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Die Macht der Intuition. Dr. Florian IlgenЧитать онлайн книгу.

Die Macht der Intuition - Dr. Florian Ilgen


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was wir haben. Diese beiden Denkweisen in Kombination sind das beste Mittel für schlechte Laune.

      Dagegen angehen können wir, indem wir uns die Frage stellen: Was wollen wir eigentlich? Ich frage Sie: Welche Lebensqualität wollen Sie in Ihrem Leben haben? Und stimmt bereits alles, oder gibt es ein paar Schrauben, an denen gedreht werden müsste? Ob es Zeit ist, sich zu verändern, sagt uns unsere Intuition. Wenn wir nicht hinhören wollen, kommuniziert sie notfalls über unseren Körper. Die Seele sagt: »So, auf das, was wir gerade durchmachen, habe ich keine Lust mehr. Dafür stecke ich nicht in diesem Körper drin.« Das sagt die Seele dem Unterbewusstsein. Und das Unterbewusstsein schaut, was es machen kann. Vielleicht bekommt diese Person einen Hautausschlag, nimmt unkontrolliert zu, weil sie beispielsweise einen Mangel an menschlicher Bindung mit Süßem kompensiert. Die Augen werden matter, sie funkeln nicht mehr. Die Haare reagieren, hängen schlaff herunter oder fallen gleich ganz aus. Und einer der häufigsten Wege, wie sich die Seele ausdrückt: Bauchweh. Der Magen krampft oder auch der Darm. Manche Menschen können dann nur noch wenig essen, werden ganz dünn und verlieren ihre Widerstandskraft.

      In unserem Bauch residiert ein gigantisches Nervensystem, das im ständigen Austausch mit unserem Gehirn steht. Deshalb fühlen wir so viele Emotionen so intensiv im Bauch, beispielsweise auch wenn wir verliebt sind und die Schmetterlinge flattern. Unsere Intuition meldet sich immer erst als zartes Gefühl. Ignorieren wir sie, sorgt sie in einer unguten Situation für erstes Unwohlsein oder sogar Schmerzen. Hören wir dann immer noch nicht hin, steigert sie die Intensität der Signale weiter. Vielleicht können wir nicht so viel essen wie zuvor, und der Magen beginnt, von Zeit zu Zeit zu krampfen. Im Extremfall kann es sogar sein, dass sich dieser Mensch spontan übergibt.

      Das Grundproblem liegt in diesem Fall an mangelnder Achtsamkeit. Ich glaube, wenn jemand achtsam ist, dann ist er es nach innen und außen. Achtsamkeit funktioniert nicht eingleisig. Wenn wir uns selbst mehr wahrnehmen, nehmen wir auch automatisch unsere Mitmenschen intensiver wahr. So habe ich es selbst erlebt. Zu Beginn meiner Selbstständigkeit ging ich zu einem Coaching, um herauszufinden, wie ich meine Geschäftsidee am besten vorantreibe. Meine Fragen schienen schlicht: Wie kriege ich mehr Aufträge? Und wie bekomme ich mehr Folgeaufträge? Durch dieses Coaching allerdings zeigten sich mir alle Dimensionen von Erfolg. Hier spielt eben auch das Private hinein, das Zwischenmenschliche, die Prägung meiner Vergangenheit, die teilweise noch meine Erfolge im Jetzt blockierte. Und zum ersten Mal stellte ich mir ganz bewusst die Frage: Wofür bin ich eigentlich da?

      Wer nur vor sich hin lebt, bleibt passiv. Er agiert Muster aus, die er oder sie von anderen übernommen hat. Ob sie überhaupt zu diesem Menschen passen, ist eine ganz andere Frage. Leider hinterfragen bisher nur wenige, was sie eigentlich tun. Deshalb erleben wir so viel Frust auf der Welt. So viel Aggressivität und noch mehr Passiv-Aggressivität, wo Menschen mit Sticheleien und kleinen Seitenhieben versuchen, ihren eigenen Frust auf andere zu schieben. Auch Suchterkrankungen haben oft ihre Wurzel in einem ungelebten Leben – und in ungeweinten Tränen.

      Wir haben zwei Möglichkeiten: Entweder lassen wir den Leidensdruck unglaublich hoch werden, bevor wir in die Veränderung gehen. Oder wir sind inspiriert und gehen in Vorleistung. Wohin das führen kann, zeigt das Beispiel Google. Diese Firma ist immer wieder in Vorleistung gegangen, hat Produkte auf den Markt gebracht, die teilweise unrühmlich krepiert sind. Auf dem Google-Friedhof liegen unter anderem das kürzlich gescheiterte soziale Netzwerk Google+, Alternativen zu Wikipedia sowie Google Video, mit der YouTube Konkurrenz gemacht werden sollte. Das hat aber nicht geklappt. Was lernen wir daraus? Wenn eine oder auch mehrere Geschäftsideen versagen, heißt das nicht, dass der Ideengeber ein Versager ist. Google-Gründer Larry Page soll mit seinen 45 Jahren 2019 ein Vermögen von 43,9 Milliarden Euro angehäuft haben.1 Der Informatiker hatte in den Neunzigern den grundlegenden Algorithmus erfunden, auf dem Google basiert. Seitdem hat sich Google nicht auf seinen Lorbeeren ausgeruht, sondern sich immer wieder selbst herausgefordert – und hat mit Produkten wie Google Maps weitere Riesenerfolge eingefahren. Das ist ein grundlegendes Prinzip, das auch jeder von uns beherzigen kann. Um zu erfahren, was funktioniert und wofür wir brennen, müssen wir Dinge einfach mal ausprobieren.

      Dazu müssen wir zunächst die Verantwortung für uns selbst übernehmen. Als Erwachsene tragen wir zu 100 Prozent die Verantwortung für uns selbst. Wer über andere lamentiert, schiebt die eigene Verantwortung von sich. Klingt radikal, ist aber so. Sicher, es gibt Momente, die wir nicht beeinflussen können. Bei einem Unfall etwa oder bei einem Überfall, wenn man von der Absicht eines anderen Menschen überwältigt wird. Das sind furchtbare Situationen, aber ihr Anteil an unserem täglichen Erleben ist sehr gering. In den allermeisten Fällen ist es so: Interpretation erschafft Wirklichkeit. Gab es ein Schlüsselerlebnis in der Kindheit, war die Beziehung zu den Eltern suboptimal, haben Vater oder Mutter irgendetwas zu Ihnen gesagt, das Sie damals negativ interpretiert haben? Hat beispielsweise der Vater gesagt: »Du musst dich mehr anstrengen«, und Ihnen kam der Gedanke: »Ich bin nicht gut genug, mein Vater liebt mich nicht, bin ich ein Versager?« Das ist Ihre Interpretation. Nur selten und in bedauerlichen Familienverhältnissen nennen Eltern nämlich ihre Kinder tatsächlich »Versager«. Und doch fühlen sich so viele Menschen so schwach. Weil sie sich durch ihre eigene Interpretation der Dinge selbst schwächen, bis weit ins Erwachsenenalter hinein.

      Aus unseren Interpretationen ziehen wir Erkenntnisse. Diese (vermeintlichen) Erkenntnisse färben die Brille, mit der wir unsere Welt sehen. So kann es beispielsweise sein, dass eine Frau im Zuge einer negativen Beziehungserfahrung mit einem Mann ihre Männerbrille einfärbt und schlussfolgert: Männer taugen alle nichts. Und nun der Effekt: Diese Frau wird Männer tatsächlich auf diese Weise erleben. Sie sieht sie durch diese Brille und sammelt Belege für ihren Glaubenssatz. Nette Männer werden übersehen oder so stark herausgefordert, bis sie ratlos das Handtuch werfen. Das muss nicht sein. Wir können unsere eingetrübten Brillen wieder gegen einen klaren Blick eintauschen, indem wir verstehen, wie das Unterbewusstsein und unsere Intuition überhaupt funktionieren.

      Es war Dr. Joseph Murphy (1898–1981), der die Intuition in die öffentliche Debatte holte. Sein Bestseller »Die Macht Ihres Unterbewusstseins« von 1962 verkauft sich immer noch gut. Murphy vertrat das Positive Denken als Heilmittel für negative Zustände. Diese Sichtweise ist inzwischen zwar längst überholt, doch er warf auch einige interessante Dinge in den Raum.

      Murphy zufolge entsteht durch die Begegnung des Bewussten und des Unterbewussten unser Bauchgefühl – und noch eine Reihe weiterer körperlicher Reaktionen. Dabei ist das Ziel unseres Körpers immer, eine Balance, eine Harmonie herzustellen, in der alle Anteile unseres Selbsts im perfekten Verhältnis zueinander stehen und sein dürfen. Organisch gesehen ist das der Zustand von Gesundheit, gewissermaßen also der Normalzustand. Dysbalancen in unserem Bewusstsein und Unterbewusstsein hingegen können das gesamte Körper-Geist-System belasten.

      Mittlerweile ist nachgewiesen, dass unser Unterbewusstsein einen großen Effekt auf unseren körperlichen Zustand hat. Der portugiesische Neurowissenschaftler und Bewusstseinsforscher António Demásio beschreibt die Auswirkungen einer Intuition so: Im Unterbewusstsein sitzt quasi ein riesiges Archiv mit all unseren Erfahrungen. Das Erfahrungsgedächtnis teilt mit der vegetativen Regulation des Herzschlags, des Blutdrucks, der Muskelspannung und der Schweißabsonderung mit, auf was sich unser System gerade einstellen muss: Aktion oder Entspannung. Mit anderen Worten: Unser Unterbewusstsein sagt uns Bescheid, ob wir weiter voranschreiten oder lieber anhalten sollen.

      Im Bauch selbst sitzt eine Art zweites Gehirn. Hauchdünn zwischen den Muskellagen durchziehen Nervenzellen und -stränge den Darm. Deshalb spüren wir unsere Gefühle so oft und intensiv im Bauch. Genau genommen ist das Nervensystem in unserem Bauch unser erstes Gehirn, argumentiert der französische Neurogastroenterologe Dr. Michel Neunlist von der Universität Nantes.2 Denn primitive Mehrzeller bestanden zunächst nur aus einem Verdauungskanal, aus dem sich dann das sogenannte enterische (also das »Darm«-)Nervensystem entwickelt hat. Die Evolution setzte dann noch unser Kopfgehirn obendrauf, was sich zusammen mit der Ausbildung von Augen und Ohren als vorteilhaft für die Nahrungssuche erwies. Hätte die Natur es bei dem enterischen Nervensystem belassen, würden wir bis heute unsere gesamte Energie nur für die Nahrungsaufnahme und Verdauung aufwenden und definitiv keine Bücher schreiben oder


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