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Nach Amerika! Bd. 2. Gerstäcker FriedrichЧитать онлайн книгу.

Nach Amerika! Bd. 2 - Gerstäcker Friedrich


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,season’ erlegt und wie viel coons25 sie in ihrem letzten crop (Ernte) im Maisfeld mit den Hunden gefangen oder geschossen hätten. Auch die Pferde und Rinder der Nachbarn kannte er persönlich, wußte jeden Flecken an ihnen, jeden Brand26 anzugeben, zeigte ihr auch den Platz, als sie daran vorbeifuhren, wo im vorigen Jahr der Panther ein junges Füllen erwürgt und beinahe auch noch gefressen hätte, wäre er nicht glücklicherweise (freilich zu spät, um es vor dem Erwürgen zu bewahren) dazugekommen, und ging dann speziell in seiner Unterhaltung auf die deutschen Einwanderer über, von denen, wie er meinte, ein ,heap’ die letzten Jahre herübergekommen sein müßten, denn am Cashriver hätte er zwei gesehen und nach Little Rock wäre eine ganze Familie gekommen, der Mann, die Frau und drei oder vier Kinder. In Little Rock wären überhaupt eine Menge Deutsche, es wimmelte ordentlich davon – er allein kannte sechs oder sieben, und Charley Fischer sei der Fidelste von allen, und ,a monstrous smart hand too!’ – ungeheuer schlau und pfiffig – und hätte ihm neulich einmal (vor drei Jahren) einen ganz faulen Western-Reservekäse27 aufgehangen, was er ihm aber nicht besonders übelzunehmen, sondern sich eher darüber zu freuen schien, daß er das fertiggebracht.

       Nur von dem ,Grafen Olnitzki’ wußte er wenig oder gar nichts zu erzählen, seine ,old lady’28 kannte er gar nicht, hatte sie nie gesehen und glaubte auch nicht, daß sie viel aus der range (eigentlich Weideplatz, aber auch von Ansiedlungen gebraucht) herauskäme. Old Nitzky, wie er ihn unverdrossen nannte, sollte übrigens a powerful hand (sehr geschickt) mit der Büchse ein, und viele Hirsche und auch schon einige Bären geschossen haben. Jetzt war er lange nicht ,in die Ansiedlungen’ gekommen, aber er konnte sich noch recht gut auf ihn besinnen, denn er war ein großer, starker Mann und trug ,das ganze Gesicht voller Haare’.

       Wenn aber der Führer ihr auch keine näheren Nachrichten über die geben konnte, deren Schicksal ihr so sehr am Herzen lag, und die es sie so glücklich machte, nach so langer Trennung wieder zu sehen, so war er doch in so mancher anderen Art praktisch und unendlich gutmütig. Er brach ihr einen Sassafrasbusch ab, um sich damit der dann und wann zu ihnen kommenden Moskitos zu erwehren, und hielt einige Male besonders an, um ihr einen Hut voll saftiger, zuckersüßer Persimonen29, die dort in Masse wuchsen, zu suchen und zu bringen, oder wilde Weintrauben zu pflücken, die von manchen Bäumen in schweren, blauen Massen niederhingen. Auch die Muscadinebeeren30, vor deren häufigem Genuß er sie des kalten Fiebers wegen warnte, mußte sie kosten, und die lange, fast widerlich süße Papaofrucht31. Wie sie dann weiter in den Wald hinein- und von den dem Fluß zunächst liegenden Ansiedlungen abkamen, zeigte er der Fremden hier und da die rasch erspähte Gestalt eines flüchtigen Hirsches, der stutzte, als er das Knarren der Räder hörte, und den schönen Kopf mit dem wunderlich gebogenen Geweih zurückwerfend, flüchtig über die Büsche hinweg in das Dickicht setzte; oder das häßliche, aber komische Opossum32, das amerikanische Beuteltier, das, eigentlich nach Australien gehörig, nur aus Versehen hier von der Natur geschaffen scheint, wie es scheu über den Weg lief oder rasch an niederhängenden Weinreben emporklomm, um einer vermuteten Gefahr zu entgehen. Manchmal hielt er sogar an, um ihr auf der Straße selber Bären-, Wolfs- und Panterfährten zu zeigen, die sie hier auf ihren nächtlichen Wanderungen in den weichen Boden eingedrückt, und tat überhaupt alles, was in seinen Kräften stand, um der jungen Dame den langen, etwas monotonen Waldpfad soviel als möglich zu verkürzen.

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       So zogen sie den langen Weg dahin; die Straße war breit ausgehauen, zeigte aber nur wenig Gleise, mehr Hufspuren und fast noch mehr die Fährten wilder Tiere. Dann und wann passierten sie eine große Ansiedlung, und gegen Mittag hielten sie sogar an einem Ort, dessen drei oder vier Blockhütten den stolzen Namen einer Stadt beanspruchten. Die Leute dort, ein einziger Farmer mit seinem Bruder, der einen kleinen Laden hielt, waren aber nicht stolz auf diese Bevorzugung vor den Nachbar clearings, bestellten ihr Land noch selber und machten neues urbar, um nicht etwa Häuser darauf zu bauen, sondern Mais hineinzupflanzen.

       Dort wurde ein frugales Mittagsmahl eingenommen, da fast sämtliche Farmer in den westlichen Wäldern, wenigstens alle, die an einer Haupt- oder Countystraße wohnen, darauf eingerichtet sind, Fremde zu beherbergen und zu speisen. – Wirts- und Gasthäuser gibt es dort nur sehr wenige; Bargeld haben die Leute auch sehr wenig in ihrem gegenseitigen Verkehr: da wird denn das Fremdenbewirten gewissermaßen zu einer Erwerbsquelle, der sie sich umso lieber widmen, als sie wenig mehr Auslagen dabei haben, wie ein paar Betten mit Matratzen und wollenen Decken herzustellen. Die alte, westliche G a s t – f r e u n d s c h a f t , wie sie in früheren Zeiten Sitte war, geht dabei freilich verloren; eine Mahlzeit kostet einen Vierteldollar, ein Pferd zu beherbergen von einem viertel- bis halben Dollar, je nach der Gegend, das Bett für den Gast einen ,Bit’33 bis einen Vierteldollar, oder Nachtlager mit Abendbrot und Frühstück für einen Reiter gewöhnlich einen Dollar. Daß sie jemanden umsonst beherbergen könnten, fällt ihnen nicht ein; hat aber ein armer Teufel wirklich kein Geld und sagt er ihnen das gleich von vornherein, ehe er etwas verzehrt und genossen hat, so wird ihm selten ein Amerikaner alles das versagen, was er ihm sonst nur gegen Zahlung gegeben hätte.

       Im Wald selbst, das heißt, ab von der Straße, wohin kein ausgehauener, von Geschäftsreisenden betretener Weg führt, und wohin sich nur der Jäger dann und wann verliert, ist das ganz etwas anderes. Der Wanderer teilt da Tisch und Bett mit seinem Wirt, und am Morgen, fragte er wirklich, was er dafür schuldig sei, lautet die Antwort: «Das Wiederkommen, Fremder; für das, was Ihr gehabt, wart Ihr willkommen.» - «Lieber Gott, es war wenig genug, was wir Euch bieten konnten», setzt die Frau auch wohl hinzu.

       So wenig neugierig die Leute auch gewöhnlich dabei sind, was der Reisende treibt, woher er kommt, wohin er geht, wenn sie ihn auch manchmal im Laufe des Gespräches danach fragen, so erstaunt waren hier die Waldbewohner, eine ,lady’ im wahren Sinn des Wortes, in seidenem Kleid und Hut, mit Handschuhen an den Händen und Ringen an den Fingern, mit einem Schleier vor und anderen ,fixins’, wie sie’s nannten, a l l e i n im Wald zu sehen. Wenn sie es aber auch nicht wagten, die Dame selbst nach alledem zu fragen, was sie gern von ihr wissen mochten, und was ihnen fast das Herz abdrückte vor Neugierde, so stahlen sie sich doch einzeln hinaus, wo Billy Jones Mann die Pferde versorgte, um von diesem herauszubekommen, was die fremde Dame vermocht haben konnte, eine so abenteuerliche Fahrt allein zu unternehmen.

       Billy Jones Mann wußte aber nicht mehr, als daß die Dame mit einem Dampfer nach Little Rock gekommen sei – das verstand sich ohnedies von selbst – und nach Old Nitzkis Farm irgendwo im Busch drin, Nordost von der Oakland Grove, hinüber wollte; es müßte wohl eine Verwandte von Old Nitzki oder seiner Frau sein.

       Die Damen hätten sich übrigens die Mühe ersparen können, denn Fräulein v. Seebald kam ihnen bei Tisch auf halbem Weg entgegen, erzählte ihnen, daß sie ihre Schwester aufsuchen wolle, die sie in zehn Jahren nicht gesehen, und die hier, unfern von Oakland Grove, an den Grafen Olnitzki verheiratet sei, und frug jetzt selber, ob keine der Frauen sie vielleicht kürzlich gesehen habe, und wie es ihr gehe.

       Niemand kannte sie – ein Mann wohnte allerdings dort oben im Wald, der so hieß, er war auch verheiratet, aber noch nie hierher zu ihnen gekommen, hatte wenigstens nie an ihrem Hause angehalten. Es sollte übrigens vortreffliches Land sein, wo er wohnte – nur ein wenig sumpfig.

       Und wie weit war es noch bis dorthin?

       Ih nun, nicht mehr so weit; in ganz gerader Richtung hätte es kaum vielleicht mehr als zwölf englische Meilen sein können, aber es führte, eines dazwischen liegenden Sumpfes wegen, kein Weg direkt dorthin; nur die Jäger kamen manchmal da hinein, es war ausgezeichneter Jagdgrund. Wer sonst hinüber wollte, mußte über Rosemores Farm; von da führte ein ziemlich betretener Pfad hinüber nach der Richtung, wie der alte Mann, dem das Haus hier gehörte, meinte, und er glaubte auch gehört zu haben, daß ein Pole da drüben ein ,Improvement’ habe.

       Fräulein v. Seebald begriff gar nicht, daß Graf Olnitzki, der doch von seiner Farm aus einen lebhaften Verkehr mit Little Rock, der Hauptstadt, unterhalten mußte, hier so wenig gekannt sei; oder gab es vielleicht einen anderen Punkt im Inneren, wohin er seine Produkte absetzte?

      


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