß die Eidechse aus Vanders’ Körper herausholen, und schon werde Vanders wieder gesund werden. Dann rief er die Krankenschwester, die gehorsam eine große Spritze brachte; darin war, wie Dr. Doherty behauptete, eine starke Medizin. In Wirklichkeit war es ein Medikament, das Übelkeit und Erbrechen verursachte. Dr. Doherty schaute sich die Spritze genau an, damit auch ja alles funktionierte, und injizierte seinem verschreckten Patienten dann feierlich die Flüssigkeit. Mit einer großen Geste ging er aus dem Zimmer, ohne auch nur ein Wort zu der fassungslosen Familie zu sagen.
Kurz darauf erbrach sich der Patient. Die Krankenschwester brachte ihm eine Schale, und Vanders würgte, wimmerte und übergab sich. Als er nach Dr. Dohertys Einschätzung damit am Ende war, ging der Arzt wieder ins Zimmer zum Krankenbett, langte in seine schwarze Arzttasche und holte eine grüne Eidechse heraus. Er verbarg sie in seiner Hand, ohne dass jemand es mitbekam. Und als Vanders gerade wieder erbrach, ließ er die Eidechse in die Schale schlüpfen.
»Schauen Sie nur, Vance!«, rief er so dramatisch wie möglich aus. »Schauen Sie nur, was da herausgekommen ist. Jetzt sind Sie geheilt. Der Voodoo-Fluch ist aufgehoben!«
Im Krankenzimmer riefen alle durcheinander; ein paar Familienmitglieder sanken zu Boden und stöhnten. Vanders selbst sprang mit weit aufgerissenen Augen ganz benommen von der Schale zurück. Nach nur wenigen Minuten fiel er in einen tiefen Schlaf und schlief über zwölf Stunden durch.
Als Vanders schließlich wieder aufwachte, war er sehr hungrig und verschlag gierig so viel Essen, dass der Arzt schon fürchtete, sein Magen würde platzen. Innerhalb von einer Woche hatte der Patient sein altes Gewicht und seine Kraft wiedergewonnen. Er verließ das Krankenhaus und lebte noch mindestens weitere zehn Jahre.
Kann sich ein Mann wirklich einfach zusammenrollen und sterben, nur weil er meint, er sei verhext worden? Spricht der moderne Medizinmann, geschmückt mit einem Stethoskop und mit einem Rezeptblock in der Hand, mit derselben Überzeugung, wie es der Voodoo-Priester tat – und glauben wir daran ebenso fest? Und wenn jemand auf einer Ebene tatsächlich beschließen kann zu sterben, könnte jemand mit einer tödlichen Krankheit dann vielleicht auch beschließen zu leben? Kann man seine innere Befindlichkeit permanent verändern? Können wir unsere Identität als Opfer einer Krebs- oder Arthritis-, Herz- oder Parkinson-Erkrankung aufgeben und uns einfach in einen gesunden Körper begeben – genauso einfach, wie wir unsere Kleider ablegen und neue anziehen?
In den nachfolgenden Kapiteln erforschen wir, was wirklich möglich ist und was das mit Ihnen zu tun hat.
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1 C. K. Meador, »Hex Death: Voodoo Magic or Persuasion?«, Southern Medical Journal, Bd. 85, Nr. 3: S. 244–247 (1992).
2 R. R. Reeves, M. E. Ladner, R. H. Hart u.a., »Nocebo Effects with Antidepressant Clinical Drug Trial Placebos«, General Hospital Psychiatry, Bd. 29, Nr. 3: S. 275–277 (2007); C. Meador, True Medical Detective Stories (North Charleston, SC: CreateSpace, 2012).
3 A. F. Leuchter, I. A. Cook, E. A. Witte u.a., »Changes in Brain Function of Depressed Subjects During Treatment with Placebo«, American Journal of Psychiatry, Bd. 159, Nr. 1: S. 122–129 (2002).
4 B. Klopfer, »Psychological Variables in Human Cancer«, Journal of Protective Techniques, Bd. 21, Nr. 4: S. 331–340 (1957).
5 J. B. Moseley, Jr., N. P. Wray, D. Kuykendall u.a., »Arthroscopic Treatment of Osteoarthritis of the Knee: A Prospective, Randomized, Placebo-Controlled Trial. Results of a Pilot Study«, American Journal of Sports Medicine, Bd. 24, Nr. 1: S. 28–34 (1996).
6 Discovery Health Channel, Discovery Networks Europe, Discovery Channel University u.a., Placebo: Mind Over Medicine? Regie J. Harrison, ausgestrahlt 2002 (Princeton, NJ: Films for the Humanities & Sciences, 2004), DVD.
7 J. B. Moseley, Jr., K. O’Malley, N. J. Petersen u.a., »A Controlled Trial of Arthroscopic Surgery for Osteoarthritis of the Knee«, New England Journal of Medicine, Bd. 347, Nr. 2: S. 81–88(2002); siehe auch folgende unabhängige Studie, die zu ähnlichen Ergebnissen kam: A. Kirkley, T. B. Birmingham, R. B. Litchfield u.a., »A Randomized Trial of Arthroscopic Surgery for Osteoarthritis of the Knee«, New England Journal of Medicine, Bd. 359, Nr. 11: S. 1097–1107 (2008).
8 L. A. Cobb, G. I. Thomas, D. H. Dillard u.a., »An Evaluation of Internal-Mammary-Artery Ligation by a Double-Blind Technic«, New England Journal of Medicine, Bd. 260, Nr. 22: S. 1115–1118(1959); E. G. Diamond, C. F. Kittle und J. E. Crockett, »Comparison of Internal Mammary Artery Ligation and Sham Operation for Angina Pectoris«, American Journal of Cardiology, Bd. 5, Nr. 4: S. 483–486 (1960).
9 T. Maruta, R. C. Colligan, M. Malinchoc u.a., »Optimism-Pessimism Assessed in the 1960s and Self-Reported Health Status 30 Years Later«, Mayo Clinic Proceedings, Bd. 77, Nr. 8: S. 748–753 (2002).
10 T. Maruta, R. C. Colligan, M. Malinchoc u.a., »Optimists vs. Pessimists: Survival Rate Among Medical Patients over a 30-Year Period«, Mayo Clinic Proceedings, Bd. 75, Nr. 2: S. 140–143 (2000).
11 B. R. Levy, M. D. Slade, S. R. Kunkel u.a., »Longevity Increased by Positive Self-Perceptions of Aging«, Journal of Personality and Social Psychology, Bd. 83, Nr. 2: S. 261–270 (2002).
12 I. C. Ziegler, P. T. Costa, B. H. Grummet u.a., »Patterns of Change in Hostility from College to Midlife in the UNC Alumni Heart Study Predict High-Risk Status«, Psychosomatic Medicine, Bd. 65, Nr. 5: S. 738–745 (2003).
13 J. C. Barefoot, W. G. Ahlstrom und R. B. Williams, Jr., »Hostility, CHD Incidence, and Total Mortality: A 25-Year Follow-Up Study of 255 Physicians«, Psychosomatic Medicine, Bd. 45, Nr. 1: 59–63 (1983).
14 D. M. Becker, L. R.Yanek, T. F. Moy u.a., »General Well-Being Is Strongly Protective Against Future Coronary Heart Disease Events in an Apparently Healthy High-Risk Population«, Auszug #103966, präsentiert anlässlich der American Heart Association Scientific Sessions, Anaheim, CA, (12. November 2001).
15 National Cancer Institute, »Anticipatory Nausea and Vomiting (Emesis)« (2013), www.cancer.gov/cancertopics/pdq/supportivecare/nausea/HealthProfessional/page4#Reference4.2.
16 J. T. Hickok, J. A. Roscoe und G. R. Morrow, »The Role of Patients’ Expectations in the Development of Anticipatory Nausea Related to Chemotherapy for Cancer«, Journal of Pain and Symptom Management, Bd. 22, Nr. 4: S. 843–850 (2001).
17 R. de la Fuente-Fernández, T. J. Ruth, V. Sossi u.a., »Expectation and Dopamine Release: Mechanism of the Placebo Effect in Parkinson’s Disease«, Science, Bd. 293, Nr. 5532: S. 1164–1166 (2001).
18 C. R. Hall, »The Law, the Lord, and the Snake Handlers: Why a Knox County Congregation Defies the State, the Devil und Death«, Louisville Courier Journal (21. August 1988); siehe auch http://www.wku.edu/agriculture/thelaw.pdf.
19 K. Dolak, »Teen Daughters Lift 3,000-Pound Tractor Off Dad«, ABC News (10. April 2013), http://abcnews.go.com/blogs/headlines/2013/04/teen-daughters-lift-3000-pound-tractor-off-dad.