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Die Therapie entdeckt die Familie. Dr. med. Günther MontagЧитать онлайн книгу.

Die Therapie entdeckt die Familie - Dr. med. Günther Montag


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      Die heutige VT kommt ohne tiefenpsychologische Erkenntnisse und Interventionen nicht aus. Denn ein großer Teil unseres Denkens und auch Fühlens läuft unbewusst ab. Das Unbewusste ist der stärkste Antrieb unseres Handelns.

      Die erste, klassische, bahnbrechende neue Form der Psychotherapie unserer Zeit war die Psychoanalyse nach Sigmund Freud. Der Klient liegt auf der Couch, der Therapeut sitzt am Kopfende außer Sicht des Klienten, hört ihm mit gleichschwebender Aufmerksamkeit zu und redet kaum. Aufgrund der umfangreichen Literatur dazu gehe ich nicht näher darauf ein, nur so weit: Freud sieht den Menschen gegliedert in Schichten, das Es (unsere triebhafte Natur), das Ich (unser bewusstes Denken und Fühlen) und das Über-Ich (die Einflüsse unserer Erziehung). Viele Psychoanalytiker arbeiteten ihr Leben lang daran, dieses Schichtensystem und die Hierarchie der Triebe zu zergliedern und zu verfeinern und auf ihre Weise zu benennen.

      Eine wichtige Weiterentwicklung der Psychoanalyse geschah durch C.G. Jung, einen der ersten Freud-Schüler, der vor allem in der Schweiz mehr bekannt ist als bei uns. Er prägte den Begriff des „kollektiven Unbewussten“, das heißt, unsere Verbindung mit Familie und Gemeinschaft. Diese Erkenntnis führt zu den heutigen systemischen Denkweisen hin. Ist denn nicht das Einfühlen in die „Familienseele“ die wirklich tiefere tiefenpsychologische Therapie?

      Die heutige sogenannte „tiefenpsychologische Therapie“, die in Deutschland als dritte Therapieform neben der VT und der Psychoanalyse von den Krankenkassen anerkannt ist, passt die Methoden der Analyse den Möglichkeiten mancher Klienten an, die lieber dem Therapeuten gegenüber sitzen und ihm in die Augen schauen wollen, und die möchten dass der Therapeut mehr eingreift und redet.

      Die non-direktive Gesprächstherapie

      Manche Menschen möchten vielleicht gar nicht so viel an sich ändern, sie möchten einfach reden. Ihnen hilft die „Gesprächstherapie“, so wird diese Form oft auch abgekürzt. Sie ist im Grunde auch eine tiefenpsychologische Therapieform.

      Das Konzept der „non-direktiven“ therapeutischen Haltung, das heißt, des „Nicht-Lenkens“, geht auf Carl Rogers zurück. Der Therapeut hört zu, und gibt in eigenen Worten das wieder, was der Klient sagt, ohne zu werten, und ohne den Klienten in eine bestimmte Richtung zu bringen. Er ist also wie ein Spiegel. Hier kommt der heute so wichtige Gedanke der „Achtsamkeit“ ins Spiel, also die Grundhaltung des Zustimmens.

      Bemerkenswert ist auch die „non-direktive Spieltherapie“ für Kinder. Das Kind darf in seinem Spiel machen was es will und sich ausdrücken – innerhalb gewisser Grenzen, zum Beispiel es darf nichts zerstören. Der Therapeut kleidet in Worte, was das Kind dabei vielleicht fühlt, und macht dem Kind so sein Inneres bewusst.

       Beispiel: Ein 10-jähriger Junge, Scheidungskind, legt sich auf den Boden und nuckelt an einer Babyflasche. Der Therapeut sagt: „Du möchtest jetzt ein Baby sein.“

      Diese Therapieform ermutigt Gehemmte, sich auszudrücken, sich anzunehmen wie sie sind.

      Die provokative Therapie

      Manche Therapeuten würzen das Gespräch durch Humor und auch manchmal durch ernste Worte. Hart aber hilfreich, das ist die provokative Therapie. „Gibt es ein denn überhaupt ein therapeutisches Deckelchen für Dich, Du trauriges Töpfchen?“ So ein Spruch ist typisch dafür.

      Es gibt dazu das bekannte gleichnamige Buch von Frank Farrelly. Interessant ist: Er war Sozialarbeiter und arbeitete mit Carl Rogers, dem Vater der „non-direktiven Therapie“ in der gleichen Klinik in kritischem und wohlwollendem Dialog.

      Der Helfer ist hier nicht nur (im Sinn der non-direktiven Haltung) ein ebener Spiegel des Klienten, ein Zerrspiegel, indem er übertrieben, vergrößert Widersprüche reflektiert, doch ohne zu lenken.

      In den folgenden Text habe ich paradoxe und provokative Interventionen eingebaut:

       Es geht jetzt um ein ernstes Thema: Den Humor.

       Es scheint, sogar Gott hat Humor. Nur solche, die sich für göttlicher als Gott halten, haben manchmal keinen.

       Was jetzt kommt, ist paradox... Bitte lesen Sie hier nicht weiter. Es stimmt einfach nicht, was hier steht. Und was ab jetzt kommt, verstehen Sie auch nicht. Natürlich lesen Sie jetzt weiter. Und erst recht.

       Die paradoxe Intervention fordert das Gegenteil heraus. Der Helfer sagt etwas "Falsches", sogar etwas "Verrücktes". Der Klient widerspricht. Besonders wenn er einer ist, der immer sofort widerspricht, so wie Sie. Nicht? Schon wieder widersprochen.

       Macht nichts. Paradoxe Interventionen nutzen ja den Widerspruch konstruktiv. Wenn der Ratgeber etwas völlig Verkehrtes sagt, widerspricht der Klient und sagt dabei aus Versehen selbst das, was hilft. Manche Therapie wirkt so, zumindest bei manchen, aber nie bei Ihnen. Ihre Widerspruchsneigung ist unbezwingbar.

       Eine paradoxe Frage ist: "Was können Sie tun, damit Ihr Symptom schlimmer wird?"

       Es gibt unfreiwillige paradoxe Interventionen: Jemand wurde wegen eines Gefühlsausbruchs in eine Klinik verfrachtet. Dort sah er einiges... und wollte gleich wieder weg. Von da an ging es ihm besser... Ein heilsames Erschrecken macht uns manchmal bereit für die Suche nach einer Lösung.

       Allerdings befürchte ich, dass Sie für so was schon viel zu alt sind? Oder noch zu jung?

       Wir alle wenden bewusst oder unbewusst paradoxes Reden an. Hast Du einmal zu jemand gesagt "Ja ja..."- und was hast Du dabei gemeint?

       Wenn ein Therapeut eine Therapie abbricht oder eine längere Pause empfiehlt, dann ist das auch manchmal eine paradoxe Intervention. Es schickt Sie zu Ihrer Verantwortung zurück, aus der Kind-Rolle in das Erwachsensein. Manchmal sind dadurch "Wunder" geschehen.

       Die paradoxe Intervention führt zum Ernst der Sache. Der "Ist-Zustand" wird als Karrikatur durch einen prägnanten Satz drastisch deutlich gemacht.

       Ein Beispiel aus meiner Muttersohn- Abteilung: "Sag mal zu Deiner Mama: Ich bin der bessere Mann für dich!" Kann er dann so weitermachen wie bisher?

      Scriptanalyse und Story-telling

      Viele Menschen haben als Kind ein Lieblingsmärchen, eine Lieblingsgeschichte, ein Buch das sie bewegt, eine Filmfigur oder eine Gestalt aus der Bibel, deren Leben sie fasziniert.

      Es scheint dass diese Figur etwas aussagt über einen Grundplan, den jeder Mensch für sein Leben hat. Wenn wir einen Klienten nach dieser Geschichte fragen, erfahren wir etwas über den innersten Grundgedanken seines Lebens.

      Die Scriptanalyse wurde durch Eric Berne begründet.

      Manchmal gelingt es, für den Klienten das Märchen zu entlarven (falls es eine Lüge enthält) und umzudichten, so dass sein Leben lebenswerter wird.

      Ich selbst lese gerne heilsame Geschichten und schreibe auch selbst welche – und am hilfreichsten sind sie, wenn sie uns über das enge „Gut – und -Böse“ -Denken hinausführen. Das Glück beginnt jenseits von Gut und Böse. Im praktischen Teil dieses Buches sind viele solche Beispielgeschichten.

      Manche therapeutisch wirksame Märchen oder Phantasiegeschichten haben schon ein Leben viel mehr verändert als es rationale Erklärungen könnten. Man denke auch an große Lehrer und Meister der Menschheit wie die Propheten des Alten Testaments, Jesus, Mohammed, Buddha, Laotse – sie haben so viel in Bildern gesprochen.

      Entspannung und Hypnotherapie

      Jede Therapie gelingt am besten in Ruhe und Entspannung. Da kommt man aus dem Tunnelblick heraus und schaut in die Weite.

      Darum fragt ein guter Therapeut am Anfang nicht zu viel über Diagnose,


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