Verlogenes Versprechen. Ute DombrowskiЧитать онлайн книгу.
ausblenden. Das Jahr hatte mit Katastrophen begonnen, auch der Fall hatte ihnen alles abverlangt, doch jetzt wollte sie nur noch nach vorne schauen.
Mit Eric an ihrer Seite.
Wenn er heute mit guten Nachrichten heimkam.
Nun schlich sich doch wieder ein leiser Zweifel in ihre Seele und sie musste an ihr letztes Telefonat denken, bei dem sie ein merkwürdiges Gefühl im Bauch hatte. Was war an der Nordsee geschehen?
Bianca hatte sich zusammengerissen, um nicht das gesamte Internet nach Einträgen über diese Violetta Cherney-Ströckwitz zu durchsuchen. Ihre Freundin Riva hatte das vorgeschlagen, als die beiden zwei Stunden miteinander telefoniert hatten. Riva und ihr Mann hatten sich zu einer Reise durch Europa aufgemacht und Bianca vermisste die Gespräche und Abende mit ihr.
Sie hatten am Telefon alles besprochen und Riva hatte ihr unverblümt gesagt: „Wenn sie so aussieht, wie sie heißt, dann musst du ein Auge auf deinen Schatz haben. Hast du schon recherchiert?“
„Nein, ich will das nicht!“
„Tja, meine Liebe, beschwere dich hinterher nicht. Denk nur daran, dass du das bei Eric auch mal hättest tun sollen.“
„Eric hat gesagt, er klärt das und danach können wir uns eine gemeinsame Zukunft aufbauen. Ich vertraue ihm.“
„Da hat sich schon so manche Frau geirrt.“
„Riva! Mach mich nicht verrückt. Wenn ich ihm nicht vertraue, ist das doch wohl keine Basis für eine Beziehung. Nein, nein, ich werde warten, bis er kommt und mir alles sagt.“
„Gut, wenn es schief geht, weißt du ja, wie du mich erreichst. Ich finde zwar, du solltest es anders machen, aber egal, ich halte zu dir.“
„Wann kommst du denn wieder heim? Ich vermisse unsere schönen Abende.“
„Januar, Februar, März, April, Mai … so ist die Planung. Der Januar ist ja schon um. Süße, wir können jederzeit telefonieren. Was machen die Verbrecher?“
„Im Moment sind sie gnädig, zumal ich Ferdinand noch nicht wieder im Büro habe.“
„Der arme Kerl, geht es ihm besser?“
„Ja, viel besser. Sie wollte ihn nicht erschießen, sondern nur aufhalten. Hätte sie ihn töten wollen, hätte Ferdinand keine Chance gehabt. Ich bin froh, dass es ihn noch gibt. Es wäre schrecklich gewesen, auch noch an seinem Grab zu trauern.“
Nach dem Frühstück räumte Bianca auf und sah sich zufrieden um. Noch eine Stunde, also setzte sie sich auf die Couch, schaltete den Fernseher ein und zappte durch die Kanäle.
Pünktlich um zehn Uhr hörte sie den Schlüssel im Schloss, schaltete den Fernseher wieder aus und lief in den Flur. Die Tür ging auf und Eric stand mit Reisetaschen und einem Lächeln vor ihr. Wortlos flog sie in seine Arme. Eric presste Bianca an sich, als würde er sie nie wieder loslassen wollen. Endlich suchte er ihren Mund und küsste sie lange. Dann ließ er sie los, zog seine Jacke aus und hängte sie an den Haken, um Bianca ins Wohnzimmer zu folgen.
„Was für eine Fahrt, wie gut, dass es keine Staus gab. Ich bin so froh, wieder zuhause zu sein.“
Zuhause, dachte Bianca, er hat zuhause gesagt. Das gab ihr direkt ein gutes Gefühl zurück. Sie ließen sich auf die Couch fallen und hielten sich wieder fest. Eric schaute Bianca in die Augen.
„Hast du mich vermisst?“
Sie nickte.
„Du hast mir auch gefehlt. Ich freue mich auf das Leben mit dir.“
„Hast du klären können, was du wolltest.“
„Wir haben uns ausgesprochen, dass unsere Ehe zu Ende ist und dass ich eine neue Frau habe. Wir haben die Scheidung in Angriff genommen.“
Ah, dachte Bianca, das hört sich gut an, aber irgendwie habe ich ein komisches Gefühl.
„Das ist sehr gut, ich möchte nämlich den Rest meines Lebens mit dir verbringen und du sollst mein Mann sein, nicht ihrer.“
„War das gerade ein Heiratsantrag?“, fragte Eric lachend und küsste Bianca auf die Stirn.
„Nein, ich denke, du verstehst, wie ich das meine. Wir müssen nicht heiraten, denn ich fühle mich dir auch so verbunden.“
„Da habe ich aber Glück gehabt.“
„He! Was soll das heißen?“
Bianca knuffte Eric in die Seite.
„Vielleicht mache ich dir irgendwann einen schönen Antrag, aber jetzt ist erstmal wichtig, dass ich geschieden werde, damit das alles im Reinen ist.“
„Was hat sie gesagt?“
„Sie hat mir zugestimmt, dass wir lange genug getrennt sind und wünscht mir … uns alles Gute.“
„Sehr gut. Dann lass uns nicht mehr drüber reden, denn das belastet mich doch sehr.“
„Ich liebe dich und wir gehören zusammen.“
Sein Blick war klar und offen und Bianca beschloss, ihm zu glauben und ihre Zweifel über Bord zu werfen.
„Was machen die Verbrecher?“
„Sie sind im Urlaub.“
„Und Ferdinand?“
„Es geht ihm besser, aber er ist noch krankgeschrieben. Ich arbeite zurzeit mit Hannes und das funktioniert ganz gut. Es ist gerade sehr ruhig und entspannt. Weißt du, als ich auf dich gewartet habe, habe ich mir ständig Sorgen gemacht“, erklärte Bianca ehrlich, „dass du wieder mit deiner Frau zusammenkommst und mein Kopfkino hat mich einigen Schlaf gekostet, da wäre es schon besser gewesen, wenn ein schwerer Fall mich abgelenkt hätte. Aber dann habe ich beim Laufen einen Mann getroffen, der sehr krank ist und bald sterben wird. Er war auf einer Bank zusammengesackt und ich hatte ihm meine Hilfe angeboten. Als ich wieder zuhause war, ist mir in den Sinn gekommen, dass unsere Probleme winzig sind im Gegensatz zu richtigen Problemen. Und da war ich zuversichtlich.“
Jetzt hatte Bianca feuchte Augen und Eric strich ihr sanft über den Rücken.
„Du musst dir keine Sorgen machen, alles wird gut, bei uns jedenfalls. Hast du ihn noch einmal wiedergesehen?“
Bianca schüttelte den Kopf.
„Er hat Krebs und niemand kann ihm mehr helfen. Das tut mir echt leid.“
„Schlimmes Schicksal, vielleicht treffen wir ihn mal und können ihm eine Freude machen.“
„Das wäre eine schöne Sache. Danke, dass es dich gibt und dass unser Leben so gut läuft, auch wenn es mal kleine Hürden gibt.“
Eric ging duschen, danach fuhren sie in den Rheingau zum Mittagessen und der Tag endete nach einem langen Spaziergang auf der Couch. Am Abend rief Bianca Ferdinand an und berichtete von Erics Rückkehr.
5
Janosch stand am Montagmorgen vor dem Tor und schaute auf die Villa, die ein wenig zurückgesetzt unter alten Eichen lag. Seine kalten Hände umklammerten die Gitterstäbe und eine Träne lief ihm über die Wange. Er wusste nicht, ob er einfach klingeln oder abwarten sollte, dass jemand hinauskam.
Seine Überlegungen wurden vom Anblick eines Teenagers unterbrochen. Der Junge, der etwa sechzehn Jahre alt sein musste, hatte die große Eichentür ins Schloss fallen lassen. Er trug einen Helm in der Hand und lief um das Haus herum. Einen Moment später sah ihn Janosch mit einem knatternden Roller auf das Tor zukommen, dessen schmiedeeisernen Gitter sich wie von Zauberhand öffneten. Janosch war zur Seite gesprungen, aber der Jugendliche hielt neben ihm und schob das Visier des Helms hoch.
„Sie müssen klingeln, wenn Sie zu meiner Mutter wollen“, sagte er, tippte sich mit zwei Fingern gegen den Helm und fuhr davon.
Es war halb acht, also war der