Wege aus der Depression. André SternbergЧитать онлайн книгу.
weiß also, wenn ein Mensch über einen längeren Zeitraum von mehreren Wochen antriebsschwach ist, Schlafstörungen hat, sich minderwertig fühlt und sich nicht mehr konzentrieren kann, dann liegen Depressionen nahe. So erstellt der Facharzt die Diagnose „Depression“, die je nach Art der Symptome, etwa bis zu Suizidgedanken, in folgende klassische Stufen nach den 2006 festgelegten Versionen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aufgeteilt wird:
F32.0: Leichte depressive Episode: Der Patient fühlt sich krank und sucht ärztliche Hilfe, kann aber trotz Leistungseinbußen seinen beruflichen und privaten Pflichten noch gerecht werden, sofern es sich um Routine handelt.
F32.1: Mittelgradige depressive Episode: Berufliche oder häusliche Anforderungen können nicht mehr oder - bei Tagesschwankungen - nur noch zeitweilig bewältigt werden.
F32.2: Schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome: Der Patient bedarf ständiger Betreuung. Eine Klinik- Behandlung wird notwendig, wenn das nicht gewährleistet ist.
F32.3: Schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen: Wie F.32.2, verbunden mit Wahngedanken, zum Beispiel absurden Schuldgefühlen, Krankheitsbefürchtungen, Verarmungswahn und andere.
F32.8: Sonstige depressive Episoden
F32.9: Depressive Episode, nicht näher bezeichnet
Ist Depression eine Krankheit?
Depression bedeutet dabei nicht, einfach nur mal traurig zu sein. Depression ist eine Krankheit, die lebensbedrohlich sein, aber auch gut behandelt werden kann. Mittlerweile weiß man, dass ein gestörter Gehirnstoffwechsel dahintersteckt: ein Mangel an bestimmten Gehirnbotenstoffen.
Bei allen Depressionsbetroffenen liegt eine Stoffwechselstörung im Gehirn vor. Depressive haben zu wenig Serotonin, Noradrenalin und ein paar andere Substanzen im Gehirn. Noradrenalin und Serotonin sind Botenstoffe (Neurotransmitter). Sie sorgen für den Informationsaustausch zwischen den Gehirnzellen (Neuronen). Hat man zu wenig von diesen Substanzen, dann sind Störungen bei Schlaf, Selbstwertgefühl, Antrieb, Denken und Stimmung die Folge. Solche Störungen nennt man Depression.
Allerdings gehört ein weiteres Merkmal dazu, um sie als Depression zu klassifizieren: Sie müssen über Wochen und Monate anhalten und können sich zudem dann noch verstärken. Ferner gehört zur Diagnose Depression, dass sie den Betroffenen in seinem persönlichen oder beruflichen Umfeld beeinträchtigen müssen. Deshalb ist eben auch eine leichte depressive Störung keine Befindlichkeitsstörung, sondern eine ernst zu nehmende Erkrankung, und eben die muss behandelt werden – und zwar von Fachleuten!
Der Mangel an Botenstoffen im Gehirn führt zu Hoffnungslosigkeit und Leistungsmängeln und allen anderen quälenden Symptomen. Mit verschiedenen Behandlungsformen wie zum Beispiel Antidepressiva, Ausdauertraining, Psychotherapie und Lichttherapie wird der gestörte Gehirnstoffwechsel wieder ins Gleichgewicht gebracht. Die depressiven Symptome verschwinden nach und nach. In gesunden Zeiten ist ein Betroffener genauso leistungsfähig, belastbar und gesund, wie jeder andere Gesunde es auch ist.
Man hat festgestellt, dass Licht bei Depressionen eine große Rolle spielt. Nicht umsonst spricht man von der Winterdepression. Gerade in den dunklen, regnerischen Monaten verfallen viele Menschen in eine depressive Stimmung. Man nennt das dann eine saisonabhängige Depression (SAD). Die Wissenschaft hat längst nachgewiesen, dass Sonnenlicht oder helles Licht aus künstlichen Quellen die Konzentration von Serotonin deutlich steigert. Ein Lichtmangel stört die innere Uhr. Menschen im Schichtbetrieb oder auch der Jet Lag bringen die innere Uhr aus dem Konzept – bis hin zur Depression.
Depressionen sind zudem auch vererbbar. Man hat nachgewiesen, dass derjenige anfälliger ist, an einer Depression zu erkranken, der in der Familie auf genetische Vorbelastungen stößt. Es kann auch andere Gründe geben, warum der Stoffwechsel im Gehirn aus dem Ruder geraten ist, zum Beispiel:
Eine Gehirnverletzung oder Gehirnerkrankung wie Entzündung und Tumor, Schilddrüsenerkrankung oder Schlaganfall
Drogenmissbrauch
Medikamenten-Nebenwirkungen
Vergiftungen durch Formaldehyd, Schwermetallionen oder organische Quecksilberverbindungen
Geburt (Wochenbettdepressionen), Menstruation (Regelblutungen) oder Klimakterium (Wechseljahre)
Mangelernährung wie zu geringe Flüssigkeitszufuhr, zu wenig Vitamin B, Zink oder Magnesium.
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