Mein Blutsbruder: Der Orden der Schwarzen Löwen – Die Jagd auf eine Mörderbande. Tomos ForrestЧитать онлайн книгу.
oder Kara Ben ist mir noch nie begegnet, warum sollen die denn auch noch mitkommen?«
Jetzt lachte der Wurzelsepp so herzlich heraus, dass ihm schließlich die Tränen über die Wangen rollten, während unser Bummelzug langsam in den Bahnhof von Innsbruck einlief.
Wir griffen unser Gepäck auf und stiegen aus unserem Abteil, wobei wir einiges Aufsehen erregten, denn wir alle trugen unsere Gewehre über der Schulter. Nun, ich räume ein, dass die zahlreichen Jagdausflügler zu dieser Zeit durchaus in ähnlicher Weise herumliefen – trotzdem war es doch immer ein ungewohnter Anblick, gleich drei Männer mit Gewehren über der Schulter auf dem Bahnsteig zu sehen. Und wir erregten auch gleich die Aufmerksamkeit eines Gendarmen, der uns schon von Weitem beobachtet hatte, dabei unaufhörlich seinen Schnurrbart abwechselnd auf beiden Seiten zwirbelnd. Er setzte sich in Bewegung, und wir blieben stehen, stellten die kleinen Reisetaschen ab und begrüßten den Polizisten mit freundlichen Gesichtern, während er stirnrunzelnd unsere Waffen musterte.
»Jagdausflug, die Herren?«, schnarrte er schließlich mit seltsam metallisch klingender Stimme, und Sepp griff in die Jackentasche, zog seine königliche Legitimation heraus und reichte sie dem Beamten, der einen raschen Blick darauf warf und uns dann zunickte.
»Schon in Ordnung, wenn auch in Bayern und nicht in Österreich ausgestellt. Dann wünsche ich noch eine gute Weiterreise, wohin soll es denn gehen?«
»Wir brauchen die Hilfe der Polizei!«, antwortete Sepp mit geheimnisvoll gesenkter Stimme. »Wo ist denn die nächste Wache?«
»Oh, da begleite ich Sie am besten, meine Herren. Es ist nicht weit von hier aus.«
7. Kapitel
»Ihre Beschreibung hört sich zwar sehr detailliert an, aber eine Fotografie wäre da natürlich etwas einfacher«, erklärte uns Kommissar Waller, nachdem wir unseren Bericht beendet hatten. Der Beamte hatte uns aufmerksam zugehört, jetzt nahm er eine Mappe auf, blätterte eine Weile darin und zog schließlich eine Vergrößerung heraus, drehte sie zu uns und deutete auf den dort erkennbaren Mann.
»Das ist Baron Hermann von Falkenstein!«, rief ich erstaunt aus. »Sie haben also eine Akte über ihn? Wie kommt das?«
Der Beamte machte eine abwehrende Handbewegung.
»Nicht so voreilig, mein Herr. Dieser Mann hier ist also mit Ihrem Herrn Baron identisch?«, vergewisserte er sich noch einmal.
Auch Sepp nickte nach einem raschen Blick.
»Natürlich, ich habe ihn mehrfach bei Hofe erlebt. Der Baron ist bei uns ein bekannter Mann!«
»Also …«, antwortete der Kommissar und nahm das Blatt noch einmal auf. »Entweder hat er einen Doppelgänger, oder dieser Falkenstein ist ein ganz abgefeimter Betrüger und Anarchist!«
Jetzt war es an uns zu staunen.
»Anarchist?«, echote ich, und auch Sepp hatte erstaunt seinen Mund weit aufgesperrt. Nur Anton tippte mehrfach auf das Foto und nickte dazu.
»Der Sumser geat ma aufn Zoager!«, verkündete er barsch, und als ihn der Kommissar verständnislos ansah, ergänzte er: »Der Mann ist mir vom ersten Tag an auf die Nerven gegangen!«
»So, dann suchen wir also doch den gleichen Mann, wie es scheint!«, stellte Waller mit leicht ironischem Unterton fest. »Sollte mich mit dem Gesicht auch wundern! So ein blasierter Mensch fällt einem auf, und man vergisst es so schnell nicht wieder. Also, meine Herren, dann habe ich gute Nachrichten für Sie!«
»Er wurde bereits in der Stadt gesichtet?«, rief Sepp erfreut aus, und der Kommissar schmunzelte.
»Nein, viel mehr. Er befindet sich bei uns in sicherem Gewahrsam!«
»Das ist aber mal eine gute Nachricht!«, stieß Sepp aus und ließ ein erleichtertes Schnaufen folgen. »Aber wie ist das möglich?«
Anton fiel immer wieder in seinen Dialekt zurück, so auch jetzt, als er sich wieder einmal erkundigte: »Kruzifix noamal eini, wia ischn des passiert?«
»I vergiss mi«, erwiderte aber der Kommissar im Innsbrucker Dialekt. »Es isch ietz amol a so. Und ich würde mich sehr freuen, wenn wir ab jetzt wieder Hochdeutsch sprächen!«
»Das kann eh nur der Charly hier!«, warf Sepp ein, und damit löste sich die leichte Spannung. Der Kommissar lehnte sich lächelnd auf seinem Stuhl zurück und erklärte:
»Es war einer meiner Beamten, die Dienst am Bahnhof taten. Ihm fiel der Mann auf, weil er eine Auseinandersetzung mit einem anderen Herrn hatte, als er auf dem Bahnsteig stand. Schließlich wurden die beiden handgreiflich, und der Beamte schritt ein. Während der, den Sie den Baron nennen, auch gegen ihn ausfallend wurde, nutzte der andere die Gelegenheit und verschwand im Gewühl der Reisenden.«
»Und – Baron von Falkenstein? Sitzt tatsächlich in Ihrem Gefängnis?«, wollte ich wissen.
»Aber ja, natürlich, ich sage es Ihnen doch gerade! Eine Überprüfung seiner Personenbeschreibung ergab, dass ein gewisser Friedhelm Morgenstern alias Baron von Falkenstein bereits wegen mehrfachen Wechselbetruges in Deutschland wie auch in Luxemburg, Belgien und Monte Carlo gesucht wird. Und man verdächtigt ihn nicht nur dieser Betrügereien, sondern zudem auch der Beteiligung an einem Bombenanschlag hier in Innsbruck. Inzwischen wissen wir es mit Bestimmtheit, dass er im Kontakt mit einer hiesigen Gruppe Anarchisten steht.«
Kommissar Waller zeigte eine äußerst zufriedene Miene, als er seinen Bericht wieder endete.
»Ein Bombenanschlag – wie das?«, wollte ich wissen.
»Nun – wie unsere Ermittlungen ergeben haben, hatte er in einem Pfandhaus mehrere Goldstücke versetzt und wollte sie auslösen, hatte aber den Pfandschein nicht mehr. Der Betreiber verweigerte zu Recht die Herausgabe. Noch in der Nacht explodierte eine Bombe in dem Haus und ließ es niederbrennen.«
»Und – der Bombenwerfer war dieser Morgenstern?«, hakte ich nach.
»Man hat ihn dort kurz vor der Explosion gesehen, und zwar in einem gegenüber an der Ecke befindlichen Lokal. Dort hat er in der Zeit von elf Uhr dreißig des Nachts bis zur Mitternachtsstunde gesessen und nur immer an seinem Glas Bier genippt. Dabei fiel dem Wirt seine Nervosität auf, denn immer wieder zog er seine Taschenuhr heraus und las die Zeit ab.«
»Das ist natürlich sehr verdächtig!«, sagte ich ironisch, aber der Kommissar nickte nur bestätigend.
»Wollen wir einmal hinüber in das Gefängnis gehen? Ich muss nur zwei Beamte dazu mitnehmen, wir wollen ja kein Risiko eingehen!«, sagte Waller und lächelte dabei höchst vergnügt.
Kaum fünf Minuten später waren wir auf dem Weg und gingen durch ein paar endlose Gänge des Nebenhauses, wo uns jeweils die dort stehenden Beamten nach kurzem Blick die vergitterten Türen aufschlossen.
»Hier sind wir richtig!«, meldete einer der Schließer dem Kommissar, suchte eine Weile an seinem Schlüsselbund nach dem richtigen Schlüssel und drehte ihn schließlich mehrfach herum. Dann öffnete er die Tür und – erstarrte nach dem ersten Schritt.
»Aber das … das ist unmöglich!«, stammelte der Schließer.
Wir drängten uns hinter ihm durch und standen in der leeren Zelle. Das Fenster stand weit offen, von den Stäben waren in der Mitte alle entfernt, nur rechts und links waren zwei stehen geblieben. Dort hatte der Gefangene das Bettlaken angeknüpft, sich durch die Öffnung gezwängt und war an der Außenwand hinuntergeklettert. Ich sah aus dem Fenster und erkannte, dass eine Flucht nach der Überwindung dieses Fensters geradezu sträflich leicht war. Vom Fenster war es nicht weit nach unten zu einem breiten, umlaufenden Steinsims. Und von dort in die Freiheit war es wirklich nur noch ein Katzensprung, denn das Gebäude war selbst ein Teil der Gefängnismauer, die jeweils direkt an das Gebäude mündete.
»Der ist auf und davon, Herr Waller!«, sagte ich bedauernd, und der Kommissar begann eine schier endlose Schimpftirade auf alle unfähigen Schließer loszulassen. Dann bückte er sich plötzlich unter die Pritsche, auf der nur noch