Internal Investigations. Dennis BockЧитать онлайн книгу.
b) Verhältnismäßigkeit
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Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet, dass die Maßnahmen
– | objektiv zwecktauglich sind, den Erkenntnisgewinn zu erzielen, |
– | andere ebenso geeignete Ermittlungsmaßnahmen nicht zur Verfügung stehen und |
– | „das schutzwürdige Interesse des Beschäftigten an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung“[26] seiner personenbezogenen Daten im Rahmen einer Observation und etwaiger flankierender Maßnahmen nicht überwiegt. |
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Die Auslegung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn orientiert sich v.a. an der Sphärentheorie des Bundesverfassungsgerichts.
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Im Rahmen der Observationsplanung sollte intensiv darüber nachgedacht werden, ob die Observation geeignet, also objektiv zwecktauglich ist, die erforderlichen Informationen zu erheben. Sollte z.B. im Rahmen der Vorermittlungen der Verdacht aufkommen, dass Absprachen über kriminelle Handlungen per Mail erfolgen und ein persönlicher Kontakt zwischen Tatbeteiligten nicht zu erwarten ist, kann durch die Observation zunächst kein Erkenntnismehrwert erreicht werden.
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Erforderlich kann eine Observation v.a. dann werden, wenn andere, mildere Maßnahmen nicht zur Verfügung stehen, mit denen ebenso wirksam das Erkenntnisdefizit ausgeglichen werden kann.
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Bei der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne kommt es darauf an, dass das „Beweisführungsinteresse“[27] den Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des zu Observierenden als angemessen erscheinen lässt. Diese Abwägung ist auf Basis der Sphärentheorie des Bundesverfassungsgerichts vorzunehmen, je nachdem in welchen Bereich persönlicher Lebensführung eingegriffen werden soll.
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Unbestritten sind Eingriffe in die Intimsphäre, also den absolut geschützten Kernbereich privater Lebensführung unverhältnismäßig.[28]
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Weniger geschützt sind Eingriffe in die Privatsphäre. Diese umfasst den Kernbereich „privater Lebensgestaltung, welcher der Öffentlichkeit abgewandt ist“.[29] Der Privatsphäre zuzurechnen ist unter anderem die Wohnung und das häusliche Umfeld des Betroffenen. Zum unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung gehören Gespräche, die Angaben über begangene Straftaten enthalten i.Ü. nicht.[30]
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Jedwede Form der Lebensgestaltung, die zumindest einem Teil der Öffentlichkeit zugänglich ist, kann der Sozialsphäre zugeordnet werden. Das BVerfG ordnet diesem Bereich auch Betriebs- und Geschäftsräume zu, in denen Gespräche mit überwiegend geschäftlichem Charakter geführt werden[31] und in dem der Betroffene „denknotwendigerweise auch Bereiche seiner Persönlichkeit preisgibt“.[32] Beobachtungen, die am Arbeitsplatz durchgeführt werden, müssen überwiegend diesem Sphärenkreis zugerechnet werden. Eine Observation, die den Bereich der Sozialsphäre tangiert, unterliegt einem geringeren Eingriffshindernis, als Eingriffe in die Privatsphäre. Zu beachten ist, dass es sich nicht um eine ausschließlich raumbezogene Betrachtung handelt: wesentlich ist, zu prüfen, ob die zu erhebenden personenbezogenen Daten der Sphäre zuzurechnen sind.
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Den weitesten Zugriff auf personenbezogene Daten gestattet die Öffentlichkeitssphäre. Hier muss der Betroffene davon ausgehen, dass sein Handeln unter den Augen der Öffentlichkeit stattfindet. Dies gilt insbesondere dann, wenn den Betroffene die Öffentlichkeit sucht, bzw. diese selber herstellt. Ein Beschäftigter, der während seiner Krankschreibung ein Interview gibt, in dem er ankündigt in der kommenden Woche seiner nebenberuflichen Tätigkeit als Künstler nachzugehen, wird sich nicht auf den Schutz seiner Privatsphäre berufen können. Eine Observation am Veranstaltungstag und –ort sollte problemlos möglich sein, da er die Öffentlichkeit eingeladen hat. Problematischer könnten Erkenntnisse sein, die sich aus sozialen Medien ergeben. Sofern diese über eine allgemeine Suchmaschine recherchierbar sind, gelten die Informationen grds. als solche aus einer öffentlichen Datenbank.[33]
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Die vorausgegangenen rechtlichen Überlegungen zeigen deutlich auf, dass der Verantwortliche für die internen Ermittlungen aufgrund der tatsächlichen Umstände des konkreten Einzelfalls abwägen muss, welche Observationsziele (vgl. Rn. 8) mit welcher Observationsart (vgl. Rn. 8 f.) und unter Einbeziehung welcher flankierender Maßnahmen im jeweiligen Fall erreicht werden sollen.
5. Einsatz technischer Mittel
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Der Einsatz technischer Mittel zur Unterstützung einer Observation muss sich an denselben Maßstäben messen lassen, wie die eigentliche planmäßige Beobachtung auch. Im Fall des Nachforschens im Zusammenhang mit dem kriminellen Verhalten eines Beschäftigten ist für die Erhebung personenbezogener Daten § 32 BDSG einschlägig. In allen anderen Fällen kann der Einsatz dieser Mittel durch das Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes gerechtfertigt sein (vgl. Rn. 54).
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Besonders kontrovers wird der Einsatz sog. Global Positioning Systems (GPS) diskutiert. Der BGH hat in seiner Entscheidung über das GPS-gestützte Erstellen persönlicher Bewegungsprofile durch Detektive[34] festgestellt, dass die „heimliche Überwachung einer ‚Zielperson‘ mittels GPS-Empfängers grundsätzlich strafbar“[35] ist und nur bei „Vorliegen eines starken berechtigten Interesses an der Datenerhebung“[36] ausnahmsweise zulässig sein kann.
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Neben der unstreitig zu bejahenden Frage, ob es sich bei GPS-Daten eines eindeutig einem Fahrer zuzuordnenden Fahrzeuges um personenbezogenen Daten handelt, kommt es bei der fortlaufenden technischen Standortbestimmung darauf an, wie die konkrete „Art und Weise der Datenerhebung und –verarbeitung“ ausgestaltet ist[37]. Da der Einsatz von GPS-Sendern regelmäßig heimlich und konspirativ erfolgt, sind die Anforderungen an eine Güterabwägung mit den Rechten des Überwachten umso höher. Der technisch Observierte wird regelmäßig nicht wahrnehmen, dass eine technische Installation am Fahrzeug vorgenommen wurde. Operativ lässt sich kaum ausschließen, dass bei einer technischen Observation auch Daten von Mitfahrern, also u.U. unbeteiligten Dritten, miterfasst werden. Das Gericht geht in seiner Würdigung zudem davon aus, dass mit dem Einsatz eines GPS-Senders auch andere fragwürdige Eingriffe verbunden sein können (exempl.: Der Empfänger wird nach dem Eindringen in ein befriedetes Besitztum des zu Observierenden angebracht).
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Nach Auffassung des BGH kommt ein derart gravierender Eingriff nur dann ausnahmsweise in Betracht, wenn besonders gewichtige und belastbare Gründe als Ermittlungsinteresse überwiegen. So scheidet das bloße Verlangen kompromittierende Informationen zu erlangen als „illegaler Zweck“[38] ebenso als Rechtfertigung aus, wie das Verlangen im Zusammenhang mit ehelicher Untreue oder Unterhaltsansprüchen Informationen über den jeweiligen Lebenspartner zu gewinnen. Ohne sich im Einzelfall festzulegen hob das Gericht die vorinstanzlichen Urteile in den Fällen auf, in denen der GPS-Einsatz dazu bestimmt war, v.a. Fälle von Wirtschaftskriminalität aufzuklären