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Die verborgenen Geheimnisse. Marc LindnerЧитать онлайн книгу.

Die verborgenen Geheimnisse - Marc Lindner


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zu können. Hönnlin nahm sich vor sie später während der Reise darauf anzusprechen. In dieser Welt konnte man nicht vorsichtig genug sein, besonders als junge Frau.

      Wie zu erwarten hatte sich der Wald in den wenigen Wochen beachtlich gewandelt und ein neues Kleid angelegt. Zum Glück hatte sich Hönnlin markante Bäume eingeprägt und so fand er zielsicher seine einstige Lagerstelle. Clara achtete nicht auf den Weg. Sie war fasziniert von all den Tieren, denen sie begegneten und die sie aufschreckten. Einige sah sie wohl zum ersten Mal bewusst. Hönnlin freute sich über die großen Augen, die sie dabei machte und erklärte ihr, was er wusste. Auch maß er seine Schritte bedächtig ab, um weniger Lärm zu verursachen. Doch sein Esel erinnerte sich an seinen störrischen Charakter und machte alles zunichte. Ihm gefiel es nicht, ständig stehen bleiben zu müssen und gab das lauthals kund. Unzählige Vögel flogen in den Himmel und weithin nahmen die Waldbewohner Reißaus oder versteckten sich.

      „Dummer Esel“, schüttelte Hönnlin den Kopf.

      Clara lachte nur.

      „Komm, du kannst mir suchen helfen. Hier irgendwo müsste eine alte Feuerstelle sein. Wahrscheinlich sind nun Blätter darüber.“

      Mit freudiger Aufregung half Clara beim Suchen. Hönnlin wusste in etwa, wo die Stelle sein musste, doch er ließ Clara sie finden.

      „Hier ist sie“, rief Clara mit für eine Novizin unangebrachter Begeisterung.

      Als Hönnlin sich umdrehte, waren die Blätter bereits weggewischt. Die Asche war größtenteils weggeweht und nur mehr grobe Stücke und geschwärzte Erde verrieten das einstige Lagerfeuer.

      Hönnlin nahm seine kleine Schaufel und wollte ansetzen das Loch erneut auszuheben, doch Clara bettelte förmlich darum, es selbst tun zu dürfen.

      Er wollte sie ermahnen vorsichtig zu sein, doch dazu ließ ihm Clara keinen Grund. Clara schien die geborene Schatzsucherin zu sein. Nur vergaß sie schnell ihr Novizinnentracht und so musste Hönnlin deswegen ihre Abenteuerlust zügeln.

      Vorsichtig hob Clara das in Leder eingewickelte Paket hervor und wischte vorsichtig, beinahe andächtig, die anhaftende Erde ab. Nach kurzem Betrachten reichte sie es Hönnlin, ohne zu wagen es zu öffnen.

      Hönnlin sah sie eine Weile ins Gesicht und auch wenn Clara es schaffte seinen Blick zu erwidern, stellte sie keine Frage, auch wenn ihre Neugier geweckt war.

      „Du möchtest nicht wissen, was darin ist?“, neckte Hönnlin, da es ihm egal sein konnte, wenn sie es wusste.

      „Doch“, lachte Clara. „Aber sie werden es kaum hier verstecken, wenn sie möchten, dass jeder weiß, was sie haben.“

      „Ja, das stimmt wohl“, zeigte sich Hönnlin beeindruckt. „Du hast einen wachen Geist.“

      Clara lächelte zufrieden und schloss das Loch.

      „Aber ich möchte überprüfen, ob alles unbeschadet ist und ich habe das Gefühl, dass mein Geheimnis bei dir gut aufgehoben ist.“ Clara würde nichts verraten können, denn in Frankreich würde er das letzte Mal als Bruder Johannes einkehren.

      Es waren rund zwei Dutzend Schriften, die Hönnlin hier vergraben hatte, davon waren aber nur die Hälfte als Bücher zu bezeichnen. Auch zwei Schriftrollen waren darunter und ansonsten waren es notdürftig zusammen gebundene Zeichnungen und Texte.

      Abermals konnte er sich an Claras großen Augen erfreuen und er ließ sie bereitwillig hineinschauen.

      „Aber das kann man doch nicht lesen, oder?“, wollte Clara verwundert wissen, als sie arabische Texte sah.

      „Doch, aber es ist eine andere Schrift wie die unsere. Das ist die arabische Schrift“, erklärte Hönnlin.

      „Es gibt mehrere Schriften?“ Davon hatte sie noch nie gehört.

      „Ja, viele“, bestätigte Hönnlin. „Aber frag mich nicht wie viele.“

      „Aber“, wunderte sich Clara, „es gibt doch schon unterschiedliche Sprachen und alle die ich kenne haben die gleiche Schrift. Wie kann das sein?“

      „Nun die Schrift ist wohl an vielen Orten gleichzeitig entwickelt worden und deshalb gibt es in vielen Regionen unterschiedliche Schriften. Bei uns hat sich wohl für viele Länder nur eine Schrift behaupten können.“ So recht wusste Hönnlin hierauf auch keine Antwort.

      „Aber es ist schon schwer genug eine andere Sprache zu lernen. Wie soll das gehen, wenn man auch noch eine andere Schrift lernen muss?“, versuchte Clara sich die Mühe vorzustellen. „Können sie das lesen?“

      „Ja, aber es fällt mir schwer. Aber nur so kann man ganz neue Dinge lernen.“

      „Was für Dinge?“, wollte Clara wissen.

      „Andere Kulturen, andere Vorstellungen aber auch Erfindungen in Medizin oder in der Kunst des Bauens.“

      Clara machte große Augen und blickte Hönnlin sprachlos an.

      „Aber warum haben sie die hier versteckt?“, fragte Clara nach einer Weile, als Hönnlin dabei war sie einzupacken. „Im Kloster wären sie doch viel besser geschützt und da könnte jeder sie lesen.“

      „Glaubst du das?“, antwortete Hönnlin mit einer Gegenfrage.

      Die Frage machte Clara nachdenklich und so antwortete sie nicht gleich darauf.

      „Ich habe dir etwas noch nicht gesagt, weil keiner außer dir es wissen darf.“

      Clara runzelte die Stirn während Hönnlin zum Esel ging und in einer Tasche kramte.

      „Hier habe ich noch eine Mönchskutte und ich möchte, dass du die während der Reise trägst.“

      „Wieso? Was ist an meiner Kleidung nicht gut“, fragte Clara verwundert. Aber sie wirkte keineswegs schockiert, so wie Hönnlin es erwartet hatte.

      „Hier draußen ist eine andere Welt als in einem Kloster, oder selbst in der Stadt. Hier ist es gefährlich als Mädchen herumzulaufen. Du bist weithin als einfaches Opfer erkennbar. Als zwei Mönche werden wir weniger Aufmerksamkeit auf uns ziehen.“

      Clara verstand das nicht ganz, aber sie glaubte ihm.

      „Na gut, mir gefällt die Novizinnentracht ohnehin nicht“, lachte sie und schlug sich dann die Hand auf den Mund.

      „Keine Angst, das bleibt unser Geheimnis“, lächelte Hönnlin belustigt. „Ich schätze ehrliche Meinungen.“

      Clara brannte eine Antwort auf der Zunge, aber sie wagte nicht sie auszusprechen. Aber auch so wusste er, was sie sagen wollte und konnte sie nur allzu gut verstehen.

      Hönnlin reichte ihr die Kleidung und Clara ging fort, sich umziehen. Als sie zurückkehrte hatte sie die Kapuze aufgesetzt, grinste frech und freute sich diebisch. Wahrscheinlich stellte sie sich das Gesicht der Äbtissin vor, wenn diese sie so sehen würde.

      „Wir können nun den Weg zurück zur Kreuzung gehen“, begann Hönnlin und versuchte seinerseits ein Grinsen zu unterdrücken, „oder wir gehen auf direktem Weg durch den Wald. Du entscheidest.“

      „Durch den Wald“, antwortete Clara prompt und spielte mit den ungewohnt weiten Ärmeln ihrer Kutte.

      „Du bist mir eine Novizin“, lachte nun Hönnlin und konnte sich nicht mehr halten.

      Clara versuchte eine Unschuldsmiene aufzusetzen, doch vergebens, und so fiel sie mit in sein Lachen ein. Doch aus irgend einem Grund fühlte sich das richtig an. Hönnlin war nicht so wie die anderen Mönche und erst recht nicht wie die Nonnen, die sie kannte.

      Hönnlin schlug nicht den direkten Weg ein. Stellenweise war der Wald zu dicht und so folgten sie den Pfaden von Wildschweinen und anderem Getier. Er schwor Clara darauf ein, dass sie weglaufen sollte, wenn sie ein Wildschwein mit Jungen zu sehen bekämen. Von der Abenteuerlust, die sie nun voll und ganz durchströmte, enthemmt, demonstrierte sie ihm auch gleich ihr Können, was das Klettern anbelangte.

      „Etwa so“, strahlte


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