Traumasensitive Achtsamkeit. David TreleavenЧитать онлайн книгу.
Folgendes darüber:
Um sich diese Selbstregulation und eine authentische Selbstständigkeit anzueignen, müssen traumatisierte Menschen letzten Endes lernen, zu ihren inneren Empfindungen Zugang zu finden, sie auszuhalten und sich zunutze zu machen. Es wäre jedoch unklug, sie ohne angemessene Vorbereitung anzuleiten, sich länger auf den eigenen Körper zu konzentrieren. Gerade am Anfang überfällt Patienten bei dieser Kontaktaufnahme mit ihren Empfindungen oft eine große Angst vor dem Unbekannten, die sie völlig in Beschlag zu nehmen droht. Die vorschnelle Konzentration auf die eigenen Empfindungen kann für sie überwältigend und damit potentiell retraumatisierend sein. (Levine, 2012, S. 106 )
Das ist der Grund dafür, dass Achtsamkeit in Bezug auf Traumaheilung ein zweischneidiges Schwert ist. Genauer gesagt, kann anhaltender Kontakt mit traumatischen Stimuli – ohne ausreichende Vorbereitung – Traumaüberlebende in einer potenziell lähmenden Wiederholungsschleife gefangen halten. Achtsamkeitsmeditation kann dazu führen, dass traumatische Symptome ausgelöst werden, die Menschen in ihren Alltag verfolgen. Wenn dies geschieht, ist sehr wahrscheinlich, dass Traumaüberlebende sich entmutigt und eingeschüchtert fühlen werden. Vielleicht machen sie sich selbst für ihre Not verantwortlich und haben das Gefühl, dass sie das eigentliche Problem sind. Manchmal verlieren sie die Hoffnung und geben die Achtsamkeitsübungen ganz auf, obwohl das eigentliche Problem nicht die Achtsamkeit an sich ist, sondern die Art und Weise, in der sie Achtsamkeit praktizieren.
Das führt uns zu der Algenmetapher zurück. In dem Kurs, an dem meine Freundin teilnahm, wurde erklärt, was zu tun war, wenn man sich in den Algen verfangen hatte: den Tauchern wurde beigebracht, sich zu entspannen. Hektische, plötzliche Bewegungen ziehen den Griff der Algen nur fester und machen die Sache oft schlimmer. Tauchern wird auch beigebracht, sich auf die Hilfe anderer zu verlassen. Sich mit einem anderen Menschen oder einem Team zusammenzutun, ist beim Tauchen eine normale Übung, weil es die Chancen der Taucher erhöht, Unfälle zu vermeiden oder sie zu überleben. Beide genannten Strategien sind auf Trauma anwendbar. Wenn uns traumatische Stimuli begegnen und wir beginnen, gegen uns selbst anzukämpfen, wird die Intensität dieser Stimuli nur vergrößert. In diesen Momenten müssen wir lernen, uns selbst zu regulieren. Traumaüberlebende brauchen fähige und mitfühlende Lehrer, wenn sie sich in den „Algen“ verheddern. Von einem Trauma erholen wir uns nicht allein. Angesichts der hohen Verbreitung von Traumata und der Popularität von Achtsamkeit glaube ich, dass wir – als Achtsamkeitspraktiker – dafür verantwortlich sind, Bescheid zu wissen, wenn es um die Arbeit mit Traumaüberlebenden geht, die in traumatischem Stress gefangen sind. Wenn wir uns der Risiken, die Achtsamkeit bergen kann, nicht bewusst sind, laufen wir Gefahr, dass Menschen dysregulieren oder sich in unserer Obhut retraumatisieren. Aber Achtsamkeit kann auch enorme Vorteile für Traumaüberlebende und all jene haben, die Zeuge von Trauma werden. Wie in Nicks Fall kann sie das Leben von Menschen verändern. Deshalb ist traumasensitive Praxis so wichtig. Je mehr wir über Trauma wissen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir Achtsamkeitsübungen auf eine Art anbieten können, die sie den Menschen, die von ihren Vorteilen am meisten profitieren werden, zugänglich macht. Durch die Bereitstellung eines entsprechenden Rahmenwerks – einhergehend mit Hilfestellungen aus bestimmten, auf die einzelne Person zugeschnittenen Modifikationen, die darauf ausgelegt sind, sie in ihrer Praxis zu begleiten – helfen wir uns und unseren Klienten, sich traumatischem Stress zu stellen und ihn zu integrieren.
* In Kapitel 4 werde ich auf die Beziehung zwischen traumasensitiver Achtsamkeit und den vier Grundlagen der Achtsamkeit, wie sie in den buddhistischen Lehren beschrieben werden, eingehen. Dieser Moment mit Nick ist ein Beispiel für die zweite Grundlage der Achtsamkeit, vedanā, welcher sich auf die Bandbreite angenehmer, unangenehmer und neutraler Sinneserfahrungen bezieht, mit denen wir achtsam sein können.
* Dies sind Anweisungen aus einem von Babette Rothschild (2000, deutsch 2002) entwickelten Protokoll, um Flashbacks zu unterbrechen. Ich werde in Kapitel 5 auf dieses Protokoll zurückkommen, um seine Nutzung zu erklären.
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