Compliance. Markus BöttcherЧитать онлайн книгу.
für börsennotierte U.S.-amerikanische Unternehmen geltenden Compliance-Anforderungen wurden durch den „Sarbanes Oxley Act“ erheblich verschärft.
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Der zum Schutz von Investoren im Zuge der großen Bilanzmanipulationsskandale in den USA erlassene „Sarbanes Oxley Act“ aus dem Jahr 2002 zielt im Wesentlichen auf die Verbesserung der Zuverlässigkeit und Richtigkeit der Unternehmensberichterstattung. Hierzu sollen insbesondere Finanzberichterstattung, „Corporate Governance“, internes Kontrollsystem und Risikomanagement beitragen und stärker gesetzlich reguliert werden.[50] Von besonderer Bedeutung sind hierbei die Vorschriften in Section 404 des „Sarbanes Oxley Acts“. Diese sehen zum einen vor, dass der jährliche Finanzbericht auch einen Bericht über die internen Kontrollsysteme des Unternehmens enthalten muss und zudem auf die Verantwortlichkeit des Managements für die Einrichtung und Aufrechterhaltung angemessener interner Kontrollsysteme im Bereich der Finanzberichterstattung hinweist. Darüber hinaus ist vorgesehen, dass der Bericht eine Einschätzung des Jahresabschlussprüfers sowie ein Testat darüber enthält, ob das Unternehmen hinsichtlich seiner Finanzberichterstattung ein effektives internes Kontrollsystem unterhält.
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Weitere Organisationspflichten werden in Section 301 des „Sarbanes Oxley Act“ aufgestellt. Hierbei handelt es sich insbesondere um die Pflicht, ein unabhängiges „Audit Committee“ einzurichten, sowie die Möglichkeit für Mitarbeiter zu schaffen, dem Audit Committee anonym Beschwerden und Hinweise zu den Themen Buchführung, interne Kontrollen und Jahresabschlussprüfung zukommen zu lassen („whistleblowing“).
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Für deutsche Unternehmen, welche an einer US-amerikanischen Börse notiert sind, bedeutet dies, dass zusätzlich zu den ohnehin geltenden Regelungen des deutschen Aktien- und Kapitalmarktrechts auch die strengen Vorschriften des „Sarbanes Oxley Acts“ eingehalten werden müssen. Dies hat zur Folge, dass auf allen Ebenen des Unternehmens, einschließlich seiner Tochtergesellschaften, entsprechende Prozesse etabliert werden müssen, um die Einhaltung von Section 404 des „Sarbanes Oxley Acts“ zu gewährleisten – was neben dem entsprechenden Know-how des lokalen Managements entsprechende Investitionen in die Compliance-Organisation erfordert.
5. Rechtsvergleichender Ausblick: Das Vereinigte Königreich als Treiber für die Fortentwicklung europäischer Compliance?
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Mit Inkrafttreten des U.K. Bribery Act[51] am 1.7.2011 trat neben den US-amerikanischen FCPA ein weiteres Regelungswerk, das insbesondere im Hinblick auf seinen territorialen Anwendungsbereich[52] und die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Unternehmen[53] international Beachtung fand und kontrovers diskutiert wurde. Nach dem durch offene Rechtsbegriffe geprägten Wortlaut der entsprechenden Vorschriften des U.K. Bribery Act können Unternehmen, die einen geschäftlichen Bezug zum Vereinigten Königreich aufweisen, für Bestechungshandlungen mit dem Unternehmen assoziierter Personen strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Beachtenswert ist, dass hierbei keine Prüfung der Schuldfrage vorgenommen wird[54] – der Nachweis eines effektiven Compliance-Systems stellt die einzige Möglichkeit für das Unternehmen dar, sich zu exkulpieren.
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Sowohl hinsichtlich des in seiner Reichweite teilweise unklaren Tatbestands der Section 7 Bribery Act 2010 als auch der Anforderungen an ein effektives Compliance-System, hat das U.K. Ministry of Justice im März 2011 einen im U.K. Bribery Act vorgesehenen[55] Leitfaden herausgegeben,[56] der beide Aspekte präzisiert und sechs Prinzipien für ein effektives Compliance-System aufstellt:[57]
– | Angemessenheit der Prozesse (proportionate procedures), |
– | Engagement der obersten Führungskräfte (top-level-commitment), |
– | Risikoanalyse (risk assessment), |
– | Überprüfung aller für das Unternehmen tätigen Personen (due diligence), |
– | Kommunikation, einschließlich Schulungen (communication, including training), und |
– | Überwachung und Weiterentwicklung (monitoring and review). |
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Wie auch das US amerikanische Recht enthält nunmehr auch das Recht des Vereinigten Königreichs sehr konkrete Vorgaben und Vorschläge für die Ausgestaltung der Compliance-Organisation eines Unternehmens. Auch diese werden vom übergeordneten Prinzip der Verhältnismäßigkeit/Angemessenheit bestimmt – je nach Unternehmen und dessen Risikosituation werden unterschiedliche Anforderungen an ein effektives Compliance System gestellt.[58]
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Mit dem Bribery Act 2010 und den hierzu ergangenen Leitlinien erhalten die bislang schon anerkannten Grundsätze ordnungsgemäßer Compliance (s. sogleich Rn. 46 ff.) ein neues Gewicht – das Vereinigte Königreich kann in diesem Punkt durchaus als Treiber für die Fortentwicklung der Compliance auf europäischer Ebene angesehen werden. Die Einführung des Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption im Jahr 2015 in Deutschland, insbesondere der Neufassung des § 299 StGB, stellt einen weiteren Schritt in Richtung der angestrebten umfassenden Internationalisierung der Korruptionsdelikte dar. Um das deutsche Strafrecht zur Anwendung zu bringen, ist nunmehr kein internationaler Wettbewerb mehr bei Auslandsaufträgen erforderlich. [59]
Anmerkungen
Kölner Komm. AktG/Mertens § 93 Rn. 34; Paefgen AG 2002, 24; Raiser/Veil § 14 Rn. 81; Fleischer ZIP 2005, 148 ff.; Ihrig WM 2004, 2104; für die GmbH: Michalski/Haas § 43 Rn. 51; Roth/Altmeppen/Altmeppen § 43 Rn. 6; Scholz/U. H. Schneider § 43 Rn. 52; zur Diskussion in den USA s. Fleischer ZIP 2005, 147.
Vgl. Ziff. 4.1.3 DCGK; Kölner Komm. AktG/Mertens § 93 Rn. 34 ff.; Münchener Hdb. GesR/Wiesner § 25 Rn. 4 f.; U. H. Schneider ZIP 2003, 646; J. Semler ZGR 2004, 646; Bürkle BB 2005, 567; Kock/Dinkel NZG 2004, 442; KG NZG 1999, 400.
Kölner Komm. AktG/Mertens § 76 Rn. 10 f. und § 93 Rn. 29, 45 ff.; Hüffer § 76 Rn. 12, 13; Großkommentar AktG/Hopt § 93 Rn. 85 f., 189; Fleischer § 7 Rn. 42; Münchener Hdb. GesR/Wiesner § 25 Rn. 5; Baumbach/Hueck § 43 Rn. 22; Schneider/Schneider ZIP 2007, 2065; MünchKomm AktG/Spindler § 76 Rn. 32, 33.
Großkommentar AktG/Kort § 76 Rn. 34, 49 f.; MünchKomm AktG/Spindler § 76 Rn. 18; Kölner Komm. AktG/Mertens § 76 Rn. 43.
Zum Ganzen vgl. BGHZ 127, 347; Kölner Komm. AktG/Mertens § 76 Rn. 4 f., 88 sowie § 93 Rn. 46; Fleischer § 8 Rn. 28 ff., 36; ders. ZIP 2003, 6; ders. AG 2003, 292 ff.; Hauschka AG 2004, 466 f.; Lutter GmbHR 2000, 304; Turiaux/Knigge