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Jugend und Der Nigger vom "NARCISSUS" - Band 128e in der maritimen gelben Buchreihe bei Jürgen Ruszkowski. Joseph ConradЧитать онлайн книгу.

Jugend und Der Nigger vom


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sagte mir Mahon, als wir nebeneinander arbeiteten, mit einem eigenen Lächeln: ‚Wenn sie jetzt nur richtig leck springen wollte – so wie damals, als wir das erste Mal den Kanal verließen – , so würde das dem Brand rasch ein Ende machen, nicht?‘ Ich gab ihm ohne Zusammenhang zurück: ‚Denken Sie noch an die Ratten?‘

      Wir bekämpften das Feuer und segelten das Schiff dabei so sorgfältig, als wäre gar nichts los gewesen. Der Steward kochte und wartete uns auf. Von den anderen zwölf Mann arbeiteten acht, während vier ruhten. Jeder kam an die Reihe, auch der Kapitän. Es herrschte Gleichheit, und wenn nicht gerade Brüderlichkeit, so doch ein gutes Gefühl. Manchmal schrie ein Mann, während er einen Kübel Wasser in die Großluke hinunterschüttete: ‚Hurra, für Bangkok!‘ und die anderen lachten. Meist aber waren wir schweigsam und ernst – und durstig. – Oh, wie durstig! – Wir mussten mit dem Wasser vorsichtig sein. Streng bemessene Rationen. Das Schiff rauchte, die Sonne brannte... Reich die Flasche weiter!

      Wir versuchten alles. Wir versuchten sogar, uns zu dem Feuer hinunter zu graben. Ohne Erfolg natürlich. Kein Mann konnte länger als eine Minute unten bleiben. Mahon, der als erster hinunterging, wurde unten ohnmächtig, und ein anderer, der ihn holen wollte, desgleichen. Wir zogen sie auf Deck herauf, dann sprang ich hinunter, um zu zeigen, wie leicht es zu machen wäre. Die anderen waren inzwischen klug geworden und begnügten sich damit, soviel ich weiß, mit einem Kettenhaken, der an einen Besenstiel gebunden war, nach mir zu angeln. Ich war auch nicht mehr scharf darauf, meine Schaufel holen zu gehen, die unten geblieben war.

      Die Dinge begannen schlimm auszusehen. Wir fierten das Langboot nieder, das zweite Boot lag klar zum Ausschwingen. Wir hatten noch ein drittes, vierzehn Fuß lang, das achtern im Davit hing, wo es völlig sicher war.

       Dann, stellt euch vor, nahm der Rauch plötzlich ab. Wir verdoppelten unsere Anstrengungen, den Kielraum unter Wasser zu setzen. Nach zwei Tagen gab es überhaupt keinen Rauch mehr. Wir gingen alle mit breitem Grinsen herum. Das war an einem Freitag. Samstag wurde keine Arbeit mehr getan, außer der natürlich, die das Weitersegeln erforderte. Die Leute wuschen ihre Sachen und ihre Gesichter, zum ersten Male seit vierzehn Tagen, und bekamen ein Extra-Abendessen. Sie sprachen mit größter Verachtung von Selbstentzündung und rühmten sich, sie wären die Burschen, um mit einem Brand fertig zu werden. Jeder von uns kam sich vor, als hätte er ein großes Vermögen geerbt. Doch ein verteufelter Brandgeruch hing um das Schiff. Kapitän Beard hatte eingesunkene Augen und hohle Wangen. Nie zuvor war es mir aufgefallen, wie verbraucht und gebeugt er war. Er und Mahon gingen herum, beugten sich über Luken und Ventilatoren und schnüffelten. Mit einem Male merkte ich auch, dass der arme Mahon ein ganz, ganz alter Mann war. Was mich selbst angeht, so war ich so vergnügt und stolz, als hätte ich mitgeholfen, eine große Seeschlacht zu gewinnen. O Jugend!

      Die Nacht war schön. Am frühen Morgen segelte ein heimkehrendes Schiff, Rumpf unter Kimm, an uns vorbei – das erste, das wir seit Monaten gesehen hatten; aber endlich näherten wir uns doch dem Lande, denn die Spitze von Java lag etwa einhundertundneunzig Meilen weitab, fast genau nördlich.

       Am nächsten Tage hatte ich von acht bis zwölf Deckwache. Beim Frühstück bemerkte der Kapitän: ‚Es ist verwunderlich, wie der Geruch sich in der Kajüte hält.‘ Etwa um zehn Uhr, als gerade der Erste auf der Hütte war, ging ich einen Augenblick auf das Hauptdeck hinunter. Die Werkbank des Zimmermanns stand hinter dem Hauptmast. Ich lehnte mich daran, sog an meiner Pfeife, und der Zimmermann, ein junger Kerl, kam herzu, um sich mit mir zu unterhalten. Er sagte: ‚Ich denke, wir haben es recht gut gemacht, nicht?‘ und dann bemerkte ich zu meinem Missvergnügen, dass der Narr sich anschickte, die Werkbank umzukippen. Ich sagte kurz: ‚Nicht, Chips!‘ (Chips = Zimmermann. Anmerkung des Übersetzers) und hatte unmittelbar darauf das merkwürdige Gefühl, die dumme Sinnestäuschung, irgendwie in der Luft zu sein. Ich hörte rings um mich etwas wie ein befreites Aufatmen, als hätten tausend Riesen zu gleicher Zeit ‚uff‘ gesagt – und dazu eine dumpfe Erschütterung, dass mich plötzlich die Rippen schmerzten. Kein Zweifel – ich war in der Luft, und mein Körper beschrieb eine kurze Parabel. Aber so kurz sie auch war, so hatte ich doch Zeit, verschiedene Gedanken, und zwar, soviel ich mich erinnern kann, in dieser Reihenfolge zu denken: ‚Das kann nicht der Zimmermann sein! – Was ist es? – Ein Unfall? – Unterseeischer Vulkan? – Kohlen, Gas! – Bei Gott! Wir fliegen in die Luft. – Alle sind tot. – Ich falle in die Achterluke. – Ich sehe Feuer darin!‘ Der Kohlenstaub, mit dem die Luft des Laderaums gesättigt war, hatte sich im Augenblick der Explosion bis zur Weißglut erhitzt. In einem Umsehen, im Bruchteil einer Sekunde seit dem ersten Schwanken der Werkbank, lag ich der Länge nach auf der Ladung. Ich raffte mich zusammen und kroch hinaus. Das alles ging schneller, als es zu erzählen ist. Das Deck starrte von zertrümmerten Balken, die kreuzweise übereinanderlagen wie Waldbäume nach einem Orkan; ein ungeheurer Vorhang aus schmierigen Lumpen wallte knapp vor mir – es war das Großsegel, das in Fetzen gerissen war. Ich dachte, dass die Masten über Bord gehen würden und um mich aus dem Staube zu machen, kroch ich auf allen vieren zum Schanzniedergang. Der erste Mensch, den ich sah, war Mahon, die Augen riesengroß, den Mund weit offen und das lange weiße Haar rings um seinen Kopf zu Berge stehend, wie ein silberner Heiligenschein. Er war eben im Begriff gewesen, hinunterzugehen, als der Anblick des Hauptdecks, das sich rührte, hob und vor seinen Augen in Trümmer verwandelte, ihn auf der ersten Stufe festgebannt hatte. Ich starrte ihn ungläubig an, und er starrte mich an, mit einer Art entrüsteter Neugier. Ich wusste nicht, dass ich kein Haar hatte, keine Augenbrauen, keine Wimpern, dass mein junger Schnurrbart abgesengt, dass mein Gesicht schwarz war, eine Wange aufgerissen, die Nase zerkratzt, und dass mein Kinn blutete. Ich hatte meine Mütze verloren und einen Pantoffel; mein Hemd war in Fetzen gerissen. Das alles hatte ich aber noch nicht gemerkt. Es verblüffte mich zu sehen, dass das Schiff immer noch schwamm, dass das Hüttendeck ganz und, vor allem, irgendjemand noch am Leben war. Auch der Friede des Himmels und die heitere Ruhe der See waren ausgesprochen überraschend. Vielleicht hatte ich erwartet, sie von Grauen aufgerührt zu finden... Reich die Flasche weiter!

      Eine Stimme rief das Schiff von irgendwoher an. – Aus der Luft, aus dem Himmel. – Ich konnte es nicht sagen. Dann stieß ich auf den Kapitän – und der war verrückt. Er fragte mich hastig: ‚Wo ist der Kajütentisch?‘; und es erschreckte mich furchtbar, diese Frage zu hören. Ich war eben in die Luft geflogen, müsst ihr bedenken, und zitterte noch von dem Erlebnis – war nicht einmal ganz sicher, ob ich noch lebte. Mahon stampfte mit beiden Füßen auf und brüllte ihn an: ‚Guter Gott! sehen Sie nicht, dass das Deck in die Luft gegangen ist?‘ Ich fand meine Stimme wieder und stammelte, als wäre ich mir der schwersten Pflichtversäumnis bewusst: ‚Ich weiß nicht, wo der Kajütentisch ist.‘ Es war wie ein dummer Traum.

      Wisst ihr, was er als nächstes verlangte? Nun, er wollte die Rahen richtig gebrasst haben. Sehr sanftmütig und wie in Gedanken verloren bestand er darauf, die Fockrahe vierkant gebrasst zu haben. ‚Ich weiß nicht, ob irgendjemand am Leben ist‘, sagte Mahon fast weinend. ‚Sicherlich‘, meinte der Kapitän, ‚sind Leute genug übrig, um die Fockrahe vierkant zu brassen!‘

       Der alte Knabe war, wie es scheint, in seiner eigenen Kajüte gewesen und hatte die Chronometer aufgezogen, als ihn der Stoß rundum gewirbelt hatte. Es war ihm sofort zum Bewusstsein gekommen, dass das Schiff auf irgendetwas aufgelaufen sein müsse, und er war in die Kajüte hinausgestürzt. Dort hatte er gesehen, dass der Kajütentisch irgendwohin verschwunden war. Da das Deck in die Luft geflogen war, so war der Tisch natürlich ins Lazarett hinuntergestürzt. Wo wir an jenem Morgen noch gefrühstückt hatten, dort sah er jetzt nur ein großes Loch im Fußboden. Dies erschien ihm so schauerlich geheimnisvoll, – machte ihm einen so ungeheuern Eindruck, dass im Vergleich dazu alles, was er nachher noch auf Deck sah und hörte, als nebensächliche Kleinigkeit wirkte. Und bedenkt, er merkte sofort, dass das Steuerrad unbemannt und seine Bark von ihrem Kurs abgefallen war, – und sein einziger Gedanke war, den elenden, zerfetzten, abgedeckten, rauchenden Rest eines Schiffes wieder mit der Nase nach dem Bestimmungshafen zu stellen. Bangkok! Darauf war er aus. Ich sage euch, der ruhige, gebeugte, säbelbeinige, fast verkrüppelte kleine Mann wirkte ungeheuer, einzig durch seine Idee und durch das ruhige Übersehen unserer Erregung. Er wies uns gebieterisch nach vorne und ging selbst ans Rad.

      Ja, das war das erste, was wir taten – wir brassten die Rahen des armseligen Wracks. Niemand war getötet


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