Next Level Sales. Christopher HeldЧитать онлайн книгу.
kommen, noch eine zusätzliche Frage: Wissen Sie, ja, genau Sie, was Ihr Vertriebsteam tagsüber macht? Wissen Sie, wie Gesprächsführung mit dem Kunden aussieht? Haben Sie schon mal den Satz gehört, »der ist schon 20 Jahre da, der weiß, was er macht«? Wie oft ist der Vertriebsmanager bei den täglichen Besuchen dabei? Einmal die Woche? Einmal im Monat? Wie soll er bei einem momentanen »analogen« Vertrieb seine typischerweise acht bis zwölf Vertriebsmitarbeiter begleiten und coachen? Vermutlich ist es schwierig, hier genaue Transparenz zu haben und den Überblick zu behalten. Ich würde sogar so weit gehen und behaupten, dass zu diesem Thema momentan keine Transparenz in Ihrem Unternehmen besteht.
Datengetriebenes Arbeiten im Vertrieb schafft eine neue Transparenz, die allen Beteiligten (selbst den Vertrieblern) vorher normalerweise nicht bekannt war. Was heißt nun datengetriebenes Arbeiten genau? Datengetriebenes Arbeiten soll die Digitalisierung eines jeden Verkaufstages eines Vertrieblers ermöglichen, indem der Vertriebler alle Aktivitäten des Tages im CRM‐System eingibt. Das bedeutet beispielsweise: gewählte Nummern, verbundene Gespräche, relevante Gespräche1 mit bestehenden Kunden, Folgeanrufe, vereinbarte Termine (virtuell per Videokonferenz, per Telefon oder persönlich), Produktvorführengen, durchgeführte Termine, verschickte Angebote, unterschriebene Angebote und vieles mehr – je nach Unternehmen.
Abbildung 2.2 zeigt die nötigen Schritte bis zum Vertragsabschluss und somit exemplarisch die Aspekte des Tages eines Verkäufers, die nun digitalisiert und damit beobachtet werden können (etwas vereinfacht, um die Übersichtlichkeit zu gewährleisten). Diese tägliche Transparenz der Aktivitäten ermöglicht eine völlig neue Herangehensweise an die Weiterentwicklung der Mitarbeiter. Somit bildet diese Transparenz die Basis, um Antworten auf die zu Beginn angegebenen Fragen zu bekommen. Außerdem ermöglicht diese Offenlegung auch den Einblick in andere Bereiche, wie zum Beispiel die Notwendigkeit der Erstellung von verkaufsfördernden Materialien.
Abb. 2.2: Der typische Verkaufsprozess im B2B‐Vertrieb
Abbildung 2.3 visualisiert deutlich diese neu gewonnene Transparenz, die es ermöglicht, für jeden Mitarbeiter konkrete Conversion Rates von Verkaufsschritt zu Verkaufsschritt zu berechnen. Diese Einsicht ermöglicht schon sehr spannende Aspekte, die wir im Verlaufe des Buches noch näher beleuchten werden. Aber hier werden zwei Vertriebler (A und B) betrachtet, die mit der gleichen Schlagzahl in den Vertriebstrichter starten. Durch kleine Abweichungen von der Conversion Rate je Schritt hat der Vertriebler B mehr als 17‐mal so viele Verträge gewonnen wie Vertriebler A. Das ist natürlich auch wieder ein überspitztes Beispiel, denn kein Vertriebler wird in jeder Conversion Rate besser sein als ein anderer, aber diese Transparenz hilft bei der späteren Problemanalyse.
Abb. 2.3: Transparenz des Verkaufstrichters
Die Pflege von Daten und die damit gewonnene Transparenz sind ein essenzieller Bestandteil zur Weiterentwicklung eines jeden Teammitglieds. Detailliertere Ausführungen dazu folgen im Abschnitt 6.2.5.
2.3 Anpassungen der Arbeitsweise im Vertrieb – vom »Klinkenputzen« zu effektivem virtuellem Vertrieb
Diese neue Arbeitsweise des datengetriebenen Arbeitens bedeutet eine immense Umstellung für das Vertriebsteam. Nicht jeder Mitarbeiter ist gewillt, sein gesamtes Tun offenzulegen und einen exakten Einblick in die Tages‐, Wochen‐, Monats‐ und Jahresleistung zu ermöglichen. Es besteht vielmehr die Angst vor so genanntem »Mikromanagement« – also der genauen Beobachtung und Einflussnahme jeder kleinsten Tätigkeit durch das Management. Um diese Ängste und Zweifel zu beseitigen, geht Next Level Sales immer auch mit einem Change‐Prozess einher. Neben der fachlichen Befähigung der Mitarbeiter zum datengetriebenen und digitalen Arbeiten muss der Wandel auch bei den Vertrieblern im Kopf geschaffen werden. Die Akzeptanz setzt den Grundstein und dann muss jeder Vertriebler verstehen, wie er diese Transparenz sicherstellt und ermöglicht.
Wie sieht dieser massive Wandel in der Praxis aus? Grundsätzlich muss sich die Arbeitsweise des Vertriebsteams von einem »Freestyle«‐Konzept zu einem strukturierten Arbeiten ändern. Das heißt beispielsweise, dass Freilaufzeiten am Jahresende, in denen Vertriebler vielleicht ihre Arbeitszeit für persönliche Dinge genutzt haben, weil sie ihre Umsatzziele bereits erreicht hatten, nicht mehr vorkommen. Das Unternehmen hat ein Anrecht darauf, dass der Mitarbeiter arbeitet, selbst wenn er seine persönlichen Leistungsziele schon erreicht hat. Denn die persönlichen Ziele der Vertriebler stehen leider nicht immer im Einklang mit den Zielen des Unternehmens.
Im Umkehrschluss bedeutet die neue Arbeitsweise, dass jede Tagesaktivität der Vertriebsteams eingetragen werden muss – wie bereits beschrieben. Jedes Telefongespräch, jede angewählte Nummer, unabhängig davon, ob dieser Kunde erreicht wurde oder nicht – jede vertriebsrelevante Aktivität. Das ist ungewohnt und wirkt zunächst anstrengend für die Vertriebler, aber es ist der entscheidende Schritt, um die Ineffizienzen im Vertriebsalltag zu identifizieren und zu beheben.
Neben der Transparenz entsteht ein weiterer entscheidender Vorteil durch das Eintragen jeder Aktivität: die 360‐Grad‐Sicht auf den Kunden. Der Ausdruck ist vielleicht etwas hochtrabend, wenn wir momentan nur vom Vertrieb sprechen. Aber es ergibt sich eine 360‐Grad‐Sicht der Vertriebsaktivitäten, denn diese benötigt eigentlich das Generieren von Daten eines Kunden über alle Interaktionen hinweg und somit eine enge Integration von Marketing und Sales.
Durch die Speicherung von Kundendaten, die nicht nur Kontaktdaten, Korrespondenz, sondern auch Bedürfnisse der Kunden enthalten, ergibt sich ein weiterer signifikanter Vorteil gegenüber dem analogen Prozess. Aufgrund der digitalen Speicherung sind Daten immer verfügbar, für jeden Mitarbeiter. Das bedeutet konkret: Verlässt ein Mitarbeiter das Unternehmen, entsteht keine Informationslücke mehr. Somit kann bei dem Ausscheiden eines Vertrieblers nahtlos weitergearbeitet werden und es besteht keine Gefahr, dass Mitarbeiter bei ihrer Kündigung Kunden »mitnehmen«. So hört man im analogen Vertrieb beispielsweise häufiger von folgenden Situationen: »Der Hubert ist zum Wettbewerber gegangen und hat alle Kunden mitgenommen.« In diesem Fall hat Mitarbeiter Hubert alle Informationen zu seinen Kunden im Kopf und nicht im System abgespeichert. Auch bei einem längeren, krankheitsbedingten Ausfall eines Mitarbeiters helfen digitale Daten. Eine kommissarische Vertretung kann das Gebiet oder einen Kunden problemlos übernehmen und an die Gespräche des erkrankten Verkäufers anknüpfen. Natürlich nur, wenn die Aktivitäten inklusive der Inhalte der Gespräche (stichpunktartig) im System festgehalten sind. Wenn der Verkäufer alle Infos ausschließlich im Kopf hat, ist dies nicht möglich. Einige von Ihnen könnten nun aus mehreren Gründen anderer Meinung sein.
1 1. »Wir sind kein Kontrollstaat und können dies unseren Mitarbeitern nicht aufbürden!«
oder
1 2. »Dieser Prozess kostet zu viel Zeit, Christopher. Du sprichst von Effizienzen und verdonnerst unsere Teams zu einem ›stupiden‹ Loggen/Eintragen der Tätigkeiten. Das ist doch ineffizient!«
Zu beiden Aussagen gibt es klare Antworten.
1 Ja, es ist eine Umstellung! Aber wie werden denn Ihre Mitarbeiter in der Produktion (wenn Sie eine haben) gemanagt? Es geht vor allen Dingen um die Weiterentwicklung jedes einzelnen Mitarbeiters und nicht um Kontrolle. Wo kann man ihr/ihm helfen, zu wachsen und besser zu werden? Wo haben wir als Unternehmen schlechte Zahlen (zum Beispiel Conversion Rates)? Wie können wir an dieser Stelle besser unterstützen – mit verkaufsfördernden