Stolz und Vorurteil & Emma. Jane AustenЧитать онлайн книгу.
Anschuldigungen. Auch das sprach ja für Darcy, dass Bingley damals auf Janes Fragen das korrekte Verhalten seines Freundes in der bewussten Angelegenheit ausdrücklich betont hatte; dass sie, so stolz und hochmütig er auch sein mochte, doch niemals während der ganzen Zeit ihrer Bekanntschaft mit ihm — und sie war doch in den letzten Wochen so häufig mit ihm zusammengekommen, dass sie darüber wohl urteilen durfte — irgend etwas an ihm bemerkt hatte, was auf einen unaufrichtigen oder wankelmütigen Charakter schließen ließ. Alle seine Freunde liebten ihn und schätzten ihn hoch. Sogar Wickham hatte zugeben müssen, dass er ein vorbildlicher Bruder sei. So zärtlich hatte er immer von seiner Schwester geredet, wie ein Mensch ohne jede liebenswerte Eigenschaft es bestimmt nicht fertiggebracht hätte. Er hätte unmöglich seine wahre Natur so lange verbergen können, wäre sie wirklich so gewesen, wie Wickham sie hingestellt hatte. Schließlich war es doch auch undenkbar, dass ein Mensch, der solcher Gemeinheiten, wie er sie begangen haben sollte, fähig war, mit einem Mann wie Bingley befreundet sein konnte.
Elisabeth fing an, sich vor sich selbst zu schämen; ob sie nun an Darcy oder an Wickham dachte, sie wusste, dass sie blind, parteiisch, voreingenommen und ganz und gar töricht gehandelt hatte.
»Wie dumm habe ich mich benommen!« rief sie aus. »Ich, die ich mir immer etwas auf meine Menschenkenntnis eingebildet habe, ich, die ich immer auf meine Fähigkeiten so stolz war! Ich, die die Hochherzigkeit und Güte meiner Schwester so oft verspottete und auf meinem eitlen, dummen Misstrauen verharrte! Wie ich mich schämen muss! Und wie recht geschieht mir! Wäre ich verliebt gewesen, ich hätte nicht blinder sein können. Aber ich war nicht verliebt; ich war einfach verbohrt! Eingebildet, eitel war ich! Freute mich über die Aufmerksamkeiten des einen, kränkte mich über die Vernachlässigung durch den anderen! Gleich von Anfang an habe ich mich an Vorurteile geklammert und die Vernunft nicht zu Worte kommen lassen. Bis zu diesem Augenblick habe ich mich selbst nicht gekannt!«
Von sich selbst wanderten ihre Gedanken zu Jane, von ihr zu Bingley und von ihm zu der Erinnerung, dass Darcys Erklärungen ihr in dieser Hinsicht sehr oberflächlich und ungenügend vorgekommen waren. Aber auch da — wie verschieden war ihr Eindruck beim neuerlichen Lesen! Wie sollte sie ihm auch in dem einen Fall Glauben schenken können, wenn sie ihm in dem anderen mit Zweifeln und Misstrauen begegnete? Er sagte, er habe von Janes Gefühlen, von ihrer Zuneigung zu Bingley nichts geahnt — und Elisabeth musste unwillkürlich an Charlottes Meinung über ihre Schwester denken. Auch konnte sie ehrlicherweise seiner Beschreibung von Jane nicht unrecht geben. Sie selbst hatte immer das Gefühl gehabt, dass die Zuneigung ihrer Schwester, so tief empfunden sie auch sein mochte, doch zu sehr hinter ihrer gleichmäßig freundlichen Miene und Haltung verborgen blieb, als dass Außenstehende sie hätten erkennen können.
Als sie wieder zu dem Teil des Briefes kam, in dem er in so kränkender und doch auch berechtigter Weise von ihrer Familie sprach, vertiefte sich ihre Beschämung noch. Sie wusste, dass sie sich selbst belog, wenn sie seine Behauptungen abstritt; der Abend auf dem Ball in Netherfield, der so sehr dazu beigetragen hatte, ihn gleich zu Anfang in seinem Urteil zu bestärken, hätte auch in seinem Gedächtnis keine peinlicheren Erinnerungen wachrufen können als in ihrem.
Das Kompliment für sie und ihre Schwester klang aufrichtig gemeint. Es konnte sie aber nur wenig über die Geringschätzung hinwegtrösten, die ihre übrige Familie selbst verschuldet hatte; und als sie sich überlegte, dass Janes ganzer Kummer und Schmerz ihr tatsächlich von ihren eigenen nächsten Verwandten zugefügt worden war und dass ihrer beider Ansehen unter dem Benehmen ihrer Familie leiden musste, überkam sie eine derart bedrückte Stimmung, wie sie sie nie zuvor empfunden hatte.
Zwei Stunden lang wanderte sie so den Weg auf und ab, verfolgte jeden neu auftauchenden Gedanken, versuchte, alles Geschehene zu Ende zu überlegen, wog Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten gegeneinander ab und gab sich Mühe, sich mit der so plötzlichen und vollständigen Umstellung ihrer Ansichten und Urteile abzufinden, bis Erschöpfung sie zwang, wieder nach Hause zurückzukehren. Mit dem festen Entschluss, den anderen ein heiteres Gesicht zu zeigen und jeden Gedanken zu unterdrücken, der sie daran hindern konnte, an der allgemeinen Unterhaltung teilzunehmen, betrat sie das Wohnzimmer.
Sie erfuhr sogleich, dass die beiden Herren in ihrer Abwesenheit einen Besuch gemacht hatten, Mr. Darcy nur kurz, um sich zu verabschieden, während Oberst Fitzwilliam fast eine Stunde auf sie gewartet habe. Elisabeth brachte es zwar fertig, ein gewisses Bedauern darüber vorzutäuschen, dass sie ihn verpasst hatte, aber innerlich freute sie sich dessen: Oberst Fitzwilliam bedeutete ihr nichts mehr; sie konnte nur noch an ihren Brief denken.
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