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La Fontaines Fabeln. Jean de la FontaineЧитать онлайн книгу.

La Fontaines Fabeln - Jean de la Fontaine


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zu erhalten verstanden. Es ist dieselbe Korrektheit und Knappheit im Ausdruck, die nämliche Bequemlichkeit im Reimen; es ist kein Flickwort da, kein überflüssiges Detail, das lediglich dem Bedürfnis, zu einem vorhandenen Worte ein anklingendes Wort zu finden, sein Dasein verdankt. Aus diesem Reimbedürfnis beschenkt Gleim die Milchfrau mit den schönsten Gaben, mit dem Familienglück und der Gesundheit »an Seele und Leib«, – was sicherlich für die Geschichte vom Milchtopf, der durch einen unvorsichtigen Sprung der jungen Frau vom Kopfe gleitet und zerbricht, von äußerstem Belang ist. Und wie mühsam schleppt sich der langweilige Alexandriner bei Gleim dahin, wie leichtfüßig hüpft er bei Dohm daher!

      Wenn Lafontaine in seinen Versen dieses Mühselige und Schwerfällige beabsichtigt, so weiß Dohm dies mit derselben Gewandtheit unserer Sprache wiederzugeben. Da ist z. B. die Fabel von der Kutsche und der Fliege, die in langsamen, trägen Versen im Original also anhebt:

      Dans un chemin montant, sablonneux, malaisé,

       Et de tous les côtés au soleil exposé,

       Six forts chevaux tiraient un coche.

       Femme, moine, vieillard, tout était descendu;

       L'equipage suait, soufflait, était rendu.

      Ebenso saumselig und ermattet lauten die Verse in der Dohmschen Übersetzung:

      Auf steilem Weg, bergan, zogen durch tiefen Sand

       Sechs starke Gäule bei der Sonne glüh'ndem Brand

       'ne Landkutsche mit viel Beschwerden.

       Weib, Mönch und Greis stieg aus an diesem schwier'gen Ort.

       Das schwitzende Gespann kam keuchend kaum noch fort.

      Lafontaine hat, wie man bemerkt haben wird, sich in seinen Versen in diskreter Weise der Klangmalerei bedient und mit den Hauptverben » suait, soufflait« die Alliteration angewandt. Der Sorgsamkeit des Übersetzers ist diese Einzelheit nicht entgangen, und wie Lafontaine, so alliteriert auch er in der Übersetzung: »schwier'ge«, »schwitzende«; »kam, keuchend kaum«. Man halte das nicht für einen Zufall, es ist eine wohlbeabsichtigte künstlerische Intention des Übersetzers, der selbst für die geringfügigen Äußerlichkeiten der französischen Dichtung bei seiner deutschen Umdichtung immer nach einem Ersatze gesucht – und ihn auch gefunden hat.

      Am bewundernswertesten ist die Kunst, mit der Dohm den steifbeinigen Alexandriner behandelt. Dieser hartmäulige Gaul, der alle sechs Schritt vor der Cäsur stehen bleibt und bockt, galoppiert und trabt hier fröhlich daher, ganz nach dem Gefallen des kundigen Reiters. Gerade wie Lafontaine versteht es der Übersetzer die metrische Cäsur durch das Sinnliche zu verdecken, und in den Vers einen ganz unerwarteten Rhythmus, eine lebhafte Bewegung hineinzubringen. Die Moral der Fabel vom Müller, seinem Sohn und dem Esel heißt bei Lafontaine:

      Quant à vous, suivez Mars, ou l'Amour, ou le prince,

       Allez, venez, courez, demeurez en province:

       Prenez femme, abbaye, emploi, gouvernement:

       Les gens en parleront, n'en doutez nullement.

      Dohm übersetzt:

      Du – geh' zu Hofe, schwör' zu Mars', zu Amors Fahnen,

       Steh, lauf, bleib hier, zieh' dich zurück ins Schloß der Ahnen,

       Werd' Geistlicher, Soldat, Rat, nimm ein Weib, nimm keins:

       Dem Klatsch der Welt verfällst du doch – 's ist alles eins!

      Wenn man diese Verse laut liest, wird man kaum gewahr, daß es Alexandriner sind, so geschickt hat Dohm die langweilige Cäsur durch den Sinn zu beseitigen verstanden.

      Diese Beispiele – es sind im Verhältnis zu dem großen und umfangreichen Werke nur sehr wenige – müssen uns zur Charakterisierung der Dohmschen Übersetzung genügen. Sie sind aber auch wohl ausreichend, um das Verdienstliche dieser zwar sehr beschwerlichen, aber auch sehr lohnenden Arbeit zu zeigen. Überall, wo wir die Probe gemacht, haben wir den Übersetzer als sprachkundigen, einsichtigen, feinfühligen und mit einer seltenen Formgewandtheit ausgestatteten Dichter bewährt gefunden, der jedesmal mit dem ersten Schlage sicher den Nagel auf den Kopf trifft. Für die ruhige, gemessene Schilderung, wie für die dramatische Lebendigkeit des Dialogs, für den harmlosen Scherz, der bisweilen bis zur Posse sich herabläßt, wie für den ergreifenden Ernst, der sich unter Umständen zur Großartigkeit zu erheben weiß, – für alle Töne, die der französische Dichter anschlägt, hat Dohm die entsprechenden Laute, oder zum mindesten die Anklänge in unserer Muttersprache gefunden. Zu den Meistern der deutschen Übersetzungskunst, zu unseren Schlegel und Tieck, Rückert, Freiligrath, Geibel und Baudissin, Heyse, Gildemeister, Bodenstedt und Wilbrandt ist ein neuer hinzugetreten: Ernst Dohm, der mit dieser schönen Arbeit in die Reihen jener hochverdienten Männer gerückt ist, die den Ruhm beanspruchen dürfen, durch ihre vollgültigen Übersetzungen große Dichter der Fremde bei uns heimisch gemacht zu haben. Lafontaine sollte trotz seines spezifischen Franzosentums uns jetzt kein Fremder mehr sein. Dohm hat ihm das Ehrenbürgerrecht in Deutschland erwirkt.

      Das war der Schlußsatz meiner Besprechung in der »Gegenwart«, Januar 1877.

      Es mag wundersam berühren, fast unerklärlich erscheinen, daß erst nach nahezu vier Jahrzehnten dem ersten Erscheinen des Werkes diese neue Ausgabe folgt. Und doch läßt es sich erklären. Die erste Ausgabe im Verlage der Möserschen Hofbuchhandlung (vom Jahre 1877) war ein Prachtband in Groß-Folio Die Prachtausgabe ist im Buchhandel noch zu haben. Mit freundlicher Erlaubnis der Firma W. Möser, der auch hier gedankt sei, erscheint jetzt diese Volksausgabe. mit massenhaften riesigen Zeichnungen von Gustave Doré, eines jener Bücher für den Prunktisch im Salon, die manchmal besehen und eigentlich nie gelesen werden. Die Illustrationen von Doré waren eben die Hauptsache und Lafontaines Fabeln zum verbindenden Text herabgedrückt, den man als unvermeidliche Beilage mit in den Kauf nehmen mußte. Schon rein äußerlich – durch die opulente Ausstattung in Druck, Papier und Einband – verriet es seine löbliche Bestimmung: als Festgeschenk.

      Danach mußte natürlich auch der Preis bemessen werden, der für die Hausbibliothek, für das größere lesende Publikum viel zu hoch war. Unter diesem Glanz des Äußerlichen vermutete man nicht ein Werk von innerem literarischen Wert, nicht diese entzückend schlichte Dichtung. So darf man denn getrost behaupten, daß die Dohmsche Übersetzung der Fabeln Lafontaines bis zur Stunde eigentlich noch gar nicht erschienen und deshalb in Deutschland so gut wie unbekannt geblieben ist.

       Nun erst, ihres prunkhaften Aufputzes entkleidet, bietet sie sich uns dar als das, was sie ist: in ihrer natürlichen Einfachheit und anspruchslosen Anmut. Da können wir zwanglos mit ihr verkehren, sie näher kennen lernen und liebgewinnen.

      Sollte es gelingen, dem deutschen Nachdichter – und mit ihm auch dem französischen Dichter – bei uns zu ihrem Rechte zu verhelfen, so käme diese von den Töchtern Ernst Dohms veranstaltete Volksausgabe, wenn auch spät, doch nicht zu spät.

      Im Hochsommer 1913

      Paul Lindau

      Erstes Buch

      1. Die Grille und die Ameise

      Grillchen, das den Sommer lang

       Zirpt' und sang,

       Litt, da nun der Winter droht,

       Harte Zeit und bittre Not:

       Nicht das kleinste Würmchen nur,

       Und von Fliegen keine Spur!

       Und vor Hunger weinend leise

       Schlich's zur Nachbarin Ameise;

       Fleht sie an, in ihrer Not

       Ihr zu leih'n ein Körnlein Brot,

       Bis der Sommer wiederkehre.

       »Glaub' mir« sprach's »auf Grillen-Ehre,

       Vor dem Erntemond noch zahl'

       Zins ich dir und Kapital.«

       Ämschen, die, wie


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