Handbuch Wirtschaftsprüfungsexamen. Christoph HillebrandЧитать онлайн книгу.
Während auch der Ausgleich nach §§ 816 Abs. 1 S. 1 und 816 Abs. 2 noch im Deckungsverhältnis erfolgt, gewähren darüber hinaus die §§ 816 Abs. 1 S. 2 und 822 die Direktkondiktion als Durchgriff gegen den Letztempfänger, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass dieser nach dem Valutaverhältnis eine unentgeltliche Zuwendung erhielt.
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IV. Erscheinungsformen der Leistungskondiktionen
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Die Hauptfälle der Leistungskondiktionen regelt das BGB in § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 (condictio indebiti) und § 812 Abs. 1 S. 2 Alt.1 (condictio ob causam finitam). Die condictio indebiti erfährt in § 813 Abs. 1 S. 1 sodann noch eine Erweiterung ihres Anwendungsbereichs.
Weitere Bereicherungsklagen, bei denen jedoch im Unterschied zu den vorgenannten nicht die Nichtschuld, sondern der Nichteintritt bzw. der Sittenverstoß des Leistungszwecks maßgeblich sind, enthalten § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 (condictio ob rem) und § 817 S. 1 (condictio ob turpem vel iniustam causam).
1. Condictio indebiti
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Anwendungsfall ist die Leistung zur Erfüllung einer nicht bestehenden Verbindlichkeit. Der Bereicherungsanspruch ist nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 gegeben, wenn jemand „durch die Leistung eines anderen etwas ohne rechtlichen Grund erlangt“. Jener ist sodann (nur!) diesem zur Herausgabe verpflichtet.
a) Fehlender Rechtsgrund
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Die Nichtschuld kann auf einem nicht wirksam begründeten Rechtsverhältnis beruhen (etwa wegen §§ 138, 134 oder 154) oder auf rückwirkender Anfechtung des Rechtsgeschäfts (vgl. § 142 Abs. 1) aufgrund eines Anfechtungsgrundes (vgl. §§ 119, 123, 120). Hierher gehören auch Auszahlungen aus dem Stammkapital, § 30 GmbHG (vgl. Rn. 1775).
Eine Überschneidung zum Gewährleistungsrecht im Kauf- oder Werkverhältnis gibt es nur im Grenzbereich, nämlich der Zuviellieferung und der Lieferung einer anderen als der geschuldeten Sache (vgl. § 434 Abs. 3, was deshalb an sich nur nach den §§ 437 f. zu korrigieren wäre), sofern die tatsächliche Lieferung wertvoller ist als die geschuldete (und der Empfänger deshalb wirtschaftlich keinen Grund zu einem entsprechenden Vorgehen hat; die Bereicherungsklage hilft hier dem Verkäufer); Gleiches gilt für § 633 Abs. 2 und 3.[54]
Klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass die Rückgewähr wechselseitig empfangener Leistungen nach Ausübung eines (gesetzlichen oder vertraglichen) Rücktrittsrechts ausschließlich nach §§ 346 ff. erfolgt. Der Rücktritt (vgl. §§ 323 ff., 437 Nr. 2, 634 Nr. 3 etc.) lässt das ursprüngliche Schuldverhältnis als Rückabwicklungsverhältnis fortbestehen. Die ausgetauschten Leistungen sind und waren deshalb mit Rechtsgrund erfolgt.
Gleiches gilt im Falle der Ausübung eines Widerrufsrechts im Rahmen von Verbraucherverträgen (vgl. §§ 355, 356, 357 Abs. 1 S. 1, 312g Abs. 1, 312b bei Haustürgeschäften; §§ 355, 506 Abs. 1, 495 Abs. 1 bei Teilzahlungsgeschäften; § 485 mit §§ 356a, 357b, 360 Abs. 1 S. 3 bei Teilzeit-Wohnrechteverträgen; §§ 355, 356b, 495 bei Verbraucherdarlehen), wofür ebenfalls ein Rückabwicklungsschuldverhältnis (§§ 355 ff.) und nicht Nichtigkeit angeordnet ist.
b) Erweiterung durch § 813
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§ 813 regelt einen Sonderfall der Kondiktion wegen Nichtschuld. Hiernach kann das zum Zweck der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete auch dann kondiziert werden, wenn die Schuld durch eine dauernde (peremptorische) Einrede für den Gläubiger nicht durchsetzbar war.
Beispiele:
Anwendungsfälle sind die Einrede aus § 821, aus unerlaubter Handlung (vgl. § 853), erbrechtliche Einreden (etwa §§ 2083, 2345 oder 1166) sowie allgemein die Arglisteinrede und die Einrede treuwidrigen Verhaltens (vgl. § 242). Bei Leistung auf eine verjährte Forderung ist dagegen kein bereicherungsrechtlicher Rückgewähranspruch eröffnet (vgl. § 813 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 214 Abs. 2).
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Keine Kondiktion geben lediglich vorübergehende (dilatorische) Einreden (etwa aus §§ 320, 273, die Stundungseinrede oder diejenige des § 770); sie begründen also keinen Rückforderungsanspruch. Gleiches gilt bei vorzeitiger Erfüllung einer betagten Verbindlichkeit (§ 813 Abs. 2).
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Leistung in Verkennung einer Anfechtungs- oder Aufrechnungslage geben ebenfalls keinen Rückforderungsanspruch nach § 813, weil die Schuld in diesen Fällen durchaus bestanden hatte und erst durch Anfechtung oder Aufrechnung erloschen wäre bzw. im Falle der Anfechtung ggf. auch noch innerhalb offener Anfechtungsfrist erlöschen könnte.
c) Ausschlusstatbestand nach § 814
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In zwei Fällen ist der Leistende nicht schutzwürdig, weshalb § 814 die condictio indebiti ausschließt. Es ist dies die Kondiktionssperre in Folge positiver Kenntnis des Leistenden vom Fehlen des Rechtsgrundes (oder auch der die Durchsetzung der Schuld dauernd hindernden Einrede i.S.d. § 813).
Im Falle des Vertreterhandelns ist auf die Kenntnis des Vertreters abzustellen (vgl. § 166 Abs. 1 analog).
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Ebenfalls keine Rückforderung ist möglich bei Leistungen aufgrund sittlicher Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht. Der Schuldner, der sich lediglich unsicher ist, hat keine positive Kenntnis. Leistet der Schuldner trotz besserer Kenntnis unter dem Druck drohender Zwangsvollstreckung, soll die Rückforderung ebenfalls nicht ausgeschlossen sein. In Zweifelsfällen ist es für den Schuldner jedenfalls zweckmäßig, einen „Vorbehalt“ in Form auflösender Bedingung bei seiner Zahlung zu erklären. Durch ausdrücklichen Vorbehalt wird die Kondiktionssperre des § 814 ausgeschlossen.
2. Prüfungsschema zur Leistungskondiktion, § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1
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I. | Voraussetzungen 1. (Kondiktionsschuldner hat) Etwas erlangt 2. Durch Leistung (des Kondiktionsgläubigers) 3. Ohne rechtlichen Grund |
II. | Kein Ausschluss 1. § 814 2. § 817 S. 2 |
III. | Rechtsfolgen, §§ 818 ff. |
3. Condictio ob causam finitam
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Eine Unterart der condictio indebiti ist die condictio ob causam finitam des