Das Buch vermittelt einen Überblick über das Methodenspektrum der Biographik und beschreibt in verdichteter Form den Zusammenhang der einander ergänzenden diagnostischen und therapeutischen Verfahren. Es dient der Anerkennung der ursprünglichen menschlichen Verbundenheit und fördert die Fähigkeit, einander auch und gerade unter Wahrnehmung vergangenen Unheils bei der sinnvollen Gestaltung gegenwärtiger und zukünftiger Geschichte zu unterstützen. Indem Viktor von Weizsäcker die für diesen Prozess konstitutive Bedeutung der Fragen nach Zeitpunkt, Ort und Verlauf von Krankheiten in den Blick nahm, lenkte er die Hauptaufmerksamkeit auf die Formen des Auftretens von Symptomen. Die weit gewichtigere Frage «Warum gerade so?» hat er zwar auch schon gemeint, aber nicht ausdrücklich formuliert. In dieser Zurückhaltung kamen noch Unklarheiten zum Ausdruck, die das Verhältnis der Begriffe «Bedeutung» und «Sinn» betrafen. Als notwendig hat sich die Aufklärung über den Inhalt des Lebensgeschehens erwiesen – nämlich Aufklärung darüber, dass sich die Rechtsordnung der Menschlichkeit in den Gesetzmäßigkeiten der menschlichen Lebensläufe unmittelbar darstellt. Biographik ist die hermeneutische Methode, die zu dieser Erkenntnis führt. Sie dient dem empirischen Nachweis, dass die Würde des Menschen unantastbar ist. Die wesentliche diagnostische und therapeutische Hilfe, welche durch ärztliche Hermeneutik geleistet wird, besteht in dem Lernerfolg Kranker, der Bedeutung ihrer Lebensereignisse auf den Grund zu gehen und sie vom Sinn zu differenzieren. Tatsächlich findet nämlich in Gestalt des menschlichen Lebens ein Prozess statt, der die fundamentale Macht des Gastrechts zur Geltung bringt. Dessen Ordnung betrifft die Beziehungen von Eltern und Kindern, und das Zusammenleben der Menschen gelingt durch Sinn-Erfüllung des Gastrechts. Die biographische Methode zeigt auf: Symptome sind die Rätsel, worin sich die unmittelbare Wirkung dieses Grundgesetzes verbirgt und offenbart.