Der fliegende Holländer. Фредерик МарриетЧитать онлайн книгу.
dächte fünfhundert Gulden,« erwiderte der Andere.
»Gut; sei's drum – aber nur unter der Bedingung, dass sie, im Falle mein Anteil an der Beute sich nicht so hoch beläuft, dennoch mir gehört und ich sie für meinen Part behalten darf, wie viel er auch immer ausmachen mag.«
»Das ist nicht mehr wie billig,« sagte der Andere.
»Aber ich müsste mich sehr täuschen, wenn wir aus den Truhen des Alten nicht mehr als zweitausend Gulden fegten.«
»Was meint ihr beiden Anderen – bleibt es dabei, dass Baetens das Mädel haben soll?«
»Ja,« versetzten die Andern.
»Wohlan denn,« erwiderte derjenige, welcher sich Mynheer Poots Tochter ausbedungen hatte, »jetzt bin ich mit euch – Herz und Seele. Ich liebte das Mädchen und versuchte, sie für mich zu gewinnen – ja, ich machte ihr sogar einen Heiratsantrag, aber der alte Filz hat mich zurückgewiesen, – mich, einen Fähnrich und Offizier; aber jetzt will ich Rache haben. Wir schonen ihn nicht.«
»Nein, nein,« entgegneten die Anderen.
»Wollen wir gleich jetzt aufbrechen, oder noch eine Weile warten, bis es später ist? Ungefähr in einer Stunde geht der Mond auf und wir können gesehen werden.«
»Wer sollte uns auch sehen, wenn es nicht etwa Jemand ist, der ihn zu einem Patienten holen will? Ich bin der Ansicht, je später, desto besser.«
»Wie lange werden wir brauchen, um an Ort und Stelle zu gelangen?«
»Seine Wohnung ist keine halbe Stunde entlegen. Gesetzt, wir brechen nach einer halben Stunde auf, so langen wir gerade in rechter Zeit an, um die Gulden beim Mondscheine zählen zu können.«
»Recht so. Inzwischen setze ich einen neuen Stein in mein Schloss und lade meine Büchse. Das kann ich auch im Dunkeln verrichten.«
»Du bist daran gewöhnt, Jahn.«
»Allerdings – und ich denke, diese Kugel soll dem alten Spitzbuben durch den Kopf fliegen.«
»Gut; 's ist mir lieber, wenn du ihn totschießt, als wenn ich's tun sollte,« versetzte ein Anderer. »Er hat mir zu Mittelburg das Leben gerettet, als mich Jedermann schon aufgegeben hatte.«
Philipp wartete nicht weiter ab. Er kroch hinter dem Gebüsche weiter, bis er den Wald erreicht hatte und machte nun einen Umweg, um von dem Raubgesindel nicht entdeckt zu werden. Er wusste, dass es entlassene Soldaten waren, die in Massen das Land unsicher machten. Alle seine Gedanken gingen nur darauf hin, den alten Doktor und dessen Tochter gegen die ihnen bevorstehende Gefahr zu schützen, so dass er für eine Weile sogar seinen Vater und die aufregenden Enthüllungen des Tages vergaß. Obgleich er beim Aufbruche von seiner Wohnung nicht gewusst hatte, in welcher Richtung er ging, so kannte er doch die Gegend genau, und nun es Not tat, zu handeln, erinnerte er sich schnell, wo er Mynheer Poots' einsame Behausung aufzusuchen hatte. In größter Hast eilte er nach derselben hin und langte in weniger als zwanzig Minuten an der Tür an.
Wie gewöhnlich war Alles stumm und die Tür verschlossen. Philipp klopfte, erhielt aber keine Antwort. Nach mehrmaligem vergeblichem Pochen wurde er ungeduldig. Mynheer Poots musste zu einem Kranken gerufen worden sein und war nicht zu Hause. Philipp rief daher so laut, dass er im Innern gehört werden konnte:
»Jungfrau, wenn Euer Vater ausgegangen ist, wie ich vermute, so hört, was ich Euch zu sagen habe. Ich bin Philipp Vanderdecken und habe eben erst vier Schurken belauscht, welche einen Anschlag schmiedeten, Euren Vater zu ermorden und ihn seines Geldes zu berauben. In weniger als einer Stunde werden sie hier sein, und ich eilte zu Euch, um Euch zu warnen und zu beschützen, wenn es in meiner Kraft liegt. Ich schwöre bei der Reliquie, die Ihr mir diesen Morgen ausgeliefert habt, dass meine Angabe wahr ist.«
Philipp harrte eine Weile, ohne dass eine Erwiderung erfolgte.
»Jungfrau,« nahm er wieder auf, »antwortet mir, wenn Ihr das wertschätzt, was Euch noch teurer sein muss, als sogar Eurem Vater das Geld ist. Öffnet das Fenster und hört, was ich zu sagen habe. Ihr lauft keine Gefahr dabei, und selbst wenn es nicht dunkel wäre, so habe ich Euch ja bereits gesehen.«
Kurze Zeit nach dieser zweiten Anrede wurde das obere Fenster geöffnet, und Philipp konnte die leichte Gestalt von Mynheer Poots' schöner Tochter durch die Dunkelheit unterscheiden.
»Was willst Du, junger Mann, zu dieser ungebührlichen Stunde, und was hast du mir mitzuteilen? Ich verstand dich nur unvollkommen, als du an der Tür sprachst.«
Philipp teilte nun umständlich mit, was er gehört hatte, und schloss mit der Bitte, ihn einzulassen, damit er sie verteidigen könne.
»Überlegt wohl, Jungfrau, was ich Euch gesagt habe. Ihr seid an einen dieser Bösewichte verkauft, dessen Name, wie ich vernahm, Baetens ist. Ich weiß, dass Ihr auf das Geld keinen Wert legt, aber denkt an Eure eigene, teure Person – lasst mich in das Haus und glaubt ja nicht, dass meine Geschichte erdichtet sei. Ich schwöre Euch bei der Seele meiner teuren armen Mutter, die, wie ich hoffe, jetzt im Himmel ist, dass ich Euch mit keiner Silbe belogen habe.«
»Baetens habt Ihr gesagt, Herr?«
»Wenn ich nicht irre, so war dies der Name; er sagte, er hätte Euch einmal geliebt.«
»Der Name ist mir nicht unbekannt, und ich weiß nicht, was ich tun oder sagen soll. Mein Vater ist zu einer Gebärenden gerufen worden und bleibt vielleicht noch viele Stunden aus. Aber wie kann ich Euch die Tür öffnen – zur Nachtzeit – während mein Vater abwesend ist – und ich allein bin? Ich kann und darf nicht, obgleich ich Euren Worten Glauben schenke. Gewiss, es ist unmöglich, dass Ihr so schändlich sein könntet, eine derartige Erzählung zu erdichten.«
»Nein – bei meiner Hoffnung auf künftige Seligkeit! Ich wäre es nicht im Stande! Aber setzt nicht Euer Leben und Eure Ehre auf's Spiel, sondern gebt mir Einlass.«
»Und wenn ich's auch täte, was könntet Ihr anfangen gegen so Viele? Die Vier würden Euch als einen einzelnen Mann bald überwältigen, und es ginge nur ein Leben weiter verloren.«
»Nicht, wenn Ihr Waffen habt, und Euer Vater wird sich wohl damit vorgesehen haben. Ich fürchte die Strauchdiebe nicht – und Ihr wisst, dass ich Entschlossenheit besitze.«
»Allerdings – und nun wollt Ihr Euer Leben für Leute wagen, die Ihr früher selbst mit einem Angriffe bedrohtet? Ich danke Euch – danke Euch von Herzen, Herr – aber ich wage es nicht, die Tür zu öffnen.«
»Wenn Ihr das nicht wollt, Jungfrau, so bleibe ich hier, obgleich ohne Wehr und nur schlecht im Stande, mit vier gut bewaffneten Räubern zu kämpfen. Aber dennoch will ich Stand halten und Euch meine Aufrichtigkeit dadurch beweisen, dass ich Euch gegen alle Angriffe verteidige – ja, sogar hier unter freiem Himmel.«
»Dann werde ich Eure Mörderin sein! Nein, das kann ich nicht zugeben. Oh! – Schwört, schwört mir, Herr, bei Allem was heilig und rein ist, dass Ihr mich nicht täuschen wollt.«
»Ich schwöre bei Euch selbst, Jungfrau, die Ihr mir heiliger seid, als Alles!«
Das Fenster schloss sich und bald nachher wurde oben ein Licht sichtbar. Eine Minute später öffnete Mynheer Poots' Tochter die Tür. Sie stand mit dem Lichte in der rechten Hand da, und die Farbe ihrer Wangen wechselte vom tiefsten Roth bis zur Leichenblässe. Ihre Linke, in der sie eine Pistole halb verborgen hielt, hing an ihrer Seite nieder. Philipp bemerkte diese Vorsichtsmaßregel, achtete aber nicht darauf und suchte sie zu beruhigen.
»Jungfrau,« sagte er, ohne einzutreten, »wenn Ihr noch immer Bedenken tragt – wenn Ihr es nicht für geheuer haltet, mich einzulassen, so ist es noch Zeit, die Tür wieder zu schließen; aber um Eurer selbst willen bitte ich Euch, es nicht zu tun. Noch ehe der Mond aufgeht, werden die Räuber hier sein, und wenn Ihr mir nur Vertrauen schenkt, will ich Euch mit meinem Leben beschützen. Wer könnte auch einem Wesen, wie Ihr seid, etwas zu Leide tun?«
Wie sie so dastand, unschlüssig und verwirrt durch die Eigentümlichkeit