Handbuch Wirtschaftsprüfungsexamen. Christoph HillebrandЧитать онлайн книгу.
an den Rechtsgeschäften, wobei das HGB zwischen einseitigem und beiderseitigem Handelsgeschäft unterscheidet (vgl. § 345 HGB). Die Kaufmannseigenschaft richtet sich nach §§ 1 ff. HGB. Handelsgeschäfte sind sodann „alle Geschäfte eines Kaufmanns, die zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehören“ (§§ 343 f. HGB).
Wesentliche Besonderheiten des Handelskaufs betreffen z.B. das Fixgeschäft (§ 376 HGB), den Annahmeverzug des Käufers (§ 373 HGB[85]) und das sogleich darzustellende Gewährleistungsrecht (§ 377 HGB). Weiterhin gelten die auf alle Handelsgeschäfte bezogenen Sonderregelungen, vgl. §§ 346–372 HGB. Bereits hingewiesen wurde auf die Bedeutung des sog. kaufmännischen Bestätigungsschreibens für Inhalt und Abschluss beiderseitiger Handelsgeschäfte.
5. Gewährleistungsrecht beim beiderseitigen Handelskauf
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Grundsätzlich stehen dem Käufer auch im Handelsrecht bei Sachmängeln die Mängelrechte aus § 437 BGB zu. Trifft ihn allerdings eine Untersuchungs- und Rügeobliegenheit gem. § 377 HGB und verletzt er diese, so gilt die Ware nach § 377 Abs. 2 HGB als genehmigt und der Käufer verliert seine Gewährleistungsansprüche.[86]
Nach § 377 Abs. 1 HGB gilt: „Ist der Kauf für beide Teile ein Handelsgeschäft, so hat der Käufer die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnungsmäßigem Geschäftsgang tunlich ist, zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen“. Der Verkäufer soll schnellstmögliche Sicherheit dahin erlangen, ob das Geschäft[87] endgültig erledigt ist oder berechtigte Einwände erhoben werden können.[88] Dazu hat der Käufer erkennbare Qualitäts- und Quantitätsdefizite sowie eine eventuelle Falschlieferung (sog. Aliud) schnellstens („unverzüglich“, vgl. Legaldefinition in § 121 Abs. 1 S. 1 BGB) zu rügen, wessen er sich nur durch eine möglichst exakte Fehlerbeschreibung entledigen kann. Gleiches gilt hinsichtlich zunächst nicht erkennbarer Mängel, sobald sie sich späterhin zeigen, also erkennbar werden (§ 377 Abs. 3 HGB).
Die vorausgesetzte Untersuchung ist dabei nicht logisches Hilfsmittel, sondern vielmehr der Maßstab der Sorgfaltspflicht des Käufers, nämlich soweit im „ordnungsmäßigem Geschäftsgang tunlich“[89] – hinsichtlich Zeitpunkt und Umfang (etwa bezüglich der Anzahl von Stichproben in Abhängigkeit von Warenmenge und -wert). Qualitätssicherungsvereinbarungen und Just-in-time-Lieferklauseln enthalten zugleich einen Verzicht auf die Untersuchungslast des Erwerbers.[90]
Die Rüge ist keine Nebenpflicht, sondern dient nur der Rechtswahrung des Käufers in seinem eigenen Interesse (daher sog. Obliegenheit). Ihre rechtliche Qualität ist keine einer Willenserklärung, sondern einer rechtsgeschäftsähnlichen (einseitigen empfangsbedürftigen) Handlung, das Zugangsrisiko trägt der Käufer. Auf die Rüge sind die Vorschriften über Willenserklärungen jedoch, soweit passend, entsprechend anwendbar, etwa hinsichtlich Erklärung, Zugang und damit v.a. ggf. erforderlicher aktiver Vertretung des Käufers bei der Rüge (vgl. auch § 174 BGB) und passiver des Verkäufers als ihr Empfänger, wobei beiderseits die funktionale Zuständigkeit im Unternehmen und nicht eine formale Vertretungsmacht entscheidend sind. Vgl. dazu Fn. 14 zu Rn. 29. Inhaltlich muss die Rüge den Mangel bezeichnen. Sie darf einerseits nicht ganz unsubstantiiert sein, braucht aber andererseits den Mangel auch nicht präzise und fachkundig zu beschreiben (Angabe der Symptomatik genügt).
6. Unternehmenskauf – Asset und Share Deal, Haftung
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Das Unternehmen ist eine Sachgesamtheit von Sachen, Rechten und immateriellen Gütern wie dem Kundenstamm etc., die einem Rechtsträger zugeordnet sind. Der Erwerb eines Unternehmens kann im Wege des Asset Deals erfolgen, bei welchem das Betriebsvermögen dem Unternehmensträger abgekauft wird oder es können die Anteile am Unternehmensträger selbst, sofern er juristische Person oder Personengesellschaft[91] ist, erworben werden (Beteiligungskauf, sog. Share Deal). Von der kaufrechtlichen Gewährleistung her werden beide Varianten weitgehend gleich behandelt – sofern (nahezu) alle Kapitalanteile übertragen werden, während der Übertragungsakt dinglich notwendigerweise unterschiedlich erfolgen muss, nämlich nach den für die Einzelwirtschaftsgüter geltenden Bestimmungen einerseits bzw. als Abtretung der Anteile (z.B. § 15 Abs. 3–5 GmbHG für Geschäftsanteile an einer GmbH und nach Wertpapierrecht bei Aktien, § 929 S. 1 BGB).[92]
a) Unternehmenskauf als Asset Deal
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Der Asset Deal kann unproblematisch als Kauf eines „sonstigen Gegenstands“ nach § 453 Abs. 1 Alt. 2 gelten. Für das Vorliegen eines Mangels ist im Sinne einer Gesamtbetrachtung zu prüfen, ob der Mangel eines einzelnen Gegenstandes die Tauglichkeit des gesamten Unternehmens beeinträchtigt, also „dessen wirtschaftliches Gefüge erschüttert“. Das Erfordernis des „Durchschlagens“ stellt sicher, dass der Mangel des Einzelgegenstandes in Bezug auf das Gesamtunternehmen zu würdigen ist.
b) Unternehmenskauf als Share Deal
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Die Einordnung eines Unternehmenskaufs durch Share Deal ist dagegen umstritten. Zu unterscheiden sind Rechtskauf nach § 453 Abs. 1 Alt. 1 und Kauf eines „sonstigen Gegenstandes“ nach § 453 Abs. 1 Alt. 2. Erworben werden bei Kapitalgesellschaften Geschäftsanteile z.B. an der GmbH als subjektives Recht der Mitgliedschaft. Das spräche auf den ersten Blick für Rechtskauf (so zutreffend z.B. für Kauf eines Splitteranteils; kleinerer Aktienpakete).
Beim Rechtskauf bestünde grundsätzlich nur eine Haftung für die sog. Verität (nicht auch für die Bonität), also nur für das vertragsgemäße Bestehen des Rechts. Damit wäre eine Haftung des Verkäufers auf die tatsächlich erfolgte Ausgabe der Anteile sowie das unbeschränkte Bestehen des daran gebundenen Stimmrechts beschränkt, ohne Rücksicht auf den inneren Wert der Kapitalanteile. Für sonstige Zusicherungen bliebe nur die Haftung aus culpa in contrahendo nach §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB.
Der „Unternehmenskauf“ erschöpft sich jedoch nicht im Erwerb einer Summe von Anteilen, wie auch keine Identität des Unternehmens mit dem Anteils-Recht besteht. Das deuten bereits die für große Aktienpakete bezahlten „Paketzuschläge“ an.
Der Unternehmenskauf in der Form eines Share Deal, jedenfalls wenn nahezu alle Anteile des Unternehmensträgers veräußert werden, bildet vielmehr eine eigene Kategorie eines Kaufgegenstandes und ist daher ein Kauf eines „sonstigen Gegenstands“ gem. § 453 Abs. 1 Alt. 2 BGB (gleich ob als Asset Deal oder Share Deal). Für die Mängelgewährleistung gelten daher §§ 434 ff. nur entsprechend.
Soweit Minderheitsgesellschafter verbleiben, kann ein solcher Unternehmenskauf dagegen nicht ohne Weiteres angenommen werden. Der BGH verlangt „nahezu 100 % der Kapitalanteile“ und lehnte die Anwendung auf einen Anteilsverkauf von 60 % ab, bejahte sie hingegen bei Verbleiben einer Minderheitsbeteiligung von nur 0,25 %. Vertretbar sollte sein, bereits bei Übertragung einer satzungsändernden Mehrheit gem. § 53 Abs. 2 GmbHG, also ab 75 % der Stimmanteile, von einem „Unternehmenskauf“ auszugehen.[93]
c) Gewährleistung
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Die kaufrechtlichen Mängelrechte beim „Unternehmenskauf“ (Asset wie Share Deal) bestehen wie stets hinsichtlich Rechtsmängeln (z.B. in Bezug auf das Stimmrecht der Anteile), aber auch für Sachmängel. Dies allerdings nicht für die Mangelfreiheit aller einzelnen Gegenstände des Unternehmens, soweit nicht für bestimmte einzelne