Herzensangelegenheit. Nicole SeidelЧитать онлайн книгу.
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Nicole Seidel
Herzensangelegenheit
7 Geschichten über ...Männer
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Inhaltsverzeichnis
Julian
Sein Klavierspiel war das eines Gottes. Die Hingabe an die Musik unvergleichlich. Und seine Gestalt schien nicht von dieser Welt.
Er - Julian Ardena - war ein hoch gewachsener, schlanker Mann. Seine Gestiken und Bewegungen waren so fließend und vollendet, wie bei einem erfolgreich jagenden Panther. Sein lichtblondes Haar fiel ihm seidenweich um das asketisch-anmutende, etwas spitzfindige Gesicht mit den klaren, blau-grünen Augen.
In all seinem Tun - wenn er vor staunendem Publikum Klavier spielte; oder nur bei Partys als Gastgeber fungierte - war er perfekt, vollkommen und unübertrefflich.
Und lernte man ihn kennen, schüttelte seine begnadeten Hände oder erhaschte nur einen Blick in seine leuchtenden Augen, dann war es meist um einen geschehen und man war ihm verfallen – dies galt besonders für Frauen.
Als ich ihn zum ersten Mal persönlich sah, war dies bei einer kleinen Party gewesen, nach einem seiner gelungenen Konzerte. An der Seite eines Starfotografen, den ich nur sehr flüchtig kannte, verschaffte mir die Möglichkeit, an der Party teilnehmen zu können. Doch obgleich ich schon über eine Stunde anwesend war, hatte man mich ihm noch nicht vorgestellt und ich war ihm noch nicht näher begegnet.
Mit einem halbleeren Glas in der Hand spazierte ich durch die grell erleuchteten Räume und fand schließlich auch eine Tür, die nach draußen auf die Veranda führte. Die klare Nachtluft tat mir gut und der Eichenbaum in meiner Nähe erinnerte mich an mein Zuhause, das ich schmerzlich vermisste.
„Guten Abend, schöne Frau!” Unbemerkt war Julian Ardena an mich herangetreten.
Ich wandte mich zu ihm herum. „Guten Abend, Mister Ardena. Sie haben wunderbar gespielt.” Ich lächelte.
„Nennen Sie mich Julian.” Seine Stimme war so verzaubernd, wie sein perfektes Aussehen.
„Ich werde Nadine genannt.”
Wir unterhielten uns noch einige Zeit über Dies und Das. Einige Male traten andere Gäste an uns heran und es war mir sogar noch gegönnt, einen Walzer mit ihm zu tanzen. Es war mir möglich, mich mit ihm zu verabreden, was mir mehr als nur einen boshaften Blick seiner derzeitigen Freundin einbrachte.
An einem Mittag trafen wir uns zu einem Kaffee in einem seiner Lieblings-Straßencafés. Ein anderes Mal spazierten wir am Ufer des Flusses entlang, der durch die Großstadt floss, in der wir lebten. Und an einem weiteren Abend entdeckte man uns im Theater, wie wir uns ein neumodisches Stück ansahen. Danach hatten wir ein kleines Essen und Tanz eingeplant, aber mir war an diesem Abend übel geworden.
Bei unseren Treffen unterhielten wir uns viel, meist über die Menschen und die Welt. Wir hatten auch viel zu lachen; er scherzte gerne, doch nicht auf Kosten anderer oder sonst irgendwie boshaft.
Er war der Liebreiz in Person, ganz ein Mystiker - einfach ein Elfe.
Ich wurde vorsichtiger, nun da ich ihn näher kennenlernte, denn ich durfte meine Mission nicht vergessen. Doch dies begann mir schwer zu fallen, als ich seinem Liebreiz verfiel.
Man erzählte mir, dass Julian zum Verräter geworden war und sogar einen Bruder unserer Königin beinahe getötet hätte. Auf seiner Flucht hatte Julian etwas mit sich genommen, das ich nun zurückholen sollte. Der Elfe hatte gegen jede mögliche Regel unseres unterirdischen Reiches verstoßen. Man hatte ihn verbannt. Doch dies war bereits viele Jahre vor meiner Geburt geschehen.
Nun, da die Menschen nicht mehr an die Elfenmythen glaubten und unser Platz auf der Erde rar wurde, drohte uns die Vernichtung und wir brauchten den Gegenstand, den Julian damals mit sich genommen hatte. Darum schickte mich das Elfenvolk los. Julian kannte mich noch nicht. Und ich musste den gestohlenen Kelch, gleich dem heiligen Gral, zurückbringen. Ich musste nun Julians Vertrauen gewinnen, um ihm seinen wahren Elfenname ins Ohr zu flüstern. Dieser wahre Elfenname machte ihn dem gegenüber wehrlos, der ihn ausgesprochen hatte.
Man hatte mich für diese Aufgabe ausgesucht und mir seinen wahren Namen verraten, den nur noch sehr wenige wussten. Und es war nun die Zeit gekommen, meinen Auftrag zu erfüllen.
Endlich hatte mich Julian zu sich nach Hause eingeladen. Sein Heim zu beschreiben wäre sinnlos gewesen, denn als Elfe - wenn auch vermenschlicht und verbannt - hatte er einen phantastischen, verzaubernden Geschmack. Und es kam fast wirklich einem Himmelsschloss in Tierna’na Oge gleich, sah man einmal davon ab, dass er Erdenmaterial benutzen hat müssen.
Er empfing mich. Wir aßen zusammen bei Kerzenlicht in seinem großzügigen Wohnzimmer. Und setzten uns dann auf die weichen Felle vor dem Kamin, umhüllt von Kissen, jeder ein Glas in der Hand.
Wir trugen beide weiße und grüne Kleidung. Er war wunderschön. Fast zu schön, um ein Verräter zu sein. Doch ich besann mich meines Auftrags.
Zunächst saßen wir dicht beisammen, sprachen und scherzten miteinander. Bis er näher an mich rückte. Seine Hand legte sich um meine Schulter und seine wundervollen Lippen lagen dicht an meinem Ohr, um mir Gedicht von Percy Shelley zu rezitieren.
Der Champagner schien mir zu Kopf zu steigen, mir wurde glühend heiß.
Da durchfuhr mich ein eiskalter Blitz. Er durfte mich keinesfalls küssen, sonst war ich verraten und verloren!
Ich versuchte von ihm fortzurücken, doch er hielt mich. „Was ist auf einmal mit dir?” fragte er.
„Bitte Julian, nicht so schnell”. erwiderte ich voller zurückhaltender Leidenschaft. Sollte ich jetzt damit beginnen? Günstig wäre es. „Julian?”
„Ja, Nadine?” Er rückte wieder näher.
Ich konnte seinen sanften Atem auf meiner Haut spüren. „Ich... Du...” Wie sollte ich beginnen? Da sah ich ihm einfach tief in seine blauen Augen und sagte kurzerhand: „Ardoniel.”
Er fuhr zusammen, sichtlich erschrocken über dieses eine Wort, und dadurch verriet er sich. „Woher?”
„Ich bin aus deinem Volk. Meine Königin schickt mich. Sie will ES zurückhaben.” Meine Stimme war fest, fast grausam.
„Niemals gebe ich den Kelch zurück!” Er war aufgesprungen, starrte mich finster an. Bereits in diesem Augenblick begann er mich zu hassen.
Es tat mir weh, diese Veränderung zu sehen. Ich hasste nun