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Tahiti. Gerstäcker FriedrichЧитать онлайн книгу.

Tahiti - Gerstäcker Friedrich


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wie Kinder zwischen die Leute, befühlten das Zeug ihrer Kleider, lachten über ihre Bärte und Schuhe, und sprangen und sangen, als ob ste schon Jahre lang mit thuen bekannt gewesen wären. Der Tauschhandel ging indessen rüstig vor sich; gegen Messer und Tabak, Kattune und Glasperlen brachten ste Massen der herrlichsten Früchte, besonders vortreffliche Orangen und Brodfrucht. So, während der Harpunier unter einem stattlichen Pandanus saß, die ihm gebrachten Waaren musterte, und bestimmte, was er dafür geben wolle, mischten sich die Leute, von denen nur Einer bei dem Boot blieb, ebenfalls unter die Eingebornen, die wenigen mitgebrachten Kleinigkeiten gegen Früchte und Muscheln zu vertauschen. Diesen Zeitpunkt benutzte Rcné, nahm sein kleines Bündel und verlor sich damit im Dickicht. Von den Eingeborenen sahen ihn vielleicht einige, achteten aber nicht auf ihn, und die Leute vom Schiff waren viel zu sehr mit sich selber und ihrer Umgebung beschäftigt, sich um irgend etwas Anderes zu bekümmern.

      Zwei Stunden später etwa, als der Harpunier Alles weggegeben, was er mitgebracht, und sein Boot fast gefüllt war /14/ mit all' den Massen von Sachen, die er dafür eingetauscht, rief sein Befehl die Leute wieder zusammen, und er stieg selber in's Boot, an Bord zurückzukehren.

      „Wo ist René!" frug er mit einem Blick über die Mannschaft.

      „René!" tönte der Ruf der Matrosen - „oh René!"

      Kein René ließ sich blicken, und Niemand wußte, was aus ihm geworden, ja ein paar bezweifelten, daß er überhaupt mit an Land gekommen sei, so hatte sie das Neue der Scene in Anspruch genommen. Jedenfalls fehlte aber ein Mann, und der Officier wußte auch, daß er bei der Herüberfahrt seine volle gewöhnliche Besatzung gehabt.

      „Damn it!" rief der Harpunier endlich im Boot, in dem er seinen Sitz schon wieder eingenommen, in die Höhe springend - „er ist fort, die Pest über den Halunken; aber den wollen wir bald wieder haben. - Bleibt Ihr hier im Boot, bis ich zurückkomme!" rief er dann seinen Leuten zu, und über die Sitze wegspringend, eilte er wieder an Land und wandte sich dort an einen der Eingeborenen, der eine Art Oberherrschaft über die anderen auszuüben schien.

      „Hallo, Freund!" redete er ihn an, „Einer von meinen Leuten ist mir weggelaufen, könnt Ihr ihn wieder fangen, und was wollt Ihr dafür haben?"

      „Hat er Gewehr mit?" frug der Alte ziemlich vorsichtig, denn er schien danach den Preis des Einfangens bestimmen zu wollen.

      „Nein, kein Schießgewehr, vielleicht nicht einmal ein Messer," lautete die ermuthigende Antwort.

      Die Eingeborenen fingen jetzt eifrig an untereinander zu verhandeln, und zwar in so rascher und oft eigenthümlicher Sprache, daß der Amerikaner selber nicht verstehen konnte, was sie mitsammen hatten. Aus ihren Bewegungen wurde es ihm jedoch bald deutlich, denn zwei davon gingen nach einem besondern Theil im Busch und untersuchten hier die Fährten, und ihren Gesticulationen nach schien cs, als ob der Flüchtige sich dort hinein gewandt habe. Der alte Indianer zeigte sich auch bald erbötig, ihm den Mann wieder zu verschaffen; seine Forderung dafür war aber ziemlich bedeutend; er wollte /15/ Kattun und Messer, etwas Tabak und in der That ein wenig von Allem haben, und als Jener endlich einwilligte, ihm das Alles zu geben, hatte er noch ein Beil und ein Hemd und mehrere andere Kleinigkeiten vergessen. Der Harpunier wußte übrigens, daß sich der Capitain nicht lange hier aufhalten wollte und über die Flucht des Mannes wüthend sein würde; er sagte dem Alten seine sämmtlichen Forderungen zu, vorausgesetzt daß sie mit dem Gefangenen am Ufer wären, sobald sie mit dem Boot und den verlangten Sachen wieder vom Schiff zurück sein könnten.

      Dies abgemacht, stieß das Boot augenblicklich vom Lande, die eingetauschten Früchte mit der fatalen Nachricht an Bord zu bringen und den Fanglohn für den Entflohenen herüber zu holen, während die Eingeborenen indessen wie Spürhunde den einmal angenommenen Fährten des Flüchtigen nachliefen..

      2.

       D ie Flucht, und welchen Dolmetscher René fand.

      René war, als er sich nur einmal außer dem Bereich seiner Kameraden sah, einem der nächsten Hügel zugeeilt, und selbst das schien gerade kein kleines Unternehmen, denn an den Provisionen, die er sich für ein Hemd eingetauscht, trug er mehr und schwerer, als er gut durch das Dickicht bringen konnte. Er wußte aber, was ihm bevorstand, wenn er von den Leuten des Delaware wieder eingefangen wurde.

      Als er hügeligen Boden erreichte, wurde seine Flucht dadurch sehr erleichtert, daß er cultivirtes und eingefenztes, wenn auch durch Unkraut ziemlich arg überwachsenes Land traf. Dort hatte er sich wenigstens durch keine verwachsenen Büsche mehr Bahn zu brechen und konnte sein Terrain ein /16/ wenig freier übersehen. Blieb er da in der Nähe, so brauchte er auch keinen Mangel an Lebensmitteln zu fürchten, denn die Guiaven standen mit Früchten bedeckt. Nur die Cocospalmen reichten nicht so weit hinauf, doch sah er hier in den Feldern eine Masse Wassermelonen, die ihn reichlich dafür entschädigen konnten. Weiter durfte er sich für jetzt aber nicht beladen, denn er trug schon, was er überhaupt tragen konnte, und die Hitze war groß.

      Durch die Felder ging das auch ganz gut, oberhalb dieser wurde das Dickicht aber wieder so schlimm wie je, und die Guiavenbüsche schienen hier eine fast undurchdringliche Hecke zu bilden. Nur erst, wo diese endlich aufhörten, und mit ihnen jede Art von Frucht, begannen hohe dunkle Kasuarinen, die einen weit besseren Durchgang gewährt hätten, wären nicht so viele trockene und dürre Aeste von ihnen abgestürzt gewesen.

      Aber er mußte hindurch, und das war ein tüchtiges Wort, ihn alle Schwierigkeiten mit leichtem Muth überwinden zu lassen. Hier wurde der Grund auch steinig, und als er den höchsten Punkt endlich erreichte, fand er zu seiner Freude einen kleinen felsigen Platz, den er sich selber nicht hätte schöner und passender zu einem Castell ausbauen können, als es die Natur für ihn gethan. Zehn Fuß war er dort oben von allen Seiten frei, und das bröckelige Gestein, was den steil auflaufenden Gipfel bildete, konnte ihm im Anfang eben so wohl zum Verbergen, als später, sollte er gefunden werden, als Waffe dienen, es auf irgend einen andringenden Feind nieder zu rollen.

      Mit einem Triumphruf nahm er von dieser kleinen Festung Besitz, und als er oben seine Last abgeworfen und sich die nassen Haare aus der Stirn gestrichen hatte, sagte er lächelnd:

      „Beim Himmel, mit Adolphe und zwei guten Gewehren wollt' ich mir hier die ganze Besatzung des Delaware vom Leibe und einen ordentlichen Sturm abhalten. - Ha - 1e Delaware!" unterbrach er sich plötzlich, selber überrascht, und fast unwillkürlich trat er hinter einen der Felsblöcke, denn als er den ersten Blick nach außen warf, sah er, daß er frei über das Meer schauen konnte. Dort oben lag sein altes /17/ Schiff so klar und nah vor ihm, die einzelnen Leute an dessen Bord zu erkennen. Mit dem Glas mußten sie im Stande sein, ihn, sobald er sich nur frei zeigte, vollkommen gut zu unterscheiden. Er sah selbst, wie die Leute an Bord kletterten.

      Jedenfalls war er also schon vermißt und mußte darauf gefaßt sein, daß ihn die Eingeborenen aufspüren würden, denn mit seiner Ladung hatte er an vielen Stellen eine ziemlich breite und tiefe Fährte zurückgelassen. Die kurze Zeit also, die ihm bis dahin blieb, wollte er benutzen, sich noch so gut als es anging zu befestigen, nachher dem Schicksal und seinem guten Glück das Uebrige zu überlassen. Er war jung und ein Franzose - also weit davon entfernt, sich Sorgen vor der Zeit zu machen.

      Schießwaffen trug er, zwei kleine Terzerole ausgenommen, keine; außer diesen aber ein langes zweischneidiges schweres Messer in lederner Scheide, wovon er sich die meiste Hülfe versprach, und ein trotziges, fast muthwilligcs Lächeln überflog seine schönen Züge, als er die beiden kleinen Pistolen aus der Tasche nahm und vor sich auf die Steine legte.

      „Es sind zwar keine Zweiunddreißigpfünder," sagte er dabei lachend vor sich hin, „und ich weiß in der That nicht einmal, ob sie überhaupt losgeheu werden, aber sie haben doch Mündungen, und ist den Eingeborenen hier schon überhaupt jemals ein solches Instrument wie eine Pistole zu Gesicht gekommen, so müßte ich mich sehr irren, wenn ich nicht glauben sollte, die ganze Insel damit von mir abzuhalten. Kurze Frist werden sie mir aber doch wohl Ruhe lassen, und die will ich wenigstens benutzen, meinen Körper ein wenig zu restauriren und mit Speise und Trank zu erquicken."

      Damit schnürte er wohlgemuth sein Bündel wieder auf, in dem er auch ein paar Schiffszwieback


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