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Reisen Band 1. Gerstäcker FriedrichЧитать онлайн книгу.

Reisen Band 1 - Gerstäcker Friedrich


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und dadurch fast zahm werden; Wasserschnepfen, Becassinen3 in Völkern von achtzig und neunzig Stück, Strandläufer, eine Art Wassertruthahn, so groß wie ein gewöhnlicher Truthahn, aber nicht genießbar; dann einen andern Vogel von der Größe eines Birkhuhns, auch wohl noch etwas größer, der ein so delicates Fleisch haben soll wie der Fasan; ferner Gott weiß wie viele Gattungen von Raubvögeln, Aasgeiern, Möven und kleinen Eulen, Reihern und Störchen.

      Außerdem giebt es hier noch in ungeheurer Menge ein Thier, das sehr große Aehnlichkeit mit dem Hamster hat, in Größe und Lebensart aber fast dem Dachs gleichkommt. Es /45/ lebt in Höhlen, in den Steppen, und kommt gegen Abend in's Freie. Ein junger Bremer, Namens Cäsar, der so freundlich war, mich dort herumzuführen, schoß eins, damit ich es näher beschauen konnte. Wenn man aber darauf ausging, glaub' ich sicher, daß man, besonders in mondhellen Nächten, gerade so viel davon erlegen könnte, wie man Ladungen von Pulver und Schrot bei sich hat. Es giebt Tausende davon in den weiten Wiesen.

      Höchst interessant war es mir, auf der Estancia einen Deutschen zu finden, der diese verwaltete, und nicht weit davon entfernt eine eigene zum Grundeigenthum hatte. Zufälliger Weise fand ich in ihm sogar einen Sachsen, Herrn Papsdorf, der mir Manches bestätigte, was ich auf meinem früheren Ausflug in das Land gehört hatte, und noch außerdem manche vortreffliche und nützliche Mittheilungen machte. Er hatte sich übrigens vollkommen naturalisirt und eine Tochter des Landes geheirathet; seine Söhne hingen, in Cheripa und Poncho, wie ächte Gauchos auf den Pferden, und warfen den Lasso so geschickt wie irgend ein anderes der wilden Steppenkinder.

      Das, was ich durchschnittlich über die Verhältnisse des Landes und besonders dieser Estancias hörte, ist etwa das Folgende.

      Das Eigenthum ist jetzt hier, wie mir von allen Seiten unwidersprochen versichert wurde, vollkommen geschützt, und Todesstrafe droht meistens bei fast geringen Uebertretungen den ertappten Verbrechern. Ich würde aber übertreiben, wollte ich sagen, der eigentliche Charakter des Volkes selber sei dadurch ebenfalls vollkommen im Zaum gehalten. Der argentinische Gaucho ist gar geschwind mit seinem Messer bei der Hand, und trotzdem, daß es ihm in der Stadt auf das Strengste verboten ist es zu tragen, fallen doch nur zu häufig noch Mordthaten, selbst in den Straßen, vor. Diese rühren aber fast jedesmal von Streitigkeiten untereinander her, und es soll dann auch, wie das ja ebenfalls an anderen Orten der Fall ist, das schlimmste Volk gerade in der Stadt versammelt sein. Sehr weit im Innern bedrohen allerdings die Indianer nur zu oft einzeln gelegene Estancias, und überfallen /46/ und morden die Bewohner. So weit braucht sich aber auch der deutsche Ansiedler, für den noch Land in Menge in der nächsten Nähe ist, nicht hinaus zu wagen, und in den benachbarten Provinzen hat er dann von den Eingeborenen, den „Pampas-Indianern" nichts zu fürchten.

      Sonst aber bietet das Land dem deutschen Auswanderer jeden Vortheil, den ihm nur irgend ein anderer Erdtheil bieten kann. Das Klima läßt kaum etwas zu wünschen übrig; Krankheiten fallen allerdings vor, sollen aber keineswegs bösartiger Natur fein. Der Boden ist, ungleich den meisten Prairien in Nordamerika, in den Pampas fast überall vortrefflich und liefert, selbst mit der ungemein einfachen Bearbeitung, herrliche Ernten. Der Hauptnahrungszweig des Landes ist übrigens, wie auch die Productenausfuhr von Häuten, Fleisch, Talg, Wolle usw. beweist, die Viehzucht, und einen ziemlich deutlichen Begriff von der Menge Vieh, die sich hier befindet, und der Leichtigkeit, mit der es gezogen werden kann, mag eine kurze Uebersicht der verschiedenen Preise hier an Ort und Stelle geben.

      Die Preise sind nach spanischen Dollaren gerechnet.

      Von Rindern, als dem Hauptnahrungszweig, kostet hier ein geschnittener fetter Ochse von 2 ½ Jahr etwa 2 ½ Dollar. Ein geschnittener fetter Ochse von 3 Jahren etwa 2 ²/³ Dollars. Eine Kuh 2 bis 2 ³/4 Dollars. Eine zahme Milchkuh wird (mit Kalb) bis zu 5 Dollars bezahlt.

      Kauft man das Vieh aber in der Heerde, wie es jedesmal beim Beginn einer Ansiedelung geschieht, so bezahlt man es durchschnittlich mit ¾ bis zu 1 Dollar. Man reitet bei einem solchen Kauf einen Theil einer Heerde, je nachdem man nun viel oder wenig Capital daran wenden kann oder will, ab, und zählt dann die also abgeschlossenen Thiere. Kälber werden aber auf diese Art nicht mitgerechnet, sondern dreingegeben.

      Von Pferden kostet ein zahmes Reitpferd gewöhnlich 5 bis 5 ½ Dollar, ein noch unzugerittener Wallach aber die Hälfte (Hengste werden höchstens mit einem Dollar bezahlt - eine Stute kostet von ¾ bis 1 Dollar - Stuten werden hier übrigens nie geritten.) /47/

      Der Preis der Schafe ist wohl der verschiedenste, denn man hat hier die sogenannten feinen Merinoschafe, die bis zu 6 Dollars das Stück bezahlt werden. . Das betrachten die hiesigen Landwirthe aber als einen enormen Preis, und es müssen dann ganz außergewöhnlich schöne Thiere sein. Im Ganzen ist der Durchschnittspreis für gute Schafe etwa 1/³ Dollar das Stück (also etwa 15 Silbergroschen), kauft man sie aber weit im Lande drin, und zwar die gewöhnlichste, ordinärste Sorte, so bezahlt man sie - in der Heerde - mit 1 ½ bis 2 Pesos (ein Peso hat noch nicht ganz 2 ½ Silbergroschen) das Stück. Schaffelle kosten dann auch das ganze Dutzend nur von 1 bis 2 Dollars. Das Schwein ist noch fast das theuerste Thier hier im Lande und wird mit 5, ein fettes mit bis zu 10 Dollars verkauft.

      Der Preis der von den Thieren gewonnenen Häute steht natürlich mit ihnen selber im Verhältniß. Rindshäute kosten die Pasado (35 Pfund) 2 bis 2 1/9 Dollar. Eine Haut wiegt von 26 bis 28 Pfund. (Das hiesige Gewicht ist etwa 8 Procent leichter als das deutsche Zollgewicht.) Pferdehäute kosten von 1 bis 1 Dollar. Der Preis der Wolle ist dagegen verschieden. So wird die Aroba (25 Pfund) von 1 bis 3 ¼ Dollar bezahlt. Gute Merinowolle kostet dagegen oft etwas über 5 Dollars die Aroba. In der That wird hier nicht viel Capital verlangt, einen Anfang zur Viehzucht zu bekommen, da man bei größeren Quantitäten auch selbst noch billiger kaufen kann. So bezahlte zum Beispiel vor nicht langer Zeit ein Ansiedler weiter im Innern des Landes eine Heerde Schafe von 5000 Stück durchschnittlich das Stück mit einem halben Peso, also etwa 11 Pfennigen.

      Das Land ist dagegen, wenigstens im Verhältniß zu früherer Zeit, schon etwas gestiegen, immer aber noch billig genug, dem deutschen Auswanderer die größten Vortheile zu bieten. Die Berechnung des Landes findet hier nach Baras statt (die Bara ist gleich 2 7/10 rheinländische Fuß). Die Regierung verkauft das Land in Streifen von 1 ½ Legua Länge (die Legua zu 6000 Baras) in der Breite von 1 Bara zu 1 bis 1 ¾ Dollars per Strecke. In der Nähe der Städte steigt es aber natürlich, je nach seinem Verhältniß. Billiger /48/ als 1 Dollar die Bara ist es jedoch wohl nirgends, man müßte es denn aus zweiter Hand erhalten können.

      Das Getreide ist hier gerade gegenwärtig ungemein billig, ebenso die Gemüse, von denen die zweite Kartoffelernte reif geworden. Ueberhaupt kann der Ansiedler mit vcrhältnißmäßig geringer Arbeit seine Existenz gründen, und alle hier ansässigen Deutschen stimmen darin überein, daß es ihrer Meinung nach kein besseres Land für ihre armen Landsleute gäbe, als gerade Südamerika, wo sie sicher darauf rechnen könnten, mit Fleiß und Sparsamkeit auch Fleiß und Sparsamkeit belohnt zu sehen.

      Die Regierung ist dabei, so wenig sie Ursache hat, den Engländern und Franzosen gut zu sein, sehr gern geneigt, deutsche Auswanderung zu gestatten und zu schützen; Fremde sind hier überhaupt (durch ein besonderes Gesetz des Gouverneurs) sehr geschützt, und das spricht gewiß für das Volk selber, so arg es auch manchmal wohl ist geschildert worden, daß, während die Engländer den La Plata blokirten, Engländer und Franzosen hier indessen ungehindert, ja unbeleidigt, ihren Aufenthalt hatten.

      Einen höchst eigenthümlichen Baum hat die Argentinische Republik, und der einzige, der wenigstens in der Nähe von Buenos-Ayres zu einiger Höhe emporwächst. Es ist dies der sogenannte Ombu, der in seinem ganzen Wachsthum sogar Aehnlichkeit mit dem Banian Indiens zeigt. Wie bei diesem hängen nämlich die Zweige selber durch niedergesenkte - Stützen möchte ich fast sagen - mit den Wurzeln zusammen, und bilden dadurch die wunderlichsten Formationen, die man sich nur bei einem Baum denken kann. Gerade hier stand ein solcher, dessen eigentlicher Stamm vielleicht sechs Fuß im Durchmesser hatte. Ganz unten am Boden breitete sich aber die Wurzel, oder das untere Ende des Stammes noch viel mehr aus, ja bildete an einigen Stellen förmliche Sitze, und von hier aus schossen dann theils schräg, theils gerade, theils eigensinnig gekrümmt, Strebepfeilern gleich, diese Stützen aus und verloren sich oben in dem ungemein dichten, birnblattartigen Laub des Baumes. Er giebt jedoch nichts


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