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ICD-10-Symptom-Rating (ISR) - Das Handbuch zum Fragebogen. Karin TrittЧитать онлайн книгу.

ICD-10-Symptom-Rating (ISR) - Das Handbuch zum Fragebogen - Karin Tritt


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geäußerten Zweifel bzgl. der Qualität der Diagnostik, sowohl bei der Routineversorgung, bei wissenschaftlichen Projekten und bei der Versorgungsforschung. Die Einführung standardisierter diagnostischer Verfahren ist als Konsequenz dieser Problematik zu nennen. Mit der Neuentwicklung des ICD-10-Symptom-Ratings (ISR) wird auch versucht, in möglichst zeit- und ressourcen-ökonomischer Form, die Brücke zwischen einer störungsübergreifenden Erfassung der psychischen Symptomatik und, wie im Folgenden noch ausgeführt wird, der Vergabe einer möglichst validen, standardisierten Diagnose zu schlagen.

      1.2 Zielsetzungen

      Das ISR stellt den ersten Schritt eines zweistufigen Projekts dar. Die Zielsetzung des Gesamtprojekts3 musste bei der Konzeptualisierung des ISR mitberücksichtigt werden und wird zum besseren Verständnis des ISR hier kurz skizziert: Neben der engeren Zielsetzung des Instruments, der Evaluation psychischer Symptomatik für Status- und Veränderungsmessungen auf der Basis von Selbsteinschätzung durch den Patienten, hat das ISR Screening-Funktion für den zweiten Schritt des Gesamtprojekts, der eine Verbesserung der ICD-10-Diagnostik anstrebt. Auf der Basis der Ergebnisse des ISR sollen im Rahmen eines adaptiven Testens weitere Items angeboten werden, die als verfeinerte standardisierte ICD-10-Diagnostik dienen.4 Während das ISR als eigenständiges Instrument in verschiedenen Darbietungsformen (Papier-Bleistift-Version, elektronische Version mit automatisierter Auswertung) eingesetzt werden kann, wird der zweite Schritt der ICD-10-Diagnostik nur optional und ausschließlich in elektronischer Form durchgeführt werden können.

      1.3 Fragebogenkonstruktion

      In Einklang mit den bereits dargelegten Vorüberlegungen, ist das ISR auch für den Einsatz bei Erwachsenen und Jugendlichen im Rahmen der ambulanten und stationären Routineversorgung (Versorgungsforschung und Qualitätssicherung) gedacht. Somit besteht die Intention, ein möglichst weites Spektrum psychischer Symptomatik abzudecken. Die Konstruktion des ISR baut auf dem Kapitel V (F) des ICD-10 (Dilling, Mombour & Schmidt, 1993) auf, der einen weltweit etablierten Konsens darüber darstellt, welche Symptome bei der Erfassung psychischer Störungen und für das Stellen einer Diagnose relevant sind. In der ersten Phase der Entwicklung sind die im ICD-10 erfassten Diagnosen durch ein Expertengremium zu Syndromen zusammengefasst worden. Diese Syndrome wurden anschließend danach bewertet, ob die Mehrzahl der darin enthaltenen Symptome sich für reliable, valide und wahrheitsgetreue Selbstbewertungen durch Patienten eignet. Dabei konnten die Experten bei der Bewertung der Eignung zwischen den Ausprägungen „ja“, „unentschieden“ und „nein“ wählen. Die Ergebnisse der Expertenratings sind in der Anlage I zu sichten. Alle Syndrome, die nicht fünf einheitliche Bewertungen von den Experten erhielten, wurden anschließend diskutiert. Neben drei Ausnahmen wurden für alle Syndrome, die mindestens vier Mal das Eignungsrating „ja“ erhielten, Items für das Instrument formuliert. Bei allen drei Ausnahmen („Nicht organisches Schlafstörungssyndrom“ (ICD-10 F51), „Psychische Störungen im Wochenbett“ (ICD-10 F53) und „Psychische Faktoren bei anderorts klassifizierten Störungen“ (ICD-10 F 54) fanden die Experten, dass man diese Syndrome - wegen symptomatischer Überlappungen mit anderen Syndromen bzw. wegen des für die Differentialindikationsstellung erforderlichen medizinischen Sachwissens - nicht durch eigenständige Items erfassen sollte, sondern sie den nachgeschalteten Expertenratings im zweiten Teil des Gesamtprojekts überlassen sollte. Selbstverständlich können einige ISR-Items auch erste Hinweise für diese drei Ausnahmen liefern, z.B. kann die Frage nach „Schlafstörungen“ als Anzeichen für eine Depression, aber auch für eine nichtorganische Schlafstörung betrachtet werden oder, die Items für somatoforme Störungen können auch erste Hinweise auf psychische Faktoren bei anderorts klassifizierten Störungen beinhalten.

      Die auf der o.a. Weise gebildeten Syndrome werden im Folgenden mit den dazugehörigen ICD-10 Diagnosen (dahinter in Klammern) aufgeführt. Dabei werden die Syndrome, die gemäß den o.a. Kriterien als geeignet bewertet wurden, mit „**“ gekennzeichnet:

       Missbrauch von nicht abhängigkeitserzeugenden Substanzen (F55)

       Hirnorganisches Psychosyndrom (F00-F09)

       Substanzgebundenes Abhängigkeitssyndrom (F10-F19)

       Schizophrenes Syndrom (F20-F29)

       Manisches Syndrom (F30)

       Bipolares Syndrom (F31)

       **Depressives Syndrom (F32-F39)

       **Angstsyndrom (F40-F41)

       **Zwangssyndrom (F42)

       **Belastungsstörungssyndrom (F43.0 & F43.1)

       **Anpassungsstörungssyndrom (F43.2)

       **Somatoformes Syndrom (F45)

       **Neurasthenisches Syndrom (F48)

       **Depersonalisationssyndrom (F48.1)

       Dissoziatives Syndrom (F44)

       **Essstörungssyndrom (F50)

       **Nichtorganisches Schlafstörungssyndrom (F51)

       **Nichtorganisches sexuelles Funktionsstörungssyndrom (F52)

       **Psychische Störungen im Wochenbett (F53)

       **Psychische Faktoren bei anderorts klassifizierten Störungen (F54)

       Persönlichkeitsstörungssyndrom (F60-F61)

       **Persönlichkeitsveränderungssyndrom (F62)

       Syndrom der abnormen Gewohnheiten / Störungen der Impulskontrolle (F63)

       **Syndrom der Störungen der Geschlechtsidentität & Präferenzen (F64-F66)

       Syndrom der artifiziellen Störungen (F68)

       Syndrom der Intelligenzminderung (F7)

      Im nächsten Schritt wurden, in enger Anlehnung an den ICD-10, Items für die als geeignet bewerteten Syndrome formuliert. Auch bei der Itemformulierung wurden nur die Symptome in das Instrument aufgenommen, die im Rahmen von Selbstbewertungen durch Patienten reliable, valide und wahrheitsgetreu beantwortbar schienen. Um das Instrument möglichst kurz zu halten, sollten möglichst nur die Items in das Instrument aufgenommen werden, die von den Patienten, die an den entsprechenden Syndromen litten, auch häufig angegeben werden, bzw. den übergeordneten diagnostischen Kriterien eines Syndroms entsprachen. Damit sollte zugleich eine Nivellierung der Skalenscores durch Erfassung eher selten vorkommender Symptome vermieden werden. Im Rahmen einer ersten Erhebung erfolgte die empirische Prüfung einiger Fragen (Zacharias, 2006), die sich im Laufe der Fragebogenkonstruktion und Itemformulierung ergeben haben. So sollte beispielsweise geklärt werden, welche der Symptome, mit deren Hilfe im ICD-10 die Diagnose einer depressiven Störung gestellt wird, tatsächlich bei diesen Störungen am häufigsten vorkommen. Auch wurde die Möglichkeit einer gleichzeitigen Abfrage von ICD-10 diagnostischen Kritierien, die aus zwei Komponenten bestehen (z.B. ich fühle mich wertlos/traue mir nichts zu), überprüft. Hierzu wurden die beiden Komponenten einmal gemeinsam und an anderer Stelle erneut jeweils individuell abgefragt, um die drei Antworten anschließend miteinander vergleichen zu können. Hierzu entstand die ISR-Pilotversion 1.0 mit 36 Items, bestehend aus sechs Subskalen: 1) Depressives Syndrom, 2) Angstsyndrom, 3) Zwangssyndrom, 4) Somatoformes Syndrom, 5) Essstörungssyndrom sowie 6) die Zusatzitems, die eine Reihe von Einzelitems mit „Screeningfunktion“ für einzelne Syndrome enthalten. Hier muss noch betont werden, dass die Zusatzitems kein einheitliches Konstrukt repräsentieren und diese Items nicht als eigenständige Skala im eigentlichen Sinne aufzufassen sind. Diese Items werden lediglich für die Berechnung des ISR-Gesamtscores zu einem Mittelwert zusammengefasst.

      In einer kleinen Machbarkeitsstudie wurden zuerst die sprachliche und die inhaltliche Verständlichkeit der Symptomformulierung und die Durchführbarkeit geprüft und verfeinert. Anschließend wurde das ISR bei 109 Patienten aus vier verschiedenen stationären Einrichtungen eingesetzt (Zacharias, 2006), um Datenmaterial zur Klärung der oben skizzierten offenen Fragen


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