Ganz für mich allein. Ute DombrowskiЧитать онлайн книгу.
Die Beschreibung passt auf viele Männer. Gerade der Bart ist aktuell absolut in Mode.“
„Soll ich meinen wieder wachsen lassen?“
„Nein, ich mag dich so, wie du bist. Glatt und sanft.“
Sie küsste Michael zärtlich auf die Wange. Dann fiel ihr etwas ein.
„Der Typ, der mich wegen des Lichtes angesprochen hatte, sah auch so aus. Wir haben ihn gestern Abend in der Winzerstube getroffen und er hat Fabienne gut gefallen. Wollen wir sie verkuppeln?“
„Ich glaube nicht, dass sich deine Freundin verkuppeln lässt. Aber dieser Mann … ähm … was hat er da gemacht?“
„Jetzt bist du eifersüchtig? Ich weiß nicht, was er dort gemacht hat, wir haben ihn erst entdeckt, als wir gehen wollten.“
„Wir sind dann wohl quitt: Dorothee gegen den schönen Unbekannten.“
Nach ihrer Rückkehr ins Büro saß dort Benedikt am Computer und starrte auf den Bildschirm.
„Kommt mal her, schnell!“, rief er, ohne seinen Blick von den Bildern zu lösen.
Bianca und Michael gingen um den Schreibtisch herum und sahen Benedikt über die Schulter. Er hatte ein Programm aufgerufen, mit dem man Phantombilder erstellen konnte. Bianca blickte in das Gesicht des schönen Unbekannten, auch wenn es vereinzelte Fehler enthielt. Sie war zusammengezuckt.
„Wer ist das?“
„Das ist der, der Sophia am Café abgeholt hat. Ich war in jedem Laden und habe an jeder verdammten Haustür geklingelt. Tatsächlich hat ihn ein älterer Herr genauer gesehen. Der Opa saß direkt an der Tür und als dieser Mann hereinkam, lächelte Sophia nach seinen Angaben total verliebt. Opa dachte sich: Die müssen ein Paar sein. Soll ich ihn herholen lassen oder willst du hin?“
„Er hat doch nicht rumgesessen und Däumchen gedreht, sondern gearbeitet“, sagte Bianca. „Erstaunlich.“
Michael lachte und sah dabei Benedikt an, der wieder einmal gar nichts verstand. Der junge Mann war in seiner Naivität kaum zu toppen und verschwand manchmal stundenlang, aber merkwürdigerweise tauchte er immer mit handfesten Ergebnissen wieder auf.
„Gut gemacht!“, lobte Michael. „Ich möchte, dass wir zusammen nochmal dorthin fahren. Was denkst du, ob er es war?“
„Ob er was war? Der Sophia umgebracht hat? Solange wir das Motiv nicht kennen, ist alles reine Spekulation. Also dann, Chefin, wir sind weg!“
Bianca lachte schallend über den eifrigen, frechen Kerl und winkte ihnen nach. Auf der Treppe nach oben traf sie Jürgen.
„Was gibt es Neues von der Chef-Front?“
„In drei Wochen ist der vorletzte Lehrgang. Ich bin froh, wenn das vorbei ist und ich euch endlich herumkommandieren kann.“
„Liebe Kollegin, ich kann mir keinen besseren Kommandeur vorstellen. Komm mal mit in mein Büro, dann bekommst du einen Kaffee und wir reden über den Fall.“
Bianca folgte Jürgen und setzte sich mit ihm an den Schreibtisch. Er kochte frischen Kaffee und kramte aus der Schublade eine Tafel Schokolade hervor. Diese zerbrach er in kleine Stückchen und ließ sie auf einen Teller rieseln. Bianca stieg der Duft in die Nase und sie überlegte, wie lange sie keine Schokolade mehr gegessen hatte.
„Das tut jetzt gut, danke! Hat der Täter DNA hinterlassen oder vielleicht ein einzelnes Haar?“
„Schön wäre es, aber es war windig. Ein Haar hätte der Wind mitgenommen. Es gibt einen winzigen Fussel aus schwarzer Baumwolle. Mehr nicht. Er hat eine Jacke oder Handschuhe oder einen Pullover oder eine …“
„Hör auf! Mist, Baumwolle trägt heute jeder. Aber dieses einfache Material passt nicht zu dem Mann, der vielleicht ihr Freund war. Benedikt hat ein Phantombild angefertigt“, erklärte Bianca. „Der ist richtig gut.“
„Ich dachte erst, er ist ein Komödiant, der nur einen auf Polizist macht, aber ich glaube, er tut nur so albern, damit ihm keiner in sein schlaues Köpfchen schauen kann. Einen Verdächtigen würde sein Verhalten auf jeden Fall dazu bringen, ihn zu unterschätzen.“
„Damit hast du sicher recht. Danke für den Kaffee und den Fussel.“
Sie lief hinüber in ihr Büro und rief Michael an, um ihm von Jürgens Entdeckung zu berichten.
6
Er steckte die weiße Maske in die Jackentasche und lächelte seinem Spiegelbild zu. Dann drehte er sich um und verließ das Haus. Mit seinem schwarzen Auto machte er sich auf den Weg nach Kiedrich, wo er nahe einer Einfamilienhaussiedlung in den Weinbergen anhielt.
Im Schutz der einbrechenden Dunkelheit schlich er an einer Hecke entlang, bis er das Haus genau im Blick hatte. Der Zufall wollte es, dass die Seitentür zur Garage offenstand, die er jetzt betrat. Ein roter Kombi parkte in der Mitte der braunen Fliesen, Gartengeräte waren in einem Plastikschrank zu sehen, auch alle anderen Dinge, die man so in einer Garage abstellte, waren ordentlich in Regalen aufgereiht. Er versteckte sich in der Ecke hinter dem Schrank und verharrte regungslos. Der Mann hatte das Haus eine Zeit lang beobachtet und kannte den Tagesablauf der Familienmitglieder.
Maja Fringholm telefonierte mit ihrem Mann, der noch bei der Arbeit auf dem Weingut seiner Eltern war. Er war Winzer, die zweijährige Tochter Charlien war am Vormittag mit ihrem Vater dorthin gefahren. Die Oma betreute das kleine süße Mädchen, bis Maja nach der Arbeit zu ihnen stieß, um ihrem Mann und den Schwiegereltern zu helfen.
„Ach, Clemens, ich habe doch gesagt, dass ich das alles bestellt haben. Nun mach bitte nicht so ein Theater. Es wird sich zeigen, dass ich recht habe. Ich bin auf dem Weg. Wenn du mal aufhören würdest zu schreien, dann könnte ich schon längst im Auto sitzen.“
Am anderen Ende wurde gesprochen.
„Ja, das habe ich besorgt. Und jetzt lege ich auf. Bis gleich.“
Maja schnaufte wütend, denn ihr Mann hatte sie beschuldigt, eine wichtige Bestellung vergessen zu haben.
„Der soll froh sein, dass ich neben meinem Job überhaupt noch mitarbeite“, grollte sie vor sich hin.
Sie hatte eben die Einkäufe im Kühlschrank verstaut und rannte hoch ins Bad, wo sie sich auf die Toilette sinken ließ. Irgendwie habe ich immer Pech mit den Männern, dachte sie. Seit zwei Jahren waren sie verheiratet und bis dahin war Clemens nett und freundlich gewesen. Nach ihrer Hochzeit und der Geburt vom Charlien hatte sich einiges verändert. Er war schroff, kommandierte sie herum und seit Wochen war es zu keinen Zärtlichkeiten mehr gekommen. Ihr Leben bestand nur noch aus Arbeit und Kinderbetreuung. Vormittags arbeitete sie in einem Steuerbüro, dann kümmerte sie sich um Haushalt und Kind und abends war sie bis zum Umfallen im Weingut beschäftigt.
Die Eltern von Clemens hatten ihrem Sohn die Geschäftsführung übertragen und hätten es auch gerne gesehen, wenn sie dort eingezogen wären, aber die kleine Familie wohnte in einem Einfamilienhaus am anderen Ende des Ortes. Maja war froh darüber, konnte sie doch so manchmal abschalten. Die Kleine war oft und gerne bei ihrer Oma, aber irgendwie schaffte es die Mutter von Clemens immer, ihr ein schlechtes Gewissen einzureden.
Sie sagte fast jeden Abend mit vorwurfsvollem Blick: „Du brauchst doch diesen Bürojob gar nicht, hier gibt es genug Arbeit. Du solltest meinen Sohn wirklich mehr unterstützen.“
Maja musste sich dann jedes Mal eine böse Antwort verkneifen, aber sie wollte die angespannte Situation nicht noch schlimmer machen. Jetzt bediente sie die Spülung und wusch sich die Hände.
„Hör auf zu jammern“, forderte sie ihr Spiegelbild über dem Waschbecken auf. „Du hast es so gewollt.“
Seufzend ging sie hinunter, griff mit beiden Händen den schweren Einkaufkorb mit den Dingen, die ihre Schwiegermutter bestellt hatte und schleppte ihn zum Auto. Als sie vorher alles ins Haus getragen hatte, um es in zwei Teile zu sortieren, hatte sie die Seitentür