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Mein Lebensglück finden. Karl FrielingsdorfЧитать онлайн книгу.

Mein Lebensglück finden - Karl Frielingsdorf


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ihre transzendente und geheimnisvolle Dimension. Der Mensch selbst übernimmt jetzt die ganze Verantwortung für das Leben und die Erfüllung aller Lebensbedürfnisse und Urwünsche, auch der „unendlichen“, und entscheidet, was diesem Ziel dient und was nicht. Er macht sich zum „Herrn über Leben und Tod“. Zumindest setzt er sich diesem alles fordernden Anspruch aus.

      Für die drei Urwünsche hat diese weltimmanente Lösung ohne Gott weit reichende Folgen. Der Mensch braucht dann auf seiner Identitätssuche jemanden, der ihm seinen Namen, sein Ansehen, seine Einzigartigkeit, seine Liebe und Zuwendung schenkt. Nehmen wir an, er braucht in seinem Minderwertigkeitsgefühl andere, die ihn bestätigen, ansehen, anerkennen, Ja zu ihm sagen, weil er sich selbst nicht traut. Dann besteht die Gefahr der Fremdbestimmung und Abhängigkeit, die ihn hindert, zu sich selbst zu kommen. Die anderen stellen die Bedingungen, unter denen sie ihn anerkennen und lieben. Ist sein Selbstvertrauen sehr groß und fühlt er sich stark genug, um aus eigener Kraft Ja zu sagen und zu entscheiden, dann besteht die Gefahr einer isolierten Unabhängigkeit. Diese ist nicht mehr offen für Veränderungen und Kritik. Sie unterdrückt andere und erzeugt Lebensängste, einmal nicht mehr stark genug zu sein. Sie scheitert letztlich an dem Widerspruch von Vertrauen und Misstrauen.

      Ähnliches gilt für den Urwunsch nach Macht und nach Heimat. So können sich schwache und kraftlose Menschen die Erfüllung ihres Machtwunsches durch Abhängigkeit verschaffen, indem sie sich mit anderen Mächtigen identifizieren und unterwürfig und blind gehorchen. Oder sie machen in ihrer Herrsch- und Geltungssucht andere gefügig und bleiben jede Rechenschaft schuldig. Aus beiden Versuchen erwächst bei aller Macht eher Unfreiheit und Ohnmacht, oder es entwickelt sich Widerstand.

      Beim Urwunsch nach Heimat, Besitz und Verwurzelung versuchen manche Menschen diesen Wunsch zu erfüllen, indem sie das bisher Erlangte festhalten und gleichzeitig immer „mehr“ haben wollen. Denn das, was sie gerade haben, reicht im nächsten Augenblick schon nicht mehr. Sie nehmen sich dieses „mehr“ von anderen und bereichern sich ohne Rücksicht darauf, was dies für andere bedeuten kann. In ihrer Habsucht zielen sie immer auf ein „mehr haben wollen“. Sie kommen nie zur Ruhe, weil es immer ein „noch mehr“ gibt.

      Fehlt ihnen die eigene Kraft oder die Möglichkeit, den Urwunsch nach Heimat zu befriedigen, so müssen sie ihre Heimat bei anderen suchen und sich in fremdem Boden verwurzeln. Wie schwer es ist, in der Fremde eine Heimat zu finden, erleben wir zurzeit bei den Millionen Flüchtlingen in aller Welt. Auch wenn sie eine Bleibe und ein Auskommen finden sollten, so ist doch der Wunsch der meisten, wenn möglich in ihre ursprüngliche Heimat zurückzukehren.

      Die Spannung und das Missverhältnis zwischen den Wünschen und der ersehnten Erfüllung bleiben. Ohne eine transzendente Hoffnung, wie immer sie auch verstanden wird, sind die Menschen in ihren begrenzten Möglichkeiten überfordert. Sie können so letztlich nur zu einem individuellen und kollektiven Überleben, nicht aber zu einem geglückten Leben kommen.

      „Alle Menschen werden mit einem verwundeten Herzen

      und einem unstillbaren Durst geboren.

      Wie dürres Land lechzt meine Seele Dir entgegen.

      Der Vorgang des Essens und Trinkens

      wurde vom Schöpfer als materielles Symbol

      dieses Hungers und Durstes nach Gott eingesetzt.

      Er sucht immer neue Dinge mit immer gleicher Sucht …

      Es ist wie eine Krankheit, die ihn zwingt,

      immer mehr und mehr zu essen,

      ohne dass er jemals satt würde.

      Platon hat einmal gesagt, der Mensch

      sei ein zerbrochenes Gefäß, das sich nie füllen lässt.

      Die Sinne mögen sich an Genüssen überessen,

      die Seele bleibt doch immer unbefriedigt.

      Die irdischen Freuden bleiben an der Peripherie des Körperlichen

      und dringen nicht bis zur Seele vor.

      Weil Gott auf dem Grund jeder Seele wohnt,

      ist die Seele unendlich und kann mit nichts gefüllt werden als mit Gott“

      Die Frage nach dem Weg zu einem glücklichen Leben hat die Menschen schon immer beschäftigt. Sie haben vielfältige Antworten gefunden, die nicht nur von den sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Umständen abhängen. Die Frage nach einem glücklichen Leben ist gleichzeitig eine sehr persönliche Frage, die jeder Mensch nur für sich selbst beantworten kann.

      „Glücklich ist, wer alles hat, was er will“ (Pieper, 2012, 39). Dieses Wort des Augustinus fasst in einem kurzen Satz zusammen, was die meisten Menschen unter Glück verstehen. Augustinus hat diesen Satz aus 288 Lehrmeinungen zum Thema „Das letzte Glück des Menschen“ des Enzyklopädisten Varro ausgewählt. Konkret würde das heißen: Glücklich ist, wer ein großes Vermögen hat, wer seinen Traumberuf, seine Traumfrau gefunden hat, wer im Lotto gewinnt, wer gute Beziehungen hat, dessen Existenz gesichert ist … Glücklich ist eben der Mensch, der alles hat. Doch sehr schnell zeigt sich die Kehrseite der „Glücksmedaille“: Geld und Besitz machen ab einer bestimmten Größenordnung nicht mehr nur glücklich. Sie bereiten Sorgen, wie der Besitz erhalten, geschützt und vermehrt werden kann. „Der Besitz besitzt“ meint, Besitz kann besessen machen. Doch häufig verlieren das Haus, das Auto, das Schmuckstück, das Spielzeug nach einiger Zeit ihren Reiz, wenn am Haus die ersten Reparaturen fällig sind, das Auto doch nicht mehr so ideal ist, der Traummann im Alltag sein wahres Gesicht als mürrischer Egoist zeigt.

      Der „Heißhunger“, die „unendliche Sehnsucht“, unbedingt das oder jenes haben zu „müssen“, um glücklich zu sein, gleicht einem großen, unersättlichen Moloch, der die erfüllten Wünsche schluckt und niemals satt wird. Es entsteht mit der Zeit ein existentielles Gefühl der Leere und Enttäuschung: „Je mehr er hat, je mehr er will, nie werden seine Wünsche still“ (erweitertes Zitat aus dem Gedicht „Zufriedenheit“ von Johann Martin Miller, 1750–1814.).

      In unserer durch Leistung und Konkurrenz geprägten Gesellschaft fragen wir meist nach dem Glück als etwas, das es zu erjagen gilt. „Glück, so hört man überall, das kann man sich nicht verschaffen, um das Glück muss man kämpfen und rennen, und zwar so, dass man möglichst vor den anderen am Ziel ist, oder doch zumindest ebenfalls rasch das erreicht, was die anderen schon haben …“

      „Derart verlieren wir zunehmend jene Freiheit, derer der Umgang mit solchen Dingen bedarf, sollen sie wirklich Güter des Glücks sein. Ständig ist dann nach einem Weiteren noch zu jagen, das uns zum Glück zu fehlen scheint. Und während wir die ganze Kraft auch hierauf noch lenken, zerrinnen uns die Glückschancen zwischen den Fingern, die in dem liegen, was wir schon haben und was wir sind“ (Hommes, 241ff.).

      So führt offensichtlich dieses Immer-mehr-haben-und-be-sitzen-Wollen nicht zu mehr Glück und Zufriedenheit. Die berechtigte Suche nach dem eigenen Glück wird so zu einem hektischen Jagen nach einem glücklichen Leben, zu einem Glückswahn und einer Lebensgier, mit einem Gefühl der inneren Leere und des Unglücklichseins. In dem sinnlosen Wettlauf des Immer-mehr-haben-Wollens bleibt das eigentliche Glück auf der Strecke, ist das Unglücklichsein vorhersehbar.

      „Ich will endlich mein persönliches Glück finden in einer Welt des Materialismus voller Habgier und Gewalt“, sagt die 23-jährige Studentin F., konvertiert zum Islam und schließt sich einer kleinen islamischen Sekte an, die ihr das wahre Glück verspricht. Sie trennt sich von ihrer


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