Kaiser und Galiläer. Henrik IbsenЧитать онлайн книгу.
ausgesprochen, daß wir christlichen Bürger mit den Heiden Umgang pflegen, gerad' als ob uns nichts voneinander trennte –
Potamon. Du meinst jenen Anschlag auf den Märkten? Den hab' ich auch gelesen. Und ich glaube, wie es echtes und unechtes Gold auf der Welt gibt, so –
Eunapios. Man soll nicht alle über einen Kamm scheren – das ist meine Ansicht. Es gibt doch, Gott sei gelobt, noch eifrige Seelen unter uns.
Phokion. Wir sind lange nicht eifrig genug, lieben Brüder! Seht nur, wie großmäulig diese Spötter tun. Oder glaubt Ihr, daß viele von den Lumpen da des Kreuzes und Fisches Zeichen an dem Arme tragen?
Potamon. Nein, – meiner Treu, gar vor der Hofkapelle ihr Gewimmel und Getümmel –
Phokion. – in solch einer hochheiligen Nacht –
Eunapios. – versperren der reinen Gemeinde den Weg –
Ein geschminktes Weib im Gedränge. Sind Donatisten rein?
Phokion. Was? Donatist! Bist Du ein Donatist?
Eunapios. Wie denn? Bist Du nicht auch einer?
Phokion. Ich? Ich! Der Blitz schlage Deine Zunge!
Potamon bekreuzigt sich. Hol' Dich die Pest –
Phokion. Ein Donatist! Du Aas! Du faulig Holz!
Potamon. Recht so! Recht so!
Phokion. Du Höllenfutter!
Potamon. Recht so! Schilt ihn, schilt ihn, lieber Bruder!
Phokion stößt den Goldschmied weg. Halt's Maul, – hebe Dich von mir! Weit von mir! Jetzt kenn' ich Dich – Du bist der Manichäer Potamon!
Eunapios. Ein Manichäer? Ein stinkender Ketzer! Pfui, pfui!
Potamon leuchtet ihm mit seiner Papierlaterne ins Gesicht. Ei! Das ist ja der Färber Phokion aus Antiochia! Der Kainit!
Eunapios. Weh mir, ich bin geraten in die Sippschaft der Lüge!
Phokion. Weh mir, – ich half einem Sohne des Teufels!
Eunapios gibt ihm eins hinter die Ohren. Nimm das als Lohn für Deine Hilfe!
Phokion schlägt wieder. O Du verruchter Köter!
Potamon. Verdammt, verdammt seid beide!
Allgemeine Prügelei; Gelächter und Gespött unter den Zuschauern.
Der Hauptmann der Wache ruft den Soldaten zu: Der Kaiser kommt! Die Streitenden werden getrennt und strömen mit den übrigen Andächtigen in die Kirche.
Lobgesang vom Hochaltar.
Die Schlange, sie lieget
Im Abgrund zernicht;
Das Lamm hat gesieget;
Auf Erden ward Licht!
Der Hof kommt in großem Aufzug von links. Priester mit Räucherfässern schreiten voran; dann Trabanten und Fackelträger, Hofleute und Leibwache. In der Mitte Kaiser Konstantios, ein Mann von vornehmem Äußeren, vierunddreißig Jahre alt, bartlos und mit braunem Lockenhaar; seine Augen haben einen finstern und mißtrauischen Ausdruck; sein Gang und seine ganze Haltung verraten Unruhe und Schwäche. An seiner linken Seite geht die Kaiserin Eusebia, eine bleiche, feine Frauengestalt, von demselben Alter wie der Kaiser. Hinter dem Kaiserpaar folgt Julian, ein noch nicht voll entwickelter Jüngling von neunzehn Jahren. Er hat schwarzes Haar und einen keimenden Bart, hat unstete braune Augen, denen ein jäher Aufschlag eigen ist; die Hoftracht kleidet ihn nicht; seine Gebärden sind linkisch, auffallend und heftig. Es folgt Helena, des Kaisers Schwester, eine üppige Schönheit von fünfundzwanzig Jahren, begleitet von jungen und älteren Frauen. Hofleute und Trabanten beschließen den Zug. Memnon, des Kaisers Leibsklave, ein Äthiopier von starkem Körperbau, prächtig gekleidet, ist unter dem Gefolge.
Konstantinos bleibt plötzlich stehen, wendet sich an Julian und fragt barsch: Wo ist Gallos?
Julian erbleicht. Gallos? Was willst Du von Gallos?
Konstantinos. Da hab' ich Dich ertappt!
Julian. Herr –!
Kaiserin Eusebia ergreift des Kaisers Hand. Komm, – komm!
Konstantinos. Es schrie das Gewissen! Was führt Ihr beiden im Schilde?
Julian. Wir?
Konstantinos. Du und er!
Eusebia. Komm doch, komm, Konstantios!
Konstantinos. Solch eine schwarze Tat! Welche Antwort hat das Orakel gegeben?
Julian. Das Orakel? Bei meinem heiligen Erlöser –
Konstantinos. Hat Euch einer verleumdet, so soll er es auf dem Scheiterhaufen büßen. Nimmt Julian beiseite. Laß uns zusammenhalten, Julian! Teurer Vetter, laß uns das!
Julian. Alles liegt in Deinen Händen, liebwerter Herr!
Konstantinos. In meinen Händen –!
Julian. O, breite sie in Gnaden über uns!
Konstantinos. In meinen Händen? Was dachtest Du von meinen Händen?
Julian ergreift seine Hände und küßt sie. Des Kaisers Hände sind weiß und kühl.
Konstantinos. Was sollen sie sonst sein –? Was dachtest Du? Da hab' ich Dich wieder ertappt!
Julian küßt sie wiederholt. Sie sind wie die Rosenblätter hier in der Mondnacht.
Konstantinos. Ja, ja, ja, Julian.
Eusebia. Vorwärts, – es ist an der Zeit.
Konstantinos. Hinein zu müssen vor des Herrn Antlitz! Ich, ich! O, bete für mich, Julian! Sie werden mir den heiligen Wein reichen! Ich seh' ihn! Er funkelt wie Schlangenaugen im Goldkelch –. Er schreit auf. Blutige Augen –! O Jesus Christus, bete für mich!
Eusebia. Der Kaiser ist krank –!
Helena. Wo ist Cäsarios? Der Leibarzt, der Leibarzt – holt ihn!
Eusebia winkt. Memnon, guter Memnon! Sie spricht leise mit dem Sklaven.
Julian gedämpft. Herr, hab' Barmherzigkeit und schick' mich weit weg von hier!
Konstantinos. Wo möchtest Du denn gern hin?
Julian. Nach Ägypten! Dahin am liebsten, – wenn es Dir recht ist! Es gehen ja so viele dorthin – hinein in die große Einsamkeit.
Konstantinos. In die Einsamkeit? So? In der Einsamkeit grübelt man. Ich verbiete Dir, zu grübeln.
Julian. Ich werde nicht grübeln, wenn Du mir nur erlauben wolltest –. Hier wächst meine Seelennot mit jedem Tage. Böse Gedanken rotten sich um mich. Neun Tage lang habe ich ein hären Hemd getragen, – und es hat mich nicht geschützt; neun Nächte lang habe ich mich mit der Büßergeißel gepeitscht, – aber auch das hat sie nicht vertrieben.
Konstantinos. Wir müssen standhaft sein, Julian! Der Teufel ist gar wirksam in uns