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Buntes Treiben. Gerstäcker FriedrichЧитать онлайн книгу.

Buntes Treiben - Gerstäcker Friedrich


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entrirte, die aber bald so ernsthafte Dimensionen annahm, daß ich an einem Erfolg nicht mehr zweifeln konnte.“

      „Du willst mich zum Besten haben.“

      „Ich gebe Dir nachher die Beweise. Du erinnerst Dich doch, daß ich vor etwa zwei Monaten der einen Nummer des Advertiser meine Photographie beigab?“

      „Ich habe sie allerdings bekommen, aber ich glaubte, Du hättest Dir nur einen Scherz mit mir gemacht. Du kannst sie doch nicht allen Nummern beigelegt haben?“

      „Bah, die Auslage war nicht so groß, denn der Advertiser erscheint – bei einem Absatz von 150 in einer Auflage von 250 Exemplaren. Ich machte einen Contract mit /114/ einem Photographen und ließ die eine Nummer in 500 Exemplaren abziehen. Die versandte ich geschickt, und der Erfolg zeigte sich als ein überraschender."

      „Du willst mir doch nicht weis machen, daß die Damenwelt angebissen hätte?"

      „Hier ist von „weismachen" gar keine Rede, denn Thatsachen sprechen. Du wirst mir nicht leugnen, daß ich ein hübscher Kerl bin?"

      „Es hieße Dir das Letzte und Einzige absprechen, was Du noch hast," lachte Chalker - „Du siehst leidlich gut aus."

      „Well, das half," nickte Tom. „Ich muß Dir aufrichtig gestehen, daß ich mir anfangs von der ganzen Sache keinen Erfolg versprach. Ja, unter uns: die frevelhafte Idee stieg sogar in mir auf, doch möglicher Weise ein halbes Dutzend oder so auf den Leim gehen zu sehen und dadurch wenigstens ein kleines Capital in die Hand zu bekommen, mit dem ich eine Erholungsreise nach Mexiko, Californien oder irgend einer andern sehr schönen, aber sehr entfernten Gegend antreten konnte - aber die Sache kam anders. In den ersten acht Tagen wurde allerdings kein einziges Loos verlangt - ich hatte die Loose zu fünfzehn Dollars angesetzt. Da fiel ich auf den glücklichen Gedanken, einrücken zu lassen, daß ich unter zwanzig Dollars kein Loos mehr abgeben könne, da sich die Anmeldungen zu sehr häuften, und von dem Augenblick an blühte mein Weizen.

      „Schon an dem nämlichen Nachmittag bekam ich aus hiesiger Stadt allein einundzwanzig Briefe mit einliegenden zwanzig Dollar-Noten - allerdings anonym und der Aufgabe, die Loose unter bestimmten Chiffern auf die Post zu legen. Das geschah. Ich hatte ausgeführt, daß ich durch diese Privat-Lotterie ein Capital von zehntausend Dollars zusammenbringen wolle - aber mit nur einem Gewinn, und daß die Glückliche, der das große Loos zufiel, damit nicht allein mich als treuen Gatten, sondern auch die zehntausend Dollars in Besitz nehmen solle. Ein guter Freund in New-York besorgte mir dabei, daß meine Photographie in einem vortrefflichen Holzschnitt in einem der dortigen illustrirten Blätter erschien, und wenn ich dadurch auch in New-York, das uns ein wenig zu /115/ fern liegt, nur etwa fünfzig Loose absetzte, so zeigte sich der Erfolg hier in der Nachbarschaft, als jenes Blatt Verbreitung fand doch ganz außerordentlich. Aus dem innern Land häuften sich die Anmeldungen. Von Nashville besonders kam Brief über Brief, selbst von Little Rock, und wie sich nun der Mississippi-Staat ebenfalls dem Unternehmen anschloß, war der Erfolg gesichert. Es kamen Briefe an mit Aufträgen auf zehn Loose - Zwischenhändler verlangten sogar gratis Loose - was ich aber mit Entrüstung zurückwies, und jetzt habe ich sogar die Zahl von fünfhundert Loosen schon überschreiten müssen und bin scharf in das sechste Hundert eingerückt, wodurch natürlich einige Champagnerflaschen frei wurden."

      „Und das soll ich Dir glauben?"

      „Glauben?" rief Scissors, indem er aufsprang und eine große Schublade öffnete, die in der That nichts als Couverte von Geldbriefen enthielt - „da - hier hast Du den Beweis, wenn Dich der Champagner nicht schon überzeugt hat, daß ich jetzt über andere Mittel verfügen muß als früher, wo ich mich Morgens kaum getraute, ein Glas Brandy und Wasser zu trinken."

      Chalker blätterte kopfschüttelnd die Couverte durch, und diese ließen allerdings keinen Zweifel mehr.

      „Sollte man es denn für möglich halten," rief er endlich, „daß es so viel verrückte Wesen in der Welt geben könnte!"

      „Bitte," rief Scissors lachend aus. „Wenn mein Bild einen guten Eindruck gemacht hat, so kannst Du diesen Damen, die allerdings manchmal sehr unorthographische Adressen schreiben - keinenfalls einen guten Geschmack absprechen, und dann bedenke auch - steht nicht allein ein hübscher Mann, sondern auch ein Capital von zehntausend Dollarn mit aus dem Spiel, was also, bei nur einigermaßen vernünftiger Behandlung, eine gesicherte Lebensexistenz bietet? Die Sache ist an sich gar nicht etwa so unsinnig, wie sie vielleicht im ersten Augenblick erscheint, und daß die Amerikanerinnen praktischen Verstand haben, wird ihnen kein Mensch der Welt abstreiten können. Es ist schon für Viele schwierig, nur einen Mann zu bekommen, viel weniger denn gleich ein Vermögen mit in /116/ den Kauf, und was sind, bei einer solchen Aussicht, zwanzig Dollars. Sie können gar nicht in Betracht kommen."

      „Und wann ist die Verlosung?"

      „Du bist zur glücklichen Zeit gekommen," rief Scissors, „ich kann den schon zweimal verzögerten Termin nicht länger hinausschieben, und in meiner heutigen Nummer wird der bestimmt festzuhaltende Tag der Verlosung angegeben - und der fällt auf den 1. December - heute haben wir schon den 22. November, also kaum noch acht Tage, die Du es Dir bei mir mußt gefallen lassen. Ich brauche überhaupt Deine Hülfe in verschiedenen Dingen."

      „Und Du willst Dich wirklich und wahrhaftig auslosen lassen, Tom?"

      „Gar kein Zweifel."

      „Hast Du Dir denn aber schon überlegt, was aus Dir wird, wenn Dich so ein recht alter Drachen gewinnt und Du dann moralisch verpflichtet bist, das heilige Band der Ehe mit ihm zu knüpfen?"

      „Hm," sagte Tom schmunzelnd, „das habe ich mir allerdings überlegt, und in solcher Zeit schwankte dann die Schale mit den zehntausend Dollarn bedeutend. Wo aber das Glück zweier Menschen auf dem Spiele steht - ich meine mich und meine künftige Frau - da, denk' ich, kann eine gelinde Nachhülfe auch eben nicht Sünde sein, und ich habe so einen kleinen Plan, bei welchem Du mir vielleicht von außerordentlichem Nutzen sein könntest."

      „Ich verstehe nicht was Du meinst."

      „Ich werde natürlich deutlicher reden müssen - aber bitte, nimm Dir eine Cigarre; die Kiste steht gleich hinter Dir - die Verlosung selber beabsichtige ich nämlich in Sawer's Hotel drüben abzuhalten, und Du kannst Dir etwa denken, daß es ein Festtag für ganz Memphis wird."

      „Wenn auch kein Festtag, doch jedenfalls ein Feiertag," lachte Chalker, „denn neugierig werden sie natürlich Alle sein, die Braut kennen zu lernen, oder doch wenigstens ihren Namen zu erfahren."

      „Ja, das Komische ist nur das," sagte Scissors, „daß ich eine Menge Loose unter Chiffre ausgegeben habe und /117/ dann die Glückliche erst annonciren müßte - wenn wir es eben nicht so einrichten können, daß - wir sie hier im Orte haben."

      „Das wird schwer sein," lächelte Chalker, „denn Fortuna ist eine sehr unzuverlässige Dame."

      „Hm, ja - blind, und wenn man ihr deshalb ein wenig unter die Arme greift?"

      „Du willst falsches Spiel treiben?"

      „Der Ausdruck ist zu hart. - Ich will einer bestimmten jungen Dame, auf die der Zufall doch jedenfalls auch das Loos werfen konnte, die gewinnende Nummer in die Hand zu spielen suchen, und da die Sache vollkommen privatim getrieben wird, denke ich es mir nicht so schwer."

      „Und nennst Du das nachher eine Lotterie?"

      „Bah - so viel für den Namen! Indem ich das Schicksal ein wenig controlire, bewahre ich vielleicht zwei Menschen - das heißt mich und irgend eine alte unangenehme Dame, vor bitterer Reue und Unglück. - Sie hat dann für ihre zwanzig Dollars eine Zeit lang die angenehme Aufregung, sich als Gewinnerin zu denken, und ich - habe eine hübsche Frau und zehntausend Dollars Capital -"

      „Und wie willst Du's machen?"

      „Der Negerjunge, den Du vorher gesehen hast, mein Sip, ist ein durchtriebener schlauer Bursch und mit allen Hunden gehetzt - der wird als „Waisenknabe" ziehen. Ich selber lese, in einer entfernten Ecke des Zimmers, um jeden Verdacht eines Betrugs unmöglich zu machen - die verschiedenen Nummern ab, wie sie mir in die Hand fallen - Sip wird durch


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