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Wir hatten mal ein Kind. Ханс ФалладаЧитать онлайн книгу.

Wir hatten mal ein Kind - Ханс Фаллада


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alte Seebär, das wußte keiner, er auch nicht. Boshafte behaupteten, grade als Düllmann vor einem Gewitterguss ins Haus habe treten wollen, sei eine schwarze Wolke über seine Seele gezogen, und so sei er da stehen geblieben, die Klinke schon in der Hand, im schönsten Pladdern, unter der Traufe des Dachs und unter der Traufe des Gewitters, zehn Minuten, fünfzehn Minuten, zwanzig Minuten, zweiundzwanzig Minuten. Da war die Wolke vorbei, und Kapitän Düllmann drückte auf die Klinke und ging ins Haus, klatschnaß und zitternd vom Kopf bis zu den Zehen.

      Natürlich war er auch grade zur ungeschicktesten Zeit krank geworden, zur Zeit, da jede Hand draußen zum Kartoffelstecken gebraucht wird, und da wirklich niemand zur Pflege abkommen konnte, so ließ man aus dem Dorf die alte Brommen holen. Die war zwar von der Gicht so zusammengezogen, daß sie so recht kein Glied mehr rühren konnte, außer der Zunge, die ging noch ganz fleißig. Viel zu tun hatte sie ja aber auch nicht, denn der Kranke lag meistens bewußtlos in hohem Fieber. Es saß eben jemand neben dem Bett, wie es sich schickte.

      Gegen Erwarten wurde es mit Großvater Hanning wieder, die Brommen ging ins Dorf zurück, und Kapitän Düllmann saß, noch ein bißchen unsicher mit dem Kopfe wackelnd, auf der Bank vor dem Haus in der schönen Sommersonne. Die schwarzen Wolken aber kamen genau so wie vor der Krankheit, kamen und gingen wieder.

      Es dauerte noch eine ganze Weile, bis seine Tochter, die Hedwig, merkte, die Seemannskiste stand nicht mehr in Vaddings Kammer. Da ging nun aber ein Geplärre und Geschrei los, von dem die ganze Halbinsel Fiddichow widerhallte, und Frau Gäntschow saß den lieben langen Tag beim Landgendarmen und verlangte alle Stunde von ihm, er solle ihr den Dieb mit der Kiste herbeischaffen, sonst ...!

      In dem ganzen Tumult blieb der einzig Ruhige der Kapitän Düllmann. Als der gehört hatte, seine Kiste sei weg, und begriffen hatte und darüber nachgedacht hatte, da sagte er nur: Die Kiste? Laß sie sausen! Ick heff joa den Slötel! (Schlüssel.)

      Und dabei blieb er.

      Bei den Gäntschows aber erschien eines Morgens der Gendarm, Fuß langsam vor Fuß setzend, denn die alte Brommen, gichtiger denn je, war in seiner Begleitung, und er eröffnete dem Ehepaar Gäntschow, der Brommen sei ein Gerücht zu Ohren gekommen, die Seemannskiste des Käpten Düllmann solle gestohlen sein. Es sei aber nicht an dem, sondern die Seemannskiste sei wohl aufgehoben in des Besitzers Händen.

      Oh, wie sperrten die beiden Gäntschows Mund, Nase und Ohren auf, es war, als glotzten sie fassungslos aus allen Körperöffnungen.

      Ehe sie aber noch vom Beschaulichen zum Handelnden übergingen, tat die Junge der alten Brommen einen Schlag und dann fing sie an zu laufen. Und sie berichtete von dem guten alten Papa und seiner schweren Krankheit und der grausigen Pflege, wo er doch immer gehustet hätte, daß man gemeint hätte, nun fliege ihm die Seele aus dem Leibe, und acht Nächte sei nicht zu schlafen gewesen vor solchem Husten ...

      Aber in der neunten Nacht, da hat der liebe alte Käpten die Augen aufgemacht und hat recht lieblich rot ausgesehen und hat mich gut angeschaut und hat mich freundlich gefragt: Olsch, Brommen, bist du das? Und als ich geantwortet habe: Käpten, jawohl, an Bord, und die Witfrau vom Maurer Brommen dazu – da hat er gelächelt und hat gesagt: Keiner hat sich meiner erbarmt, aber du hast dich meiner erbarmt, als ich in den Banden des Todes lag, und also will ich mich auch deiner erbarmen. Rück die Kiste her! – Und Gott hat sich meiner erbarmt und hat mir die Kraft verliehen und ich elender Wurm habe die Kiste vor sein Bett gerückt und er hat gesagt: Schließ die Kiste auf, Olsch, Brommen. Und er hat mir den Schlüssel gegeben und ich habe die Kiste aufgeschlossen und er hat mir alles gezeigt, was er von seinen vielen wilden und weiten Meeresfahrten heimgebracht hat, und dann hat er gesagt: Olsch, Brommen, schließ die Kiste wieder zu.

      Und ich habe die Kiste wieder zugeschlossen und er hat sich den Schlüssel wiedergeben lassen und hat zu mir gesagt: Olsch, Brommen, der Mensch ist willig, aber das Fleisch ist schwach. Und du nippelst gerne einen. Darum wenn ich dir jetzt schon alles schenken würde, würdest du vielleicht nachlassen in deiner huldvollen Pflege, doch die Kiste schenke ich dir. Und wenn ich zu Johanni unter den Lindenbäumen bei meines Schwiegersohns Tür sitze, dann sollst du zu mir kommen, und ich will dir auch den Schlüssel zu der Kiste geben.

      Und er ist zurückgefallen in seine Kissen und eingeschlafen und kein Fieber mehr, nur ein gesunder Schweiß. Und Gott ist gnädig gewesen und ich habe die Kiste weggeschafft an einen sicheren Ort, und weil gestern Johanni gewesen ist, und ich habe das Gerede im Dorf gehört vom Gestohlenen, aber es ist nicht so, und das nehme ich auf meinen Eid, rechts wie links, da bin ich mit dem Gendarmen her, und ich habe das feste Zuvertrauen, der Kapitän wird sich meiner erbarmen und mir den Schlüssel geben, wie er mir versprochen hat in der neunten Nacht, wo der gelinde Schweiß kam ... War es aber vorher Geplärr und Geschrei gewesen, so ging es nun los mit Drohungen und Gebrüll. Die alte Brommen rabbelte unverzagt immer dagegen an. Gar nichts half es, daß man den olen Käpten Düllmann dazu holte, der griente nur und sagte wieder seinen Spruch, daß er ja den Schlüssel habe, und wenn ihn der Gendarm auch hart befragte, wie es denn stehe um die Behauptungen der Frau Bromme, ob ja oder nein: er lächelte fernhin und himmelblau – wie ein toter Dorsch, sagte sein Schwiegersohn – und meinte, es werde sich schon alles weisen, alles zu seiner Zeit, den Schlüssel habe er.

      Es gingen aber keine zehn Wochen ins Land, da fuhren beide Parteien nach Bergen aufs Amtsgericht, Kapitän Düllmann mit Tochter Hete und Schwiegersohn Gäntschow, ganz allein aber die Brommen, gichtig, krumm und uralt, aber mit ihrer Zunge. Die Kiste indessen, vom Gendarmen bei der Witfrau in einem verlassenen Schweinekoben unter Stroh aufgestöbert und sichergestellt, war bereits an Gerichtsstelle vorausgereist.

      Da stand sie nun, schwärzlich und schmuddelig vor ungeheurem Alter und Weltbefahrenheit, aber die gezackten Eisenbänder sahen noch immer sehr solide aus und das Schlüsselloch war groß, tief und geheimnisvoll.

      Dritte Sache: Klage des Kapitäns Düllmann, vertreten durch seinen Schwiegersohn, den Bauern Malte Gäntschow, gegen Frau Josefine Ernestine Gesine Bromme zu Kirchdorf auf Fiddichow, vertreten durch nichts, auf Herausgabe einer Seemannskiste.

      Oh, wie sie sich vertrat, wie die Zunge die schmerzvollen Fiebernächte des armen Dulders wieder belebte, und die Kiste spukte ... Der Herr Amtsrichter hatte eine goldgeränderte Brille und einen schönen schwarzen Vollbart. Hören Sie mal, sagte er. Was war denn nun eigentlich in der Kiste drin?

      Tjä! Herr Gerichtsdirektor, wenn ich es sagen sollte. Es ging aber alles sehr geschwinde, und den armen Kapitän schüttelte so das Fieber.

      Na, irgendwas müssen Sie doch gesehen haben?

      Jawohl. Jawohl. Es glänzte und es gleißte – und die Augen flossen einem über.

      Gold –? Edelsteine?

      Gold, Herr Gerichtsdirektor? Edelgestein? Da waren ja wohl, wie es in der Schrift heißt, alle Schätze Salomos darin, daß einem alten Christenmenschen das Weinen ankam, wenn er das sah. Aber ich hab' immer gesagt, wie der alte Kapitän Düllmann ...

      Es wird von Goldbarren geredet, lockte der Amtsrichter. Auch von Armbändern ...

      Armbänder, Herr Gerichtsdirektor, sagte die Alte verächtlich. Armbänder! Da müssen ja wohl güldene Ringe um den ganzen Leib sein, wie die nackigen Wilden sie tragen. Und Steine so groß wie Hühnereier, wie Gänseeier ... Sie suchte.

      Edelsteine? fragte der Richter.

      Edele Steine, ja, das gleißte nur so, das flimmerte ...

      Das wissen wir nun, sagte der Richter. Ich möchte aber lieber eine exakte Beschreibung haben, gute Frau, was Ihnen der Herr Kapitän in der Kiste gezeigt hat. Also jedenfalls Ringe, große, goldene Ringe ...

      Leibringe, sagte Frau Bromme ergänzend.

      Schön. Und was noch? Geld zum Beispiel?

      Geld? Natürlich ist Geld in der Kiste! sagte die Brommen wieder wegwerfend, entrüstet über so viel Unverstand.

      Goldgeld? Silbergeld?

      Silbergeld –? So eine Kiste gibt es ja wohl nicht auf der lieben Welt, in die so viel Silbergeld ginge, wie der Kapitän hätte, wenn er was hätte. Alles schieres Gold,


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