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Stolz und Vorurteil. Jane AustenЧитать онлайн книгу.

Stolz und Vorurteil - Jane Austen


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hat, stört mich nicht weiter«, meinte Charlotte, »aber ich wünschte, er hätte mit Lizzy getanzt.«

      »Ein anderes Mal, Lizzy«, sagte Mrs. Bennet, »würde ich nicht mit ihm tanzen, wenn ich du wäre.«

      »Ich glaube, ich kann dir ziemlich fest versprechen, überhaupt nie mit ihm zu tanzen, Mutter.«

      »Sein Hochmut verletzt mich nicht einmal so sehr, wie es sonst der Fall wäre«, sagte Charlotte, »denn er hat doch eine Art Entschuldigung dafür. Man kann sich eigentlich nicht darüber wundern, daß ein so stattlicher junger Mann von so vornehmer Familie und so großem Vermögen sich selbst sehr hoch einschätzt. Ich finde, er hat gewissermaßen ein Recht zum Hochmut.«

      »Ganz richtig«, erwiderte Elisabeth, »ich könnte ihm seinen Hochmut auch leicht verzeihen, wenn er nicht meinen Stolz gekränkt hätte.«

      »Stolz«, sagte Mary, die auf die Tiefsinnigkeit ihrer Gedanken stolz war, »gehört zu den verbreitetsten unter allen menschlichen Schwächen, wenn ich mich nicht irre. Denn nach allem, was ich bisher gelesen habe, bin ich zu der Überzeugung gekommen, daß es so ist: Die menschliche Natur neigt überaus leicht dazu, diesem Übel zu verfallen, und es gibt nur wenige Menschen, die frei davon sind, aus diesem oder jenem, tatsächlichen oder eingebildeten Grunde ein Gefühl von Selbstgefälligkeit zu verspüren. Man muß auch Stolz und Eitelkeit auseinanderhalten, wenn die beiden Worte auch oft für ein und dieselbe Sache gebraucht werden: man kann stolz sein, ohne eitel zu sein. Der Stolz bezieht sich mehr auf unsere eigene Meinung von uns selbst, die Eitelkeit jedoch auf die Meinung, die wir gern von anderen über uns hören möchten.«

      »Wenn ich so reich wäre wie Mr. Darcy«, rief der junge Lucas, der seine ältere Schwester begleitet hatte, in die achtungsvolle Stille, die nach Marys Allerweltsweisheit eingetreten war, »wenn ich so reich wäre, dann könnte ich gar nicht stolz genug sein! Ich würde Fuchsjagden reiten und jeden Abend eine Flasche Wein trinken.«

      »Das wäre viel zu viel für dein Alter«, meinte Mrs. Bennet, »und wenn ich dich dabei träfe, würde ich dir die Flasche sofort wegnehmen.«

      Der Junge trumpfte auf, das dürfe sie ja gar nicht; und sie bestand darauf, sie würde es doch tun, und das Hin und Her fand erst mit dem Besuch sein Ende.

      6. KAPITEL

      Die Damen von Longbourn machten bald darauf denen von Netherfield ihre Aufwartung, und der Besuch wurde in aller Form erwidert. Janes natürliches und freundliches Wesen gewann ihr schnell die Zuneigung von Mrs. Hurst und deren Schwester Caroline. Die Mutter Bennet war ja zwar kaum zu ertragen, und zu den beiden jüngeren Mädchen auch nur höflich zu sein, lohnte sich eigentlich nicht; aber mit den beiden älteren Freundschaft zu schließen, erschien ihnen wünschenswert. Jane erwiderte diesen Wunsch voller Dankbarkeit und aus ganzem Herzen; aber Elisabeth erkannte die Anmaßung, die allen Äußerungen der Damen in Netherfield zu Grunde lag, nicht zum wenigsten Jane gegenüber, und sie konnte es nicht über sich bringen, ihr anfängliches Mißtrauen fallen zu lassen; mochte ihre Freundlichkeit gegen Jane, wenn man es schon so nennen wollte, auch dadurch einen gewissen Wert annehmen, daß sie ihren Ursprung in der Bewunderung des Bruders, Mr. Bingley, hatte.

      Daß eine solche Bewunderung wirklich bestand, war ganz unverkennbar, so oft sie zusammenkamen. Und für Elisabeth war es ebenso unverkennbar, daß Jane der Neigung, die sie von Anfang an für ihn empfunden hatte, nachzugeben begann und auf dem besten Wege war, sich gründlich zu verlieben. Der Gedanke, daß die anderen diesen Zustand nicht so bald würden entdecken können, war ihr eine große Beruhigung; denn Jane verband mit der Fähigkeit eines tiefen Gefühls eine Gleichmäßigkeit und ständige Heiterkeit, die sie vor Verdächtigungen und üblen Nachreden böser Zungen bewahrte. Sie sprach darüber mit ihrer Freundin Charlotte.

      »Es mag schon nützlich sein«, meinte diese, »in solchen Fällen der Umwelt etwas vormachen zu können; aber es kann einem auch schaden, wenn man zu beherrscht ist. Wenn eine Frau dem Gegenstand ihrer Neigung ihre Gefühle ebenso geschickt verbirgt, wird sie sich leicht um die Gelegenheit bringen, diese Gefühle eines Tages ausdrücken zu dürfen; und der Trost, daß die Welt ja nichts davon erfahren hat, scheint mir sehr schwach zu sein. In fast jeder Liebe steckt ein kleiner Kern von Eitelkeit oder Dankbarkeit, und den sollte man nicht sich selbst überlassen. Wir machen alle den ersten Schritt ganz unbefangen – daß man einen Menschen einem anderen vorzieht, ist meist selbstverständlich; aber nur die wenigsten von uns haben ein Herz, das groß genug ist, um ohne Ermunterung und Nachhilfe zu lieben. In neun von zehn Fällen ist es ratsam für eine Frau, eher mehr zu zeigen, als sie fühlt. Bingley mag deine Schwester ganz ohne Zweifel; doch wenn sie ihm nicht weiterhilft, wird er vielleicht nie etwas anderes tun, als sie nur mögen.«

      »Aber sie tut ja schon so viel, wie ihre Natur es ihr erlaubt. Wenn ich ihre Zuneigung entdecken kann, dann muß er schon sehr dumm sein, wenn er nicht dasselbe entdeckt.«

      »Vergiß nicht, Lizzy, daß er Janes Art nicht so gut kennt wie du.«

      »Wenn eine Frau einen Mann bewundert und ihre Bewunderung nicht bewußt verbirgt, dann muß er es schon selbst merken.«

      »Vielleicht ja, wenn er sie oft genug zu sehen bekommt. Bingley und Jane kommen ja recht häufig zusammen, aber erstens niemals sehr lange auf einmal und dann auch nur auf großen Gesellschaften, und da kannst du nicht verlangen, daß sie jeden Augenblick nur miteinander reden. Jane sollte daher jede Viertelstunde ausnutzen, in der sie ein wenig ungestört sind. Ist sie seiner erst sicher, dann ist immer noch Zeit genug, um sich gründlich zu verlieben.«

      »Der Plan ist nicht schlecht«, erwiderte Elisabeth, »aber nur für den Fall einer Heirat um jeden Preis; handelte es sich bloß darum, einen reichen Mann oder überhaupt einen Mann zu bekommen, dann würde ich wahrscheinlich auch nicht anders vorgehen. Aber so etwas steckt nicht hinter Janes Gefühlen; sie verfolgt keinen Zweck und keine Absicht. Bis jetzt weiß sie selbst wahrscheinlich nicht, wie weit ihre Neigung geht, und noch weniger hat sie über Vernunft oder Unvernunft nachgedacht. Sie kennt ihn erst seit zwei Wochen; sie hat viermal mit ihm in Meryton getanzt; sie war einmal bei ihm zu Hause und hat auf vier Abendgesellschaften mit ihm an einem Tisch gesessen. Das dürfte kaum genügen, um ihn näher kennen zu lernen.«

      »Nein; wenigstens nicht, wenn es sich so verhielte, wie du eben sagtest. Hätte sie nur mit ihm zusammen gegessen, dann könnte sie heute bestenfalls etwas über seinen Appetit erfahren haben; aber sie haben ja vier ganze Abende miteinander in Gesellschaft verbracht – und vier lange Abende können manches zuwege bringen!«

      »Sicher; die vier Abende haben ihnen Gelegenheit gegeben, ihre gegenseitige Vorliebe für ein bestimmtes Kartenspiel festzustellen. Aber was ihre sonstigen Charaktermerkmale anlangt, glaube ich nicht, daß sich sehr viel geklärt hat.«

      »Nun, einerlei«, meinte Charlotte, »ich wünsche Jane von ganzem Herzen Erfolg; und ich glaube nicht, daß sie eine geringere Aussicht hat, glücklich zu werden, wenn sie ihn morgen heiraten sollte, als wenn sie seinen Charakter erst ein Jahr lang studieren wollte. Glück in der Ehe ist sowieso nur von Zufälligkeiten abhängig. Zwei Leute können sich noch so gut gekannt haben, können noch so viel miteinander gemein gehabt haben, auf das Glücklichwerden hat das nicht den geringsten Einfluß. Der eine oder andere von ihnen wird sich immer genügend verändern, um beiden ihr Teil Kummer und Ärger zu sichern; und da ziehe ich es doch vor, von vornherein möglichst wenig über die schlechten Eigenschaften des Mannes zu erfahren, mit dem ich mein ganzes Leben verbringen muß.«

      »Das ist ein guter Scherz, Charlotte; aber ernst kann ich das nicht nehmen. Du kannst das doch selber nicht, und du weißt, daß du nie nach solchen Grundsätzen handeln würdest.«

      Elisabeth war so eifrig damit beschäftigt, Mr. Bingley’s Aufmerksamkeiten gegen Jane zu beobachten, daß ihr das Interesse vollkommen entging, das sein Freund für sie zu empfinden begann. Anfangs wollte Darcy sie nicht einmal als hübsch gelten lassen; auf dem Ball hatte er sie voll Gleichgültigkeit angeschaut; und als sie sich danach wieder trafen, hatten seine Augen sie höchstens kritisch gestreift. Aber kaum war er sich darüber im klaren – und hatte er es seinen Freunden klargemacht –, daß sie ein


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