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Selbstgespräche. Charles FernyhoughЧитать онлайн книгу.

Selbstgespräche - Charles Fernyhough


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laut loslachen hören. Eine andere Stimmenhörerin erklärte mir, weshalb sie wisse, dass ihre witzelnde innere Stimme nicht »sie selbst« sein konnte: »Ich kann es nicht sein. Mir selbst würde niemals etwas so Lustiges einfallen.«

      Es ist wichtig, dass wir diese Erfahrungen besser verstehen lernen. Bei meinen sprachlichen Gedanken und den Stimmen, die Stimmenhörer vernehmen, kann es sich um ganz unterschiedliche Erfahrungen handeln, doch sie können wichtige Merkmale gemein haben. Auf einer bestimmten Ebene könnte es sich sogar um das Gleiche handeln. Wie immer in der Wissenschaft der menschlichen Erfahrung sind die Dinge komplizierter, als sie zunächst erscheinen. Es ist wichtig, nicht von der Annahme auszugehen, dass eine Art von Stimme die andere abwertet. In Wahrheit sollten wir uns vor der Mutmaßung hüten, dass irgendwas etwas anderes abwerten soll. Menschen machen diese Erfahrungen, und Menschen sind verschieden (ich kann zum Beispiel nicht davon ausgehen, dass meine eigenen Selbstgespräche auch nur im Entferntesten den Ihren ähnlich sind).

      In diesem Buch interessiere ich mich für all diese Stimmen: die freundlichen, die richtungweisenden, die ermunternden und gebieterischen, die Stimmen der Moral und Erinnerung und die manchmal schrecklichen, manchmal wohltuenden Stimmen derjenigen, die andere sprechen hören, obwohl niemand in der Nähe ist.

      Als ich in den 1990er-Jahren nach Abschluss meines Studiums anfing, mich mit diesem Thema zu beschäftigen, wirkte es nicht wie ein empfehlenswerter Forschungsgegenstand. Meine Vorgesetzten hätten mich warnen können, dass die Untersuchung von etwas so Privatem und Unbeschreiblichem wie unsere inneren Stimmen wohl kaum den Grundstein für eine erfolgreiche Forscherkarriere legen würde. Erstens hatte es den Anschein, als sei sie von einer fast unmöglichen Aufgabe der Introspektion abhängig (des Nachdenkens über die eigenen Gedankenprozesse), die als wissenschaftliche Methode schon lange in Ungnade gefallen war. Ein weiteres Problem bestand darin, dass die Vorstellung von einer »inneren Stimme« häufig vage und metaphorisch mit Bezug auf alles genutzt wird, vom Bauchgefühl bis hin zum schöpferischen Instinkt, ohne ernsthaft den Versuch einer klaren Definition zu unternehmen, die ja Voraussetzung für eine fundierte Untersuchung ist.

      Es gab allerdings gute Gründe, an diesem Projekt festzuhalten, und in den letzten Jahren hat sich der Stand der Wissenschaft tief greifend verändert. Eines hat diese Forschung jedenfalls hervorgebracht, nämlich die Erkenntnis, dass die Wörter, die in unserem Kopf widerhallen, bei unserem Denken eine wichtige Rolle spielen. Psychologen demonstrieren, dass die innere Sprache, wie sie es nennen, uns hilft, unser Verhalten zu regulieren, uns zum Handeln zu motivieren, unsere Taten zu bewerten und uns unseres eigenen Selbst bewusst zu werden. Neurowissenschaftler belegen, dass innere Stimmen sich einiger der gleichen neuralen Systeme bedienen, die für das externe Sprechen verantwortlich sind, was mit wichtigen Konzepten ihrer Entstehung übereinstimmt.

      Inzwischen wissen wir, dass die innere Sprache in unterschiedlichen Formen daherkommt und mit verschiedenen Zungen spricht; dass die Stimme einen Akzent und einen emotionalen Tonfall besitzt und dass wir ihre Fehler in etwa auf die gleiche Weise wie normale Versprecher korrigieren. Viele von uns denken tatsächlich in Wörtern, und es gibt gute und schlechte Formen bei dieser Art von Denken. Negative, von der inneren Sprache fortgesetzte Gedanken tragen zu dem von gewissen mentalen Störungen verursachten Leiden bei, aber sie können auch der Schlüssel zu deren Linderung sein.

      Abseits des wissenschaftlichen Labors haben Fragen rund um die innere Sprache die Menschen fasziniert, seit sie über ihre eigenen Gedanken nachdenken. Eine Tatsache können wir über das Denken feststellen, nämlich dass es uns häufig wie eine Art Unterhaltung zwischen verschiedenen Stimmen erscheint, die gegensätzliche Auffassungen vertreten. Aber wie klingen diese Stimmen? Welche Sprache sprechen sie? Spricht Ihr denkendes Selbst in ganzen grammatikalischen Sätzen, oder ist es eher so, als hörten Sie etwas in Notizform Niedergeschriebenes? Sprechen Ihre Gedanken leise, oder erheben sie manchmal die Stimme? Und überhaupt, wer hört zu, wenn Ihr denkendes Selbst spricht? Wo befinden »Sie« sich bei alledem? Solche Fragen mögen seltsam klingen, und dennoch müssen diese Qualitäten des Denkens definieren, wie es ist, mit unserem eigenen Geist zu leben.

      All diese Rätsel könnten geklärt werden, wenn wir das Konzept von Denken als Stimme (das für unsere Innenschau so überzeugend ist) beziehungsweise von Stimmen im Kopf ernst nehmen. Ich möchte dieses Konzept erkunden und es bis an seine Grenzen austesten. Dieser Ansatz, den ich als Modell des Dialogischen Denkens bezeichnen möchte, hat auf die ein oder andere Weise einen großen Teil meiner wissenschaftlichen Arbeit auf dem Gebiet der Psychologie inspiriert und wird der Schwerpunkt dieses Buchs sein. Es ergibt sich aus einer speziellen Theorie der Entwicklung des Denkens in der frühen Kindheit und wird von psychologischen und neurowissenschaftlichen Untersuchungen der normalen und gestörten Kognition bestätigt. Doch es ist ungeachtet der Tatsache, wie viele Beweise für das Modell vorliegen, klar, dass es viele Aspekte unserer inneren Erfahrungen gibt, die nicht verbal und stimmenähnlich sind, und ich werde untersuchen, ob die Hypothese aufgestellt und auch auf das Denken von Menschen angewendet werden kann, die keine Sprache haben, um damit zu denken, aber auch jene Belege berücksichtigen, dass ein großer Teil unseres inneren Erlebens visuell ist und auf Bildern basiert.

      Ich habe das Glück, mich auf ein sehr breites Spektrum von Beweisen stützen zu können. Einige Aspekte des Rätsels rund um die inneren Stimmen fanden seit Jahrhunderten, ja seit Jahrtausenden Beachtung. Philosophen haben mit den schwierigen Problemen hinsichtlich der Frage gekämpft, wie der Geist Wissen darstellen kann. Und sie haben von Prinzipien geleitete Thesen über die Frage aufgestellt, ob das Denken zum Beispiel in natürlicher Sprache möglich ist. Psychologen haben Untersuchungsteilnehmern Denkaufgaben gestellt und sie aufgefordert, ihre Gedankenprozesse für eine eingehende Analyse laut auszusprechen. Neurowissenschaftler haben die innere Sprache untersucht, indem sie die elektrischen Signale der Sprachmuskulatur von Menschen aufzeichneten, die stumm dachten, oder indem sie Teile des Gehirns stimulierten und verfolgten, wie sich dies auf sprachliche Prozesse auswirkt. Seit Jahrhunderten haben Schriftsteller ihre Romane und Gedichte mit verbalen Gedanken gefüllt, und die Schilderungen ihres Bewusstseinsstroms, ihrer Gedankengänge und gedanklichen Sprünge liefern eine beispiellose Menge an Hinweisen, wie unsere geistigen Stimmen ihre Arbeit verrichten.

      In den folgenden Kapiteln werde ich auf all diese Beweisquellen zurückgreifen. Wir werden von kleinen Kindern und von älteren Menschen erfahren, von Sportlern, Schriftstellern, Meditierenden, von bildenden Künstlern und Menschen, die Stimmen hören. Ist es zutreffend, dass kleine Kinder nicht in Wörtern denken? Verschwinden die Stimmen mancher Psychiatriepatienten tatsächlich, wenn sie ihren Mund aufmachen? Ist es möglich, in der inneren Sprache das eine zu denken und zugleich laut das genaue Gegenteil zu sagen? Was geschah im Kopf, Gehirn und Körper der Jeanne d’Arc, als sie eine »schöne, liebliche und leise Stimme« vernahm, die sie ermahnte, die Belagerung von Orléans zu beenden? Wie kommt es, dass die innere Sprache schneller sein kann als das normale Sprechen, ohne dem denkenden Menschen keineswegs gehetzt zu erscheinen? Warum sagen die Stimmen mancher Stimmenhörer so lustige Dinge? Ich werde untersuchen, wie literarische und andere künstlerische Darstellungen des Phänomens mit den Fakten übereinstimmen, die von der wissenschaftlichen Forschung herausgefunden wurden, und wie solch »objektive« Betrachtungen im Vergleich zu den Ergebnissen der Introspektion abschneiden. Ich werde ein MRT meines Gehirns machen lassen und beobachten, wie es die Gedanken auf seinem Zauberwebstuhl11 hervorbringt. Ich werde die Flüchtigkeit der Stimmen in unserem Kopf beschreiben, aber auch ihre bedeutenderen Bahnen verfolgen. Außerdem werde ich genauer auf die Geschichten mehrerer Menschen eingehen, die Stimmen hören, und herauszufinden versuchen, wie sich das Erlebnis anfühlt, wie man damit umgehen kann und was es über das Wesen des Selbst enthüllt.

      Ich hoffe, Sie am Ende dieses Buchs von mehreren Dingen überzeugen zu können. Nämlich dass Selbstgespräche ein Teil der menschlichen Existenz sind und – auch wenn sie keineswegs universell sind – in unserem geistigen Leben viele verschiedene Rollen zu spielen scheinen. Laut einer wichtigen Theorie fungieren die Wörter in unserem Kopf als psychologische »Werkzeuge«, die uns helfen, bei unserem Denken Dinge zu tun, so, wie die Werkzeuge eines Handwerkers Arbeiten ermöglichen, die ansonsten nicht durchgeführt werden könnten. Unsere Selbstgespräche können planen, anweisen, ermutigen, fragen, bedrängen, hindern und reflektieren. Die Menschen, von Kricketspielern bis hin zu Dichtern, führen auf viele verschiedene Arten und mit einer


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