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Die Phantome des Hutmachers. Georges SimenonЧитать онлайн книгу.

Die Phantome des Hutmachers - Georges Simenon


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wie in der Hutmacherei –, hatte er wohl gerufen:

      »Ich bin’s!«

      Er beeilte sich, verriegelte die Tür. Das Licht im Erdgeschoss ging aus und kurz darauf in der Werkstatt an, wo der kleine Schneider gar nicht schnell genug aus dem Fenster sehen konnte.

      Monsieur Labbé zog sich zurück von seinem Beobachtungsposten, legte den Rest von dem Geld, das er mitgenommen hatte, zurück in die Kassenschublade, ging in das Hinterzimmer und fingerte dort einen Moment lang an einem Gegenstand herum, den er aus der Tasche gezogen hatte und der einem Spielzeug ähnelte, zusammengebastelt von irgendeinem Straßenjungen: zwei durch eine Art Schnur miteinander verbundene Holzstücke.

      Noch immer hatte er seinen durchnässten Mantel an, und als er sich vorbeugte, tropfte es von seinem Hut. Er nahm ihn erst ab am Fuß der Treppe, wo ein Kleiderständer war und wo er unter der Küchentür einen Lichtstreifen sah.

      Der Tisch war gedeckt, mit einem einzelnen Teller und Besteck, einer weißen Decke, einer Flasche Wein, in der ein Korken mit silberner Kappe steckte.

      »Guten Abend, Louise. Madame hat nicht gerufen?«

      »Nein, Monsieur.«

      Das Hausmädchen blickte auf seine Füße, während er sich vor den Ofen setzte, kam mit Pantoffeln in der Hand und kniete sich hin. Nie hatte er sie dazu aufgefordert. Bestimmt war sie auf dem Bauernhof dazu abgerichtet worden, den Männern die Schuhe auszuziehen, ihrem Vater und ihren Brüdern, sobald die vom Feld zurückkamen.

      Es war genauso warm wie im Laden, die Luft stand, war ebenso drückend, fasste die Gegenstände ein und verlieh ihnen ein starres, unabänderliches Aussehen.

      Hinter dem Fenster, das auf den Hof ging, war immer noch der Regen zu hören, und hier war es eine alte Uhr in ihrem Kasten aus Nussbaum, die eine kupferne Scheibe hin und zurück bewegte, langsamer, hätte man schwören können, als überall sonst. Die angezeigte Zeit war nicht dieselbe wie in der Hutmacherei, weder auf Monsieur Labbés Uhr noch auf dem Wecker im ersten Stock.

      »Ist niemand vorbeigekommen?«

      »Nein, Monsieur.«

      Sie zog ihm seine Pantoffeln aus feinem Ziegenlackleder an. Der Raum war eher ein Esszimmer als eine Küche, denn Herd und Spüle waren nebenan, in einer schmalen Abseite. Der Tisch war rund, die lederbezogenen Stühle mit Nägeln beschlagen. Es gab viel Kupfergeschirr und, auf einer Bauernanrichte, alte, in Auktionslokalen erstandene Fayencen.

      »Ich geh nach oben und sehe nach, ob Madame etwas braucht.«

      »Kann ich die Suppe servieren?«

      Er verschwand auf der Wendeltreppe, und sie hörte oben im Ersten die Tür aufgehen, Schritte, ein Murmeln, das Geräusch der Rollen des Sessels, der durchs Zimmer geschoben wurde, so wie jeden Abend. Als er wieder nach unten kam, sagte er, indem er sich an den Tisch setzte:

      »Sie möchte nur ein bisschen. Was gibt es zu essen?«

      Er hatte sein Buch vor sich hingelegt, seine Hornbrille aus ihrem Etui genommen. Der Ofen wärmte ihm den Rücken. Er ließ sich Zeit beim Essen. Louise trug ihm auf, und zwischen den Gängen wartete sie, den Blick leer, reglos in ihrer schmalen Abseite.

      Sie war noch keine zwanzig. Ziemlich dick und sehr dumm war sie, ausdruckslos glotzten ihre Froschaugen vor sich hin.

      Das Kabuff, das als Küche diente, war nicht breit genug, um einen Tisch hineinzustellen. Manchmal aß sie dort im Stehen, manchmal wartete sie, bis der Hutmacher fertig und gegangen war, und setzte sich auf seinen Platz.

      Er konnte sie nicht ausstehen. Sie einzustellen war ein schlechtes Geschäft für ihn gewesen, aber es war noch genug Zeit, später darüber nachzudenken.

      Um Viertel vor acht wischte er sich den Mund ab, schob seine zusammengerollte Serviette in den Silberring, steckte den Korken zurück in seine Flasche, von der er bloß ein Glas getrunken hatte, und stand seufzend auf.

      »Ist fertig«, sagte sie.

      Daraufhin nahm er das Tablett, auf dem ein weiteres Abendessen angerichtet war, und ging erneut zur Treppe. Wie oft am Tag ging er sie hinauf, diese Treppe?

      Das Schwierige war, mit der einen Hand das Tablett zu halten, ohne etwas zu verschütten, während die andere den Schlüssel aus der Tasche holte und im Schloss drehte, denn diese Tür war immer verschlossen, selbst wenn er im Haus war. Er drehte den Lichtschalter, sodass von gegenüber Kachoudas das Rollo hell werden sah. Er stellte das Tablett ab, immer an denselben Platz, und schloss hinter sich die Tür wieder ab.

      Alles das war sehr kompliziert. Es sich einspielen zu lassen hatte Zeit gekostet. Das Kommen und Gehen des Hutmachers folgte einer präzisen Ordnung, die enorme Bedeutung besaß.

      Zunächst musste gesprochen werden. Er machte sich nicht immer die Mühe, die Wörter deutlich auszusprechen, denn unten kam davon ohnehin nur wirres Gemurmel an. Heute zum Beispiel sagte er immer wieder mit gewisser Befriedigung:

      »Du würdest einen Fehler begehen, Kachoudas!«

      Es gab diesen Abend kein besonders gutes Essen, er nahm sich aber trotzdem das zarteste Stück Kalbskotelett. Es gab Tage, da aß er auch das zweite Abendessen ganz auf.

      Er trat ans Fenster. Er hatte Zeit. Er schob das Rollo etwas beiseite und bemerkte den kleinen Schneider, der mit dem Essen schon fertig war und wieder Platz nahm auf seinem Tisch, während die Mädchen in der Stube auf dem Boden spielten und die Älteste zusammen mit ihrer Mutter bestimmt das Geschirr abwusch.

      Mit lauter Stimme sagte er, indem er zu dem Tablett zurückging:

      »Hast du gut gegessen? Bestens.«

      Und daraufhin leerte er die Teller – bis auf den Kotelettknochen – in die Toilette, wobei er darauf achtete, nicht die Spülung zu betätigen. Zuerst hatte er das noch gemacht, aber das war ein Fehler gewesen. So wie diesen hatte es eine Menge Fehler und Unvorsichtigkeiten gegeben, die er nach und nach korrigiert hatte.

      Mit den leeren Tellern ging er wieder nach unten, wo Louise auf seinem Platz zu Abend aß. Um nicht so viel Geschirr spülen zu müssen, nutzte sie zum Essen den Teller und zum Trinken das Glas ihrer Herrschaft. Sie las während des Essens, sie genauso, allerdings Groschenheftchen.

      »Sie gehen nicht raus, Louise?«

      »Hab keine Lust, mich erwürgen zu lassen.«

      »Gute Nacht.«

      »Guten Abend, Monsieur.«

      Es war fast geschafft. Noch ein paar tagtägliche Verrichtungen waren auszuführen: sich vergewissern gehen, dass die Ladentür gut abgeschlossen war, das Licht ausmachen, noch einmal die Treppe hinaufsteigen, den Schlüssel aus der Tasche holen, aufmachen, zumachen.

      Nachher würde Louise raufgehen, um sich im Hinterzimmer schlafen zu legen, und er für eine gute Viertelstunde noch ihre schweren Schritte hören, bis der Bettrost kreischte unter ihrem Gewicht.

      »Ein Kalb ist das!«

      Er hatte das Recht, die Stimme zu erheben. Von Zeit zu Zeit war das fast eine Notwendigkeit. Er konnte jetzt ebenso die Toilettenspülung ziehen, sich des Kragens, der Krawatte, des Jacketts entledigen, seinen braunen Morgenmantel überziehen. Nur war er ja noch nicht ganz fertig mit allem, denn es blieben drei, vier Scheite im Kamin nachzulegen.

      Louise war es, die sie morgens nach oben schaffte und stapelte auf dem Treppenabsatz im ersten Stock.

      Alle Häuser in der Straße hatten das gleiche Alter, sie stammten aus der Zeit Ludwigs XIII. Von außen waren sie mit ihren Arkaden und ihrem steil abfallenden Dach gleich geblieben, im Lauf der Jahrhunderte aber hatte jedes im Inneren diverse Veränderungen erfahren. Über dem Kopf von Monsieur Labbé beispielsweise existierte ein zweites Stockwerk, das man allerdings nur über die Straße erreichte. Neben dem Geschäft war eine Tür zu einem schmalen Gang, der zum Innenhof führte. Und dort fing die Treppe an, die in den zweiten Stock führte, ohne aber mit dem ersten irgendwie in Verbindung zu stehen.

      Früher, als


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