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Bauchgefühl & Gottvertrauen. Guido CantzЧитать онлайн книгу.

Bauchgefühl & Gottvertrauen - Guido Cantz


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ich das bis vor Kurzem noch geglaubt hatte. In den letzten Jahren war ich einfach in dem Vertrauen durchs Leben gegangen, dass alles immer so weitergehen und im Zweifelsfall sogar eher besser werden würde. Schließlich verdiente ich gutes Geld und seit einiger Zeit bekam ich mehr Anfragen, als ich annehmen konnte. Doch jetzt, in dieser Krisensituation, verstummte die große Klappe, die ich auf der Bühne an den Tag legte. Ich war mit einem Mal ungewohnt kleinlaut und demütig.

      Ich suchte in dieser Situation wieder die Nähe zu Gott.

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      In den Lockdown-Phasen der Corona-Pandemie habe ich oft an meinen Krankenhausaufenthalt zurückgedacht, wenn ich mit meiner Familie in einer Messe saß, in der zu dieser Zeit ja nicht gesungen werden durfte, die uns aber trotzdem in den unsicheren Zeiten ein bisschen mehr Halt gegeben haben.

      Ich kann mich nicht mehr erinnern, was der Krankenhausseelsorger damals im Detail gesagt hat, ich weiß nur, dass mir seine Nähe guttat. Seine Verbindung mit Gott, der Urquelle unserer Lebenskraft, hat ein bisschen auf mich abgestrahlt und das war in diesem Augenblick die Hauptsache.

      Dem Klinikpersonal bin ich bis heute unendlich dankbar, die Schwestern haben mir sogar Kassetten von zu Hause mitgebracht, denn Walkman hören war so ziemlich der einzige Zeitvertreib, der mir in der ersten Phase meiner Krankheit möglich war.

      Und auch mein guter Freund und Fahrer zu allen Karnevalssitzungen Martin hat mir in dieser Zeit beigestanden und mich aufgemuntert. Er war das einzige Nicht-Familienmitglied, das mich auf der Intensivstation besucht hat. Wie er das geschafft hat? – Er gab sich einfach frech als mein zweiter Bruder aus. Und ich werde seine drei Mitbringsel nie vergessen: eine Flasche Cola, ein Snickers und die aktuelle Ausgabe des Playboy. Ich hätte damals nicht sagen können, nach welchem dieser drei Präsente mir der Sinn am allerwenigsten stand.

      Um meine Stimmung zu heben, malten wir uns unseren gemeinsamen Tripp nach Las Vegas aus. Martin hatte bei einer Karnevalssitzung zwei Flüge dorthin gewonnen, im September sollte es losgehen. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass er einen Arzt zu diesem Zeitpunkt schon nach den Aussichten eines USA-Trips mit mir in diesem Herbst gefragt hatte. Dessen Antwort lautete: „Das können Sie sich gepflegt von der Backe schmieren. Aber sagen Sie es ihm vielleicht nicht unbedingt.“ Während ich also in meinem Intensivbett gedanklich den Las Vegas Strip entlangschlenderte, suchte Martin bereits Ersatz.

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      Als ich die Intensivstation schließlich verlassen durfte, war ich selbst überrascht über meine Reaktion: Obwohl mich nun ein Einzelzimmer erwartete, heulte ich Rotz und Wasser. Ich hatte das Gefühl, dass ich anderswo unmöglich so gut betreut werden könnte wie von diesem Team, das mir so ans Herz gewachsen war. Möglicherweise trugen auch die Medikamente ihren Teil zu meiner sehr emotionalen Reaktion bei.

      Insgesamt dauerte mein Krankenhausaufenthalt noch fast weitere drei Wochen. Ich hatte zehn Kilogramm verloren, das meiste davon Muskelmasse, und brachte nur noch 62 Kilogramm auf die Waage. Meine Oberschenkel waren spindeldürr, sodass ich auf der neuen Station mit der Unterstützung einer Physiotherapeutin und einer Art Rollator erst wieder laufen lernen musste. Ich schlich mit meiner rollenden Stütze über den Gang und freute mich, wenn ich fünfzig Meter schaffte, ohne zwischendurch pausieren zu müssen.

      Als ich gerade wieder mal mit dem Gehwagen unterwegs war, besuchte mich mein Freund Olli und zog mich auf: „Du kannst ja gar nichts!“, weil er mich ein bisschen provozieren und motivieren wollte. Ich nahm das allerdings nur gleichgültig zur Kenntnis und absolvierte weiter mein Pensum.

      Meine Gesundung ging langsamer voran als ich, es mir erhoffte. Inzwischen war ich aber schon ein Profi-Patient: Wenn mir morgens Blut abgenommen wurde, unterbrach ich nicht mal mehr das Frühstück, sondern kaute weiter mein Brötchen, während sich langsam die Ampulle füllte. Ich freute mich einfach über jeden kleinen Fortschritt. Außerdem durfte ich nun endlich Besuch außerhalb des engsten Familienkreises empfangen. Mein Trainer kam vorbei und versicherte mir, dass das Team an mich denken und ich selbstverständlich wieder spielen würde, sobald ich wieder fit sei. Später besuchten mich auch noch ein paar Spieler und einige Mitglieder unseres eigenen Porzer Karnevalsvereins. Ich hatte endlich Kontakt zu meinem Leben da draußen und wollte es so schnell wie irgendwie möglich wieder aufnehmen.

      Mein Entschluss, jetzt alles auf die Entertainer-Karriere zu setzen, wurde dadurch noch einmal bestärkt. Ich nahm mir einen Block und einen Stift und begann an meiner Nummer für die Karnevalssession 1997 zu schreiben.

      Ich war hochmotiviert und sagte mir: „Jetzt erst recht, jetzt greifst du an! All das hier war ein Zeichen, dass du eine Entscheidung treffen sollst. Und jetzt gib Gas und mach was draus!“

      Kurz vor meiner Entlassung wurde ich dann zu einem Nuklearmediziner nach Siegburg zur Knochenmarkszintigraphie gefahren. Als ich ihm meine Bilder in die Hand drückte, reichte ihm ein kurzer Blick und er war sich seiner Sache sofort sicher: „Sagen Sie nichts, ich gebe einen Tipp ab. Sie spielen Fußball, mindestens drei- bis viermal in der Woche. Sie haben eine Arthritis im Schambein, typische Fußballerkrankheit durch Überbeanspruchung.“

      Nun hatte ich immerhin eine Teilantwort, was genau mich allerdings in diese ungünstige Gesamtlage gebracht hatte, blieb weiterhin unklar. Da Dr. House erst acht Jahre später seine Arbeit aufnahm, ist die verlässliche Differentialdiagnose nie erstellt worden. Letztlich sieht es so aus, als habe mein vom Dauerfalldurchfall geschwächter Kreislauf unter dem Einfluss der Vollnarkose endgültig kapituliert und die Arthritis im Schambein ihren Teil zu den Schmerzen beigesteuert.

      Am Abend meiner Entlassung feierte ein Freund von mir Geburtstag. Die Party war keine vierhundert Meter vom Haus meiner Eltern entfernt, also beschloss ich, kurz vorbeizugucken. Es war das Jahr 1996, alle haben noch geraucht und der „blaue Dunst“, wie er damals noch in den Anti-Raucher-Kampagnen genannt wurde, hat mich massiv gestört – auch wenn es damals noch uncool gewesen wäre, das laut auszusprechen. Ich schnappte mir ein Radler, ein Getränk, das sonst nicht meine erste Wahl wäre, und sah mich im Raum um. Zu viele Menschen, zu dicht gedrängt und viel zu laut. Als hätte ich die letzten Jahre als Eremit in einer Höhle verbracht und wäre schlagartig in eine überfüllte Fußgängerzone gebeamt worden. Ich war völlig überfordert und noch nicht in der Lage, mit so viel Input umzugehen. Nach noch nicht mal einer Viertelstunde habe ich mich heimlich wieder verdrückt.

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      An der Arthritis habe ich noch einige Monate laboriert und fühlte mich insgesamt schwach. Es hat fast ein Jahr gedauert, bis ich wieder auf dem Fußballplatz stand. Doch diese erzwungene Auszeit hat mich schlussendlich auf den Weg geführt, den ich seitdem verfolge.

      Vielleicht war diese Pause wirklich kein Zufall. Ich neige generell nicht dazu, an Zufälle zu glauben. Ich bin überzeugt, dass jeder von uns im Leben eine Aufgabe hat und dass meine darin besteht, andere Menschen zu unterhalten. 1996 war ich mir sicher, dass ich von nun an den Tag meiner Entlassung aus dem Krankenhaus wie einen zweiten Geburtstag feiern würde. Doch das geriet überraschend schnell in Vergessenheit.

      Jeder von uns im Leben hat eine Aufgabe

      Heute könnte ich noch nicht einmal mehr das Datum benennen. Doch heute stelle ich auch fest: 25 Jahre später stehe ich wieder an einem Wendepunkt. Zwar ist das Ganze nicht lebensbedrohlich, aber meine Zukunft liegt auch dieses Mal im Ungewissen. Nur dass ich diese Ungewissheit selbst gewählt habe.

      In dieser Situation hilft mir die Erfahrung von damals, dass ich nicht allein die Fäden in der Hand halten muss, sondern dass jemand auf mich aufpasst. Das hat etwas ungemein Befreiendes.

       3. Was wäre ich ohne Otto?

      Meine Entscheidung, Humordienstleister zu werden, war nun also gefällt. Der Weg dorthin zeichnete sich allerdings deutlich früher ab. Vermutlich fiel eine Art Vorentscheidung schon ganze 19 Jahre früher,


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