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Reisen Band 2. Gerstäcker FriedrichЧитать онлайн книгу.

Reisen Band 2 - Gerstäcker Friedrich


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so leicht zu liefern, da er sich schlauer Weise sämtlicher Zeugen dabei - unter ihnen selbst eine von seinen Frauen - auf sehr summarische Weise mit der Kriegs- keule entledigt hatte.

      Außer diesem war die Polizei noch hinter zwei anderen von den Teufeln, Namens Bill und Peter, her, die ebenfalls Weiße ermordet und die Körper einfach in den Busch geworfen hatten. Es war ihr noch nicht gelungen, sie einzufangen, und einer der Policemen meinte treuherzig: ich würde ihnen wohl auf meinem Weg begegnen.

      Gern hätte ich mir nun, nach diesen allerdings nicht gerade beruhigenden Nachrichten, einen Schwarzen von hier zum Begleiter mitgenommen, aber dasselbe wurde mir darüber hier wie auch schon in Albury und Sidney gesagt: daß ich /103/ erstens keinen bekommen würde, der die Tour mit mir machte, und zweitens, geschähe das wirklich, nur noch größerer Gefahr ausgesetzt bliebe, als wenn ich allein und nur gut bewaffnet ginge, denn nicht sowohl Raublust sei es oft, was die Stämme dazu treibe, den einzelnen Wanderer, besonders aber Einzelne eines andern Stammes anzufallen, als eine Art religiösen Wahnsinns und Aberglaubens, der aber dann, sobald man ihm einmal in den Weg geworfen wird, natürlich noch weit gefährlicher ist, als bloßes Raubgelüste und Blutdurst irgend eines wilden Stammes.

      Diese Wilden hier glauben nämlich an keinen natürlichen Tod, und jeder, der von dem Stamm stirbt, ist - ihrer Meinung nach - das Opfer der Zauberei irgend eines andern Stammes geworden. Diese Zauberei kann auf verschiedene Art ausgeübt werden, doch die Art und Weise bleibt ihnen gleich, sie halten sich an das Resultat. Die Weiber bekleben sich nun mit weißem Thon und heulen und schreien, jammern und wehklagen, bis die Männer - selber zur Verzweiflung getrieben - hinausziehen und das Fett irgend eines erschlagenen Feindes als Sühnopfer dem Toten in das Lager bringen. Nun verwandelt sich der bisherige Jammer plötzlich in Freude, und die Manen des durch Zauberei Hingerafften sind jetzt, ihrer Meinung nach, vollkommen beruhigt.

      Die natürliche Folge hiervon muß sein, daß die einander benachbarten Stämme fortwährend in grimmigster Feindschaft leben und sich gegenseitig nicht über die selbstbestimmten Grenzen wagen, außer um Einfälle in die Besitzungen ihrer Nachbarn zu machen und Todesfälle jener Art zu rächen. Daher wagt sich auch selten ein Schwarzer, selbst in starker Begleitung von Europäern, auf feindliches Gebiet. Hat er aber einmal wirklich die Grenze überschritten, und liegt ein feindlicher Stamm zwischen ihm und dem seinen, so wird es ihm nie einfallen, allein zurückzugehen, und er sieht dann die Weißen als seine einzigen Beschützer an.

       Daher kommt es denn auch, daß Weiße, die mit einem Schwarzen gehen, fast unvermeidlich der Gefahr ausgesetzt sind, von einem andern Stamm angefallen zu werden, wäh-/104/rend ein Weißer allein weit eher Aussicht hat, unbeschädigt durchzukommen.

      Hier sah ich auch zum ersten Mal eine kleine Abteilung der sogenannten „schwarzen Police“, die „im Busch“ besonders von unendlicher Wichtigkeit für die Sicherheit der Ansiedler ist, nicht allein um begangene Freveltaten an den anderen Stämmen zu strafen, als auch schon beabsichtigte Raubzüge zu verhindern. Sie bekommen von der Regierung einen guten Gehalt und Kleidung und Beköstigung, und stehen unter einem weißen Dirigenten. Ihre Uniform ist blaue Jacke und Hose, die letztere mit roten Streifen an den Seiten herunter, und eine runde Mütze. Ihre Waffen sind hauptsächlich ein Seitengewehr, aber auch Flinten tragen sie, und es ist merkwürdig, wie rasch sie sich in den Gebrauch derselben finden und wie vortrefflich sie selbst mit Leichtigkeit zuschießen lernen.

      Meistenteils wird diese „wilde Polizei“ ans den Nachbarstämmen gewählt und unterhalten. Die Weißen haben dadurch auch noch den Vorteil, daß solche mit allen Schlichen und Schlupfwinkeln der Nachbarschaft genau bekannt sind, ja auch schon die Charaktere, von denen gewalttätige Handlungen etwa zu erwarten wären, persönlich kennen und im Auge behalten. Aber selbst aus feindlichen Stämmen hat man schon Einzelne dafür angeworben, die sich dann, mit den neuen Waffen und von den Weißen beschützt und unterstützt, sicher genug fühlten, ein Territorium zu betreten, dem sie sonst gewiß nicht auf manche lange Meile zu nahe gekommen wären, ausgenommen auf einem Kriegszug.

      Ein Stamm der Mouleman-Blacks lagerte am linken Ufer des kleinen, fast trockenen Baches, und eine Anzahl solcher schwarzer Polizeidiener, die hier gerade ihre Station hatten, trieb sich zwischen ihnen herum. Wie der Blitz aber waren sie da, als sie mich mit Büchse und Messer bewaffnet aus dem Dickicht kommen sahen, und während sie mich in zehn Schritt Entfernung etwa an sich vorbei defilieren ließen, wechselten sie rasch einige Worte mit einander. Dann aber, wie Hunde, die einen Fremden kommen sehen und von ihm zurück- kläffend einen kleinen Bogen beschreiben, um auf seine Fährte zu treffen, so ließen sie mich erst vielleicht fünfzig Schritt /105/ weiter, den Gebäuden zu gehen, und folgten dann meiner Spur eine kurze Strecke, bis sie zu einem Platz kamen, auf dem der Fuß vollkommen genug abgedrückt war, ihnen die getreue Fährte zu zeigen.

      Die Station selber bestand aus einer kleinen Anzahl von Gebäuden, die zum Polizeigebrauch dienten, und teils zu einem Gefängnis, teils zur Wohnung für die Angestellten bestimmt waren, dann aus zwei Privatwohnungen und dem Gasthaus. Das Gespräch drehte sich hier übrigens fast einzig und allein um einige erst neulich wieder verübte Mordthaten an Reisenden und um das wahrscheinliche Urteil, das über den Angefangenen und überwiesenen Verbrecher gefällt werden würde, von dem man wieder vermutete, die Gerichte würden ihm, nach einer harten Verwarnung, eine wollene Decke geben und ihn laufen lassen, wie das bis jetzt mit den meisten der anderen geschehen war.

      Ich bin wahrlich nicht gesonnen, Grausamkeiten gegen wilde Stämme das Wort zu reden. Es ist nicht mehr wie recht und billig, mit den Eingeborenen, die allerdings über ein Menschenleben ganz andere Begriffe haben, als wir, und von denen man nun einmal nicht erwarten kann, daß sie sich so gleich den ihnen doch eigentlich auch aufgedrungenen Gesetzen und Einrichtungen der Weißen fügen sollen, milde zu verfahren und nicht gleich bei einem ersten Fall z. B. die ganze Strenge der Gesetze gegen sie in Anwendung zu bringen. Dieser Schuft aber, Billy the Bull, wußte so gut was er tat, und wie er sich dadurch der vollen Rache der Weißen preisgab, als irgend ein Weißer es wissen konnte, und ließen ihn die Gerichte wieder frei, so hieß das gar nichts Anderes, als „gehe hin und morde nach Gefallen".

      Es war ganz das nämliche Verhältnis mit dem Mörder Merryman in Albury, und die Weißen zeigten sich dort ziemlich alle einerlei Meinung, ihm - wo sie ihm nur einmal allein im Walde begegneten, einfach eine Kugel durch den Kopf zu jagen. Ich selber würde mir nicht das mindeste Gewissen daraus gemacht haben, ihn wie einen Wolf niederzuschießen. Überdies waren in der Gegend besonders schon zu viele solche Morde vorgefallen, und wo Reisende nicht /106/ allein, sondern auch die einzeln zerstreuten Schäfer fortwährend der heimtückischen Mordlust einzelner Schufte preisgegeben sind, da könnte es auch wohl eben nichts schaden, wenn einmal ein Exempel statuirt und den Burschen gezeigt würde, wie man mit ihnen umgehen k a n n, so man nur will, besonders wenn es sich um einen so anerkannten Mörder handelte, wie eben dieser Billy the Bull sein sollte.

      Eines merkwürdigen Umstandes, der auch eben diesen Billy the Bull in die Hände der Weißen lieferte, muß ich aber doch noch erwähnen, der übrigens vielleicht in den eigenen Gesehen oder angenommenen Gebräuchen der Wilden selber seine Lösung findet. - Sie scheinen nämlich zu glauben, daß nach Ablauf einer gewissen, gar nicht so sehr langen Zeit, die vielleicht sechs Monate betragen mag, eine Art von Verjährung eingetreten sei, nach der sie straflos wären und nun ruhig wieder ihre Jagdgründe, die sie nach dem verübten Mord eines Weißen nicht selten verlassen, wieder besuchen könnten. Auch „Billy“ hatte sich auf sechs Monate nach dem einen Mord, von dem er nicht ganz sicher war, daß er herauskommen möchte, entfernt, und gestand, eingefangen, mit der größten Freundlichkeit noch einige andere, die aber schon „lange, lange“ (über sechs Monate) verübt wären und ihm seiner Rechnung nach doch jetzt nicht mehr konnten zur Last gelegt werden.

      In dem Gasthaus kehrten diese Nacht auch ein Settler von der nächsten Station den Fluß hinunter, ein Mr. Smith, und ein Prediger ein, den der Erstere mit herauf von Melbourne gebracht hatte. Die Ansiedler schienen nämlich eine Subscription gemacht zu haben, um einen Geistlichen - und es war dies der erste, der in diesen Distrikt kam - bleibend hier herauf zu bekommen. Die Meinung sprach sich sehr günstig dafür aus, und man glaubte, einem längst gefühlten Bedürfnis abzuhelfen, da auch der gemeine Mann, so roh und ungebildet er „im Busch“ (wie die Wildnis Australiens überhaupt genannt wird)


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