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Maximen und Reflexionen. Johann Wolfgang GoetheЧитать онлайн книгу.

Maximen und Reflexionen - Johann Wolfgang Goethe


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Ferne größern Reiz verleihen könnte. So ist es mit menschlichen Figuren und so mit Thieren aller Art beschaffen.

      453. Der Vortheil, den sich der junge Künstler hiedurch verschafft, ist gar mannichfaltig. Er lernt denken, das Passende gehörig zusammenbinden, und, wenn er auf diese Weise geistreich componirt, wird es ihm zuletzt auch an dem, was man Erfindung nennt, an dem Entwickeln des Mannichfaltigen aus dem Einzelnen keineswegs fehlen können.

      454. Thut er nun hierin der eigentlichen Kunstpädagogik wahrhaft Genüge, so hat er noch nebenher den großen, nicht zu verachtenden Gewinn, daß er lernt, verkäufliche, dem Liebhaber anmuthige und liebliche Blätter hervorzubringen.

      455. Eine solche Arbeit braucht nicht im höchsten Grade ausgeführt und vollendet zu sein; wenn sie gut gesehen, gedacht und fertig ist, so ist sie für den Liebhaber oft reizender als ein größeres ausgeführtes Werk.

      456. Beschaue doch jeder junge Künstler seine Studien im Büchelchen und im Portefeuille und überlege, wie viele [77]Blätter er davon auf jene Weise genießbar und wünschenswerth hätte machen können.

      457. Es ist nicht die Rede vom Höheren, wovon man wohl auch sprechen könnte, sondern es soll nur als Warnung gesagt sein, die von einem Abwege zurückruft und auf’s Höhere hindeutet.

      458. Versuche es doch der Künstler nur ein halb Jahr praktisch und setze weder Kohle noch Pinsel an ohne Intention, einen vorliegenden Naturgegenstand als Bild abzuschließen. Hat er angebornes Talent, so wird sich’s bald offenbaren, welche Absicht wir bei diesen Andeutungen im Sinne hegten.

      459. Sage mir, mit wem du umgehst, so sage ich dir, wer du bist; weiß ich, womit du dich beschäftigst, so weiß ich, was aus dir werden kann.

      460. Jeder Mensch muß nach seiner Weise denken; denn er findet auf seinem Wege immer ein Wahres oder eine Art von Wahrem, die ihm durch’s Leben hilft. Nur darf er sich nicht gehen lassen, er muß sich controlliren; der bloße nackte Instinct geziemt nicht dem Menschen.

      461. Unbedingte Thätigkeit, von welcher Art sie sei, macht zuletzt bankerott.

      462. In den Werken des Menschen wie in denen der Natur sind eigentlich die Absichten vorzüglich der Aufmerksamkeit werth.

      463. Die Menschen werden an sich und andern irre, weil sie die Mittel als Zweck behandeln, da denn vor lauter Thätigkeit gar nichts geschieht oder vielleicht gar das Widerwärtige.

      464. Was wir ausdenken, was wir vornehmen, sollte schon vollkommen so rein und schön sein, daß die Welt [78]nur daran zu verderben hätte; wir blieben dadurch in dem Vortheil, das Verschobene zurechtzurücken, das Zerstörte wieder herzustellen.

      465. Ganze, Halb- und Viertelsirrthümer sind gar schwer und mühsam zurechtzulegen, zu sichten und das Wahre daran dahin zu stellen, wohin es gehört.

      466. Es ist nicht immer nöthig, daß das Wahre sich verkörpere; schon genug, wenn es geistig umherschwebt und Übereinstimmung bewirkt, wenn es wie Glockenton ernst-freundlich durch die Lüfte wogt.

      467. Wenn ich jüngere deutsche Maler, sogar solche, die sich eine Zeitlang in Italien aufgehalten, befrage, warum sie doch, besonders in ihren Landschaften, so widerwärtige grelle Töne dem Auge darstellen und vor aller Harmonie zu fliehen scheinen, so geben sie wohl ganz dreist und getrost zur Antwort, sie sähen die Natur genau auf solche Weise.

      468. Kant hat uns aufmerksam gemacht, daß es eine Kritik der Vernunft gebe, daß dieses höchste Vermögen, was der Mensch besitzt, Ursache habe, über sich selbst zu wachen. Wie großen Vortheil uns diese Stimme gebracht, möge jeder an sich selbst geprüft haben. Ich aber möchte in eben dem Sinne die Aufgabe stellen, daß eine Kritik der Sinne nöthig sei, wenn die Kunst überhaupt, besonders die deutsche, irgend wieder sich erholen und in einem erfreulichen Lebensschritt vorwärts gehen solle.

      469. Der zur Vernunft geborene Mensch bedarf noch großer Bildung, sie mag sich ihm nun durch Sorgfalt der Eltern und Erzieher, durch friedliches Beispiel oder durch strenge Erfahrung nach und nach offenbaren. Eben so wird zwar der angehende Künstler, aber nicht der vollendete geboren; sein Auge komme frisch auf die Welt, er [79]habe glücklichen Blick für Gestalt, Proportion, Bewegung: aber für höhere Composition, für Haltung, Licht, Schatten, Farben kann ihm die natürliche Anlage fehlen, ohne daß er es gewahr wird.

      470. Ist er nun nicht geneigt, von höher ausgebildeten Künstlern der Vor- und Mitzeit das zu lernen, was ihm fehlt, um eigentlicher Künstler zu sein, so wird er im falschen Begriff von bewahrter Originalität hinter sich selbst zurückbleiben; denn nicht allein das, was mit uns geboren ist, sondern auch das, was wir erwerben können, gehört uns an und wir sind es.

      471. Allgemeine Begriffe und großer Dünkel sind immer auf dem Wege, entsetzliches Unglück anzurichten.

      472. »Blasen ist nicht flöten, ihr müßt die Finger bewegen.«

      473. Die Botaniker haben eine Pflanzenabtheilung, die sie Incompletae nennen; man kann eben auch sagen, daß es incomplette unvollständige Menschen gibt. Es sind diejenigen, deren Sehnsucht und Streben mit ihrem Thun und Leisten nicht proportionirt ist.

      474. Der geringste Mensch kann complett sein, wenn er sich innerhalb der Gränzen seiner Fähigkeiten und Fertigkeiten bewegt; aber selbst schöne Vorzüge werden verdunkelt, aufgehoben und vernichtet, wenn jenes unerläßlich geforderte Ebenmaß abgeht. Dieses Unheil wird sich in der neuern Zeit noch öfter hervorthun; denn wer wird wohl den Forderungen einer durchaus gesteigerten Gegenwart und zwar in schnellster Bewegung genugthun können?

      475. Nur klugthätige Menschen, die ihre Kräfte kennen und sie mit Maß und Gescheidtigkeit benutzen, werden es im Weltwesen weit bringen.

      [80]476. Ein großer Fehler: daß man sich mehr dünkt, als man ist, und sich weniger schätzt, als man werth ist.

      477. Es begegnet mir von Zeit zu Zeit ein Jüngling, an dem ich nichts verändert noch gebessert wünschte; nur macht mir bange, daß ich manchen vollkommen geeignet sehe, im Zeitstrom mit fortzuschwimmen, und hier ist’s, wo ich immerfort aufmerksam machen möchte: daß dem Menschen in seinem zerbrechlichen Kahn eben deßhalb das Ruder in die Hand gegeben ist, damit er nicht der Willkür der Wellen, sondern dem Willen seiner Einsicht Folge leiste.

      478. Wie soll nun aber ein junger Mann für sich selbst dahin gelangen, dasjenige für tadelnswerth und schädlich anzusehen, was jedermann treibt, billigt und fördert? Warum soll er sich nicht und sein Naturell auch dahin gehen lassen?

      479. Für das größte Unheil unserer Zeit, die nichts reif werden läßt, muß ich halten, daß man im nächsten Augenblick den vorhergehenden verspeis’t, den Tag im Tage verthut und so immer aus der Hand in den Mund lebt, ohne irgend etwas vor sich zu bringen. Haben wir doch schon Blätter für sämmtliche Tageszeiten! ein guter Kopf könnte wohl noch eins und das andere intercaliren. Dadurch wird alles, was ein jeder thut, treibt, dichtet, ja was er vor hat, in’s Öffentliche geschleppt. Niemand darf sich freuen oder leiden als zum Zeitvertreib der übrigen, und so springt’s von Haus zu Haus, von Stadt zu Stadt, von Reich zu Reich und zuletzt von Welttheil zu Welttheil, alles velociferisch.

      480. So wenig nun die Dampfmaschinen zu dämpfen sind, so wenig ist dieß auch im Sittlichen möglich: die Lebhaftigkeit des Handels, das Durchrauschen des Papiergelds, [81]das Anschwellen der Schulden, um Schulden zu bezahlen, das alles sind die ungeheuern Elemente, auf die gegenwärtig ein junger Mann gesetzt ist. Wohl ihm, wenn er von der Natur mit mäßigem ruhigem Sinn begabt ist, um weder unverhältnißmäßige Forderungen an die Welt zu machen noch auch von ihr sich bestimmen zu lassen!

      481. Aber in einem jeden Kreise bedroht ihn der Tagesgeist, und nichts ist nöthiger, als früh genug ihm die Richtung bemerklich zu machen, wohin sein Wille zu steuern hat.

      482. Die Bedeutsamkeit der unschuldigsten Reden und Handlungen wächs’t mit den Jahren, und wen ich länger um mich sehe, den suche ich immerfort aufmerksam zu machen, welch ein Unterschied statt finde zwischen Aufrichtigkeit, Vertrauen und Indiscretion, ja daß eigentlich kein Unterschied sei, vielmehr nur ein leiser Übergang vom Unverfänglichsten zum Schädlichsten, welcher bemerkt oder vielmehr empfunden werden müsse.


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