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Moby Dick. Herman MelvilleЧитать онлайн книгу.

Moby Dick - Herman Melville


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Mal hatte sie einen Packen Flanell in der Hand, der bei rheumatischen Rückenschmerzen gute Dienste leisten sollte. Jeder nannte sie »Tante Charity«. Wie eine Pflegeschwester lief sie überall herum und war bemüht, allen an Bord das Schiff behaglich und angenehm zu machen. Sie war ebenso wie ihr lieber Bruder Bildad an dem Schiff beteiligt, sie selbst wohl mit zwanzig ersparten Dollar.

      Es war schrecklich anzusehen, wie diese edle Quäkerfrau mit einem langen Öllöffel in der einen Hand und einer weit längeren Walfischlanze in der anderen Hand, an Bord kam. Aber Bildad und der Kapitän Peleg waren nicht weniger tätig. Bildad hatte eine lange Liste mit den Artikeln, die fehlten, in der Hand, und wenn etwas ankam, so machte er auf der Liste ein Zeichen. Dann und wann kam Peleg aus seinem Walfischzelt heraus, brüllte den Leuten unten an den Luken und den Takelagearbeitern oben in den Masten Befehle zu, und zog sich dann unter Schimpfen in seinen Wigwam zurück. In diesen Tagen, wo alles vorbereitet wurde, besuchten Queequeg und ich oft das Schiff, und ebenso oft fragte ich nach dem Kapitän Ahab, wer er wäre und wann er an Bord seines Schiffes käme. Man sagte mir, daß es ihm immer besser ginge, und er jeden Tag an Bord erwartet würde. Inzwischen könnten die beiden Kapitäne Peleg und Bildad für das Notwendigste sorgen, um das Schiff für die Fahrt auszurüsten. Wenn ich mir selbst gegenüber ehrlich gewesen wäre, so hätte ich merken können, daß ich keinen rechten Geschmack daran fand, auf diese Weise einer Fahrt ausgeliefert zu sein, ohne mir den Mann angesehen zu haben, der, sobald das Schiff auf das offene Meer hinauskam, sein Diktator war. Aber wenn man sich bei einer unrechten Handlung ertappt, kommt es vor, daß man, wenn man schon in die Sache verwickelt ist, sich in unverständlicher Weise bemüht, allen Verdacht vor sich selbst zu verdecken. Und so war es auch bei mir.

      Ich sagte nichts und gab mir Mühe, an nichts zu denken.

      Schließlich wurde bekanntgegeben, daß das Schiff am nächsten Tage zu einer gewissen Zeit bestimmt absegeln würde. So brachen denn Queequeg und ich am nächsten Morgen in aller Frühe auf.

      Siebentes Kapitel

      Es war beinahe sechs Uhr, als wir uns auf dem Kai entlangschlängelten, aber die Dämmerung war noch grau und voller Nebel.

      »Da oben gehen einige Matrosen herum, wenn ich mich nicht irre,« sagte ich zu Queequeg, »Schatten können es nicht sein. Das Schiff fährt schon bei Sonnenaufgang fort, glaube ich. Komm her!«

      »Halt!« rief eine Stimme. Zu gleicher Zeit kam jemand hinter uns her und legte uns seine Hände auf die Schulter. Dann stand er ein wenig gebückt in dem Halbdunkel da und sah von Queequeg zu mir herüber. Es war Elias.

      »Geht es los?«

      »Hände weg!« sagte ich.

      »Sieh hier!« sagte Queequeg und schüttelte sich. »Fortgehen!«

      »Wollt ihr nicht an Bord?«

      »Ja, das wollen wir«, sagte ich. »Aber was haben Sie denn hier zu schaffen? Mir scheint, Mister Elias, daß Sie ein wenig unverschämt sind?«

      »Nein, nein! daran habe ich nicht gedacht«, sagte Elias und richtete einen bedächtigen und erstaunten Blick von mir zu Queequeg hin.

      »Elias! Mein Freund und ich wären Ihnen sehr dankbar, wenn Sie fortgingen. Wir wollen nach dem Indischen und Stillen Ozean und möchten nicht gerne aufgehalten werden.«

      »Wirklich? Sie kommen schon vor dem Frühstück zurück?«

      »Der ist oben nicht richtig, Queequeg«, sagte ich. »Wir wollen weitergehen.«

      »Hallo, hören Sie doch!« rief Elias fortwährend uns nach, als wir einige Schritte weitergegangen waren.

      »Kümmere dich um ihn nicht«, sagte ich. »Queequeg, wir wollen weiter.«

      Aber er schlich sich wieder an uns heran und sagte, indem er mir mit der Hand auf die Schulter schlug: »Haben Sie nicht so etwas, das wie Männer aussah, vor einer Weile auf das Schiff zugehen sehen?«

      Über diese Frage war ich ein wenig verblüfft und sagte: »Ja. Es kam mir so vor, als ob es vier oder fünf Männer waren. Aber sie waren merkwürdig verschwommen.«

      »Sehr verschwommen, ungewöhnlich verschwommen«, sagte Elias. »Guten Morgen!«

      Wir machten uns noch einmal von ihm los, aber er kam noch einmal sanft hinter uns hergeschlichen und berührte wieder meine Schulter. »Sehen Sie mal, ob Sie sie jetzt finden?«

      »Wen denn?«

      »Morgen, guten Morgen!« Und er war bereit, weiterzugehen. »Ach, ach! Ich wollte euch nur davor warnen, aber macht nichts – nun ist es vorbei – es ist scharfer Frost heute morgen, nicht wahr? Auf Wiedersehen, ich werde euch sobald nicht wiedersehen. Es müsste denn noch vor dem Jüngsten Gericht sein.« Unter diesen verrückten Worten machte er sich schließlich davon, und ich war über diese unglaubliche Unverschämtheit nicht wenig erstaunt.

      Als wir dann an Bord des »Pequod« gingen, war alles in tiefer Ruhe, kein Laut war zu hören. Die Kajüte war von innen verschlossen. Die Luken waren zugeschoben, und davor lag Takelwerk. Als ich zu der Vorderkajüte ging, war die Luke offen. Als wir ein Licht sahen, gingen wir hinein und fanden einen alten Takelagearbeiter, der in eine zerrissene Tuchjacke gekleidet war. In seiner ganzen Länge ruhte er auf zwei Kisten; sein Gesicht war nach unten gerichtet und ruhte auf den gekreuzten Armen. Er war in tiefsten Schlaf versunken.

      »Wo mögen denn nur die Matrosen, die wir gesehen haben, geblieben sein, Queequeg?« sagte ich und sah den Schlafenden ein wenig zweifelhaft an. Aber es schien, als ob Queequeg auf dem Kai sie gar nicht bemerkt hätte. Es müsste bei mir eine optische Täuschung vorgelegen haben, wenn nicht Elias seine unerklärliche Frage gestellt hätte. Aber ich versuchte es mir auszureden. Mit einem Blick auf den Schlafenden machte ich Queequeg darauf aufmerksam, daß wir am besten uns auf den Mann setzten und riet ihm, sich in diesem Sinne hinzusetzen. Er fasste den Schlafenden am Gesäß, als ob er sich überzeugen wollte, daß er auch weich genug wäre, dann setzte er sich ohne weiteres darauf.

      »Um's Himmels willen, Queequeg, setz' dich nicht darauf!« sagte ich.

      »Ach, sehr guter Sitz«, sagte Queequeg. »Bei uns man immer so tun. Ich das Gesicht ihm nicht wehe tun.«

      »Nennst du das ein Gesicht? Das ist ja eine sehr schöne Bezeichnung, aber hör', wie schwer er atmet. Es drückt ihn. Steh auf, Queequeg, steh auf, du bist schwer, er tut sich sonst das Gesicht weh. Steh auf, Queequeg, er wird dich sonst vermöbeln, wenn er wach wird!«

      Queequeg stand auf und steckte seine Tomahawkspfeife an. Ich saß in hockender Stellung da. Wir reichten uns über den Schlafenden hinweg abwechselnd die Pfeife zu. Unterdessen teilte mir Queequeg in seiner gebrochenen Sprache mit, daß man in seinem Lande keine Sessel und Sofas hätte. Die Könige, Häuptlinge und die vornehmen Leute pflegten statt der Chaiselongues und Sofas die eigens zu diesem Zweck gemästeten Niedergestellten zu benutzen. Um ein Haus in dieser Hinsicht behaglich einzurichten, brauchte man nur acht oder zehn faule Kerle anzukaufen und sie um die Alkoven und Pfeiler herumzulegen. Außerdem wäre es auf einer Reise sehr bequem. Viel besser als die Gartenstühle, die man zu Spazierstöcken zusammenlegen könnte. So könnte ein Häuptling seinen Begleiter heranrufen, wenn er ihn als Sessel unter einem schattenspendenden Baum benutzen wollte, was besonders angenehm wäre, wenn es sich um einen feuchten und sumpfigen Morast handelte.

      Als Queequeg diese Dinge erzählte, hielt er die Tomahawkspfeife jedesmal, wenn ich sie ihm reichte, mit der scharfen Kante über den Kopf des Schlafenden.

      »Was soll das bedeuten, Queequeg?« »Töten sehr leicht sein, oh, sehr leicht!« Bei seiner Tomahawkspfeife kamen ihm wilde Erinnerungen an frühere Zeiten; sie skalpierte die Feinde und beruhigte auch seine Seele; sie hatte somit zwei Zwecken gedient. Der enge Raum füllte sich nun mit dem starken Rauch der Pfeife. Der Schlafende musste ihn einatmen, er schien ihm in die Nase zu kommen, und er wurde etwas unruhig. Er drehte sich ein oder zweimal um, dann richtete er sich auf und rieb sich die Augen. »Was seid ihr denn für welche, die ihr am Rauchen seid?«

      »Wir sind angemustert,« antwortete ich, »wann


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