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Die Bestie im Menschen. Emile ZolaЧитать онлайн книгу.

Die Bestie im Menschen - Emile Zola


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herauftönte. Dann erhob er die Blicke und sah, daß die Lokomotive ihre Ventile geschlossen hatte und der Weichensteller sie auf den Zug nach Caen dirigirte. Die letzten Flöckchen des weißen Rauches verflüchtigten sich unter den dicken Wirbeln des schwarzen Qualms, der den Himmel besudelte. Und nun trat auch er in das Zimmer zurück.

      Vor der Kukuksuhr angelangt, die auf drei Uhr zwanzig Minuten zeigte, machte Roubaud eine Bewegung verzweifelter Ungeduld. Wie, zum Teufel, konnte sich Séverine nur so lange aufhalten lassen? Wenn sie einmal in einem Laden war, konnte man sie garnicht wieder herausbringen. Um sich selbst über den Hunger hinwegzutäuschen, der seinen Magen marterte, kam er auf den Einfall, den Tisch zu decken. Er war in dem mächtigen, zweifenstrigen Zimmer, das mit seinen Nußbaummöbeln, dem Bett mit den rothkattunenen Bezügen, dem Anrichteschrank und runden Tische, seinem normandiesischen Geschirrschrank gleichzeitig als Schlaf-, Speisezimmer und Küche diente, wie zu Hause. Er entnahm den Schränken Servietten, Teller, Gabeln und Messer und zwei Gläser. Das ganze Geschirr war von einer peinlichen Sauberkeit. Seine wirthschaftlichen Sorgen belustigten ihn und er fühlte sich glücklich über das Weiß des Leinens, bis über die Ohren verliebt in seine Frau. Er mußte selbst laut lachen, dachte er an das schöne, frische Lachen, in das sie ausbrechen würde, wenn sie zur Thür hereinkäme. Als er die Fleischpastete auf den Teller gelegt und die Flasche Weißwein daneben gestellt hatte, suchten seine Augen etwas. Dann zog er hastig zwei vergessene Päckchen aus der Tasche, eine kleine Büchse Sardinen und etwas Schweizerkäse.

      Es schlug halb. Roubaud marschirte abwechselnd durch die Länge und Breite des Zimmers und lauschte bei dem geringsten Geräusch auf der Treppe. Als er während seines müßigen Wartens beim Spiegel vorüberkam, blieb er stehen, um sich zu betrachten. Er alterte nicht, er war schon der Vierzig nahe, ohne daß das brennende Roth seiner krausen Haare zu bleichen begonnen hätte. Sein sonnenblonder Bart blieb dicht. Seine Figur war nur mittelgroß, aber ließ außerordentliche Körperkräfte ahnen. Er gefiel sich, er schien von seinem ein wenig flachen Haupte, der niedrigen Stirn, dem Stiernacken und seinem runden, blutvollen Gesicht, welches zwei große, lebhafte Augen erhellten, sehr befriedigt. Seine Augenbrauen liefen ineinander.

      Er hatte eine um fünfzehn Jahre jüngere Frau geheirathet. Es war ihm daher ein Bedürfniß, öfter den Spiegel zu Rathe zu ziehen, und was er dort erblickte, gab ihm die Ruhe wieder zurück.

      Man hörte das Geräusch nahender Schritte. Roubaud öffnete eilig die Thür etwas. Es war eine Zeitungsverkäuferin des Bahnhofs, die ihr nebenan gelegenes Zimmer aufsuchte. Er wandte sich in das Zimmer zurück und interessirte sich zunächst für eine auf dem Anrichteschrank stehende Muschelschachtel. Er kannte sie sehr gut, denn es war ein Geschenk von Séverine an die Mutter Victoire, ihre Amme. Dieser kleine Gegenstand rief ihm sofort die Geschichte seiner Heirath in's Gedächtniß. Bald war es drei Jahre her. Er selbst war im Süden, in Plassans als Sohn eines Kärrners geboren. Aus dem Militärdienst schied er mit dem Grade eines Feldwebels. Dann war er lange Zeit Bahnpostbeamter auf dem Bahnhof zu Mantes, aus welcher Stellung er in die eines Oberbahnpostbeamten in Barentin überging. Hier hatte er seine theure Frau kennen gelernt, als sie in Begleitung von Fräulein Berthe, der Tochter des Präsidenten Grandmorin von Doinville kam, um in Barentin den Zug zu besteigen. Séverine Aubry war allerdings nur das jüngste Kind eines im Dienste des Grandmorin gestorbenen Gärtners, aber der Präsident, ihr Pathe und Vormund, bevorzugte sie in so auffälliger Weise –sie blieb die Gefährtin seiner Tochter, mit der zusammen sie in das Pensionat in Rouen geschickt wurde –und sie selbst war von solcher ihr angeborner Vornehmheit, daß Roubaud lange Zeit sich mit keinem Wörtchen ihr zu nahen wagte und sie mit der Leidenschaft eines Grobarbeiters, den ein zierliches, von ihm für kostbar gehaltenes Juwel lockt, aus der Entfernung anschmachtete. Das war der einzige Roman seines Lebens. Er würde sie geheirathet haben, auch wenn sie keinen Pfennig besessen hätte, lediglich aus Freude an ihrem Besitz, und als er sich endlich erkühnt hatte, übertraf die Verwirklichung weit den Traum: außer Séverine und einer Mitgift von zehntausend Franken hatte der Präsident, der sich bereits zur Ruhe gesetzt und Mitglied des Aufsichtsrathes der Westbahn-Gesellschaft war, ihn unter seine Protection genommen. Auf diese Weise kam er am Tage nach seiner Hochzeit als Bahnhofs-Unterinspector nach Havre. In ihm steckte jedenfalls das Zeug zu einem guten Beamten, er war solide, pünktlich, gewissenhaft, hatte einen etwas beschränkten, aber sehr rechtschaffen denkenden Geist, kurz, er besaß alle Eigenschaften, welche die sofortige Erfüllung seines Gesuches und die Schnelligkeit seiner Laufbahn erklärlich machten. Ihm war aber der Gedanke lieber, daß er Alles seiner Frau zu verdanken habe. Er anbetete sie geradezu.

      Nachdem Roubaud noch die Sardinenbüchse geöffnet, verlor er vollends die Geduld. Um drei Uhr hatte man sich treffen wollen. Wo nur konnte sie stecken? Sie sollte ihm nicht damit kommen, daß der Einkauf von einem Paar Schuhe und sechs Hemden den ganzen Tag koste. Als er sich von Neuem dem Spiegel gegenüber sah, bemerkte er, daß seine Augenbrauen sich sträubten und eine tiefe Falte die Stirn durchfurchte. In Havre war ihm nie ein Verdacht in den Sinn gekommen. In Paris aber schuf seine Einbildung alle möglichen Arten von Gefahren, Listen, Vergehen. Ein Blutstrom ergoß sich in sein Gehirn und die Fäuste des ehemaligen Bahnarbeiters ballten sich, wie zu jener Zeit, als er noch die Waggons rangiren half. Er wurde wieder zum Vieh, das seiner Kräfte nicht bewußt ist, er würde seine Frau in einem Anfall blinder Wuth zermalmt haben.

      Die Thür flog auf und Séverine betrat frisch und fröhlich das Zimmer.

      »Da bin ich ... Du hast gewiß geglaubt, ich bin verloren gegangen?«

      In dem Jugendreiz ihrer fünfundzwanzig Jahre hielt man sie zuerst für groß, schlank und sehr geschmeidig, und doch war sie rund, denn ihre Knochen waren sehr zart. Auch war sie auf den ersten Blick nicht niedlich, denn sie hatte ein längliches Gesicht, einen stark entwickelten Mund, der indessen prächtige Zähne sehen ließ. Aber wenn man sie näher betrachtete, verführte sie durch einen eigenthümlichen Reiz und auch durch den Blick ihrer großen blauen Augen unter ihrer vollen schwarzen Haarkrone.

      Als ihr Gatte, ohne ein Wort zu erwidern, fortfuhr, sie mit dem wirren, unstäten Blick zu examiniren, den sie so gut kannte, setzte sie gleich hinzu:

      »O, wie bin ich gelaufen ... stelle Dir vor, daß kein Omnibus zu haben war. Für einen Wagen aber wollte ich kein Geld ausgeben und daher bin ich zu Fuß gekommen ... Sieh nur, wie heiß mir ist.«

      »Du wirst mir doch nicht einreden wollen,« erwiderte er heftig, »daß Du jetzt aus dem »Bon marché« kommst.«

      Aber schon hing sie mit der schmeichlerischen Zärtlichkeit eines Kindes an seinem Halse und legte ihm ihre reizende, kleine, fleischige Hand ans den Mund.

      »Schweige, schweige. Du schlechter Mensch! ... Du weißt doch, wie lieb ich Dich habe.«

      Ihre Persönlichkeit strömte eine so ehrliche Aufrichtigkeit aus, er hatte ein so untrügliches Gefühl, daß sie rein und rechtschaffen geblieben war, daß er sie wie toll in seine Arme schloß. Das war das gewöhnliche Ende seiner Verdächtigungen. Sie wehrte ihm nicht, denn sie ließ sich gern hätscheln. Er bedeckte ihr Gesicht mit Küssen, die sie nicht zurückgab. Auch dieser Umstand, diese passive, töchterliche Neigung dieses großen Kindes, das sich nicht in die Liebende verwandelte, ließ eine dunkle Ungewißheit nicht von ihm weichen.

      »Du hast den »Bon marché« also ausgeplündert?«

      »O ja ... Ich erzähle Dir Alles ... Erst aber wollen mir essen ... Habe ich einen Hunger! .. Halt und höre, ich habe Dir etwas mitgebracht. Du mußt aber erst sagen: mein schönes Geschenk.«

      Sie stand dicht vor ihm und lachte ihm ins Gesicht. Sie hatte ihre rechte Hand in die Tasche gesenkt und hielt in ihr einen Gegenstand, den sie aber nicht herauszog.

      »Sage flink: mein schönes Geschenk.«

      Er lachte ebenfalls und that ihr als gutmüthiger Kerl den Gefallen.

      »Mein schönes Geschenk.«

      Sie hatte als Ersatz für ein vor vierzehn Tagen verloren gegangenes und von ihm bejammertes Messer ihm ein neues gekauft. Er stieß einen Freudenschrei aus und erklärte dieses schöne neue Messer mit seinem Elfenbeinheft und der leuchtenden Klinge für vortrefflich. Er wollte es sofort in Gebrauch nehmen. Sie war entzückt von seiner


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