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Der Sturm-Heidehof. Emily BronteЧитать онлайн книгу.

Der Sturm-Heidehof - Emily Bronte


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weigerten sich einmütig, den Buben bei sich im Bett oder überhaupt nur im Zimmer zu haben; und ich war auch nicht vernünftiger. Also setzte ich ihn auf den Treppenflur, in der geheimen Hoffnung, daß er am anderen Morgen fort sein würde. Durch Zufall oder durch den bekannten Klang seiner Stimme angezogen, kroch er zu Mr. Earnshaws Tür, und da fand ihn der Herr, als er am anderen Tag sein Zimmer verließ. Nachforschungen wurden angestellt, ich mußte bekennen, und als Vergeltung für meine Feigheit und Unmenschlichkeit wurde ich aus dem Hause gewiesen.

      Dies war Heathcliffs Aufnahme in die Familie. Als ich ein paar Tage später wiederkehrte – denn ich betrachtete meine Verbannung nicht als dauernd – fand ich, daß sie ihn Heathcliff getauft hatten. Dies war der Name eines Sohnes, der ihnen gestorben war, und jener Name dient dem Findling bis heute sowohl als Tauf- wie als Familienname. Miß Cathy und er waren nun dicke Freunde, aber Hindley haßte ihn, und – ich muß es gestehen – ich tat ebenso. Wir quälten ihn, wo wir nur konnten und behandelten ihn schändlich, denn ich war nicht vernünftig genug, meine Ungerechtigkeit einzusehen, und die Herrin sagte nie ein Wort, wenn sie sah, daß ihm ein Unrecht geschah.

      Er schien ein verschlossenes, doch geduldiges Kind; vielleicht war er auch an schlechte Behandlung gewöhnt. Er hielt Hindleys Püffen stand, ohne mit der Wimper zu zucken oder eine Träne zu vergießen, und meine Schläge und Kniffe brachten ihn nur dazu, daß er tief Atem holte und die Augen aufriß, als habe er sich selbst zufälligerweise wehgetan, und ein anderer habe keine Schuld. Als der alte Earnshaw entdeckte, wie sein Sohn das arme vaterlose Kind – wie er es nannte – mißhandelte, wurde er ganz rasend vor Zorn. Er fühlte eine außerordentliche Zuneigung zu Heathcliff, glaubte alles, was er sagte (übrigens sagte er wenig genug und meist die Wahrheit) und verhätschelte ihn weit mehr als sein Töchterchen, das dafür zu wild und launenhaft war.

      So stiftete Heathcliff von Anbeginn Unfrieden im Hause, und nach dem Tode Mrs. Earnshaws, der nicht ganz zwei Jahre später eintrat, betrachtete der junge Herr seinen Vater eher als Bedrücker denn als Freund, und Heathcliff als einen, der ihm die Zuneigung des Vaters gestohlen hatte und die Rechte eines Sohnes dazu. Diese Ungerechtigkeit erbitterte ihn, und ich teilte seine Empfindungen. Als aber die Kinder an den Masern erkrankten und ich sie zu pflegen hatte und auf einmal die Sorgen einer Mutter auf mich nehmen mußte, änderte ich meine Ansicht. Heathcliff war gefährlich krank, und als es am schlimmsten um ihn stand, wollte er mich beständig an seinem Lager haben. Ich glaube, er fühlte, daß ich ziemlich viel für ihn tat, und er hatte nicht Verstand genug, zu merken, daß es ja nur meine Pflicht war, die ich erfüllte. Er war das bravste Kind, das je von einer Wärterin gepflegt wurde; und der Unterschied zwischen ihm und den anderen zwang mich, weniger parteiisch zu sein. Cathy und ihr Bruder plagten mich schrecklich; er dagegen war so geduldig wie ein Lamm, wenngleich nicht aus Entgegenkommen, sondern aus Verschlossenheit.

      Er überstand die Krankheit, und der Arzt versicherte, das sei zum großen Teil mir zu verdanken, und er lobte mich wegen meiner treuen Fürsorge. Sein Lob machte mich sehr stolz und stimmte mich dem Wesen gegenüber, dem ich es verdankte, milde; und so verlor Hindley seinen letzten Verbündeten. Dennoch konnte ich nicht in Heathcliff vernarrt sein, und ich wunderte mich oft, was meinen Herrn an dem mürrischen Jungen so entzückte, der, soweit ich mich erinnere, seine Liebe durch kein Zeichen der Dankbarkeit belohnte. Er wußte aber gut, wie sehr der alte Herr ihn ins Herz geschlossen hatte, und daß er nur den Mund zu öffnen brauche, damit das ganze Haus sich seinen Wünschen füge. Ich erinnere mich z. B., daß Mr. Earnshaw ein paar Füllen gekauft hatte und jedem der Knaben eines gab. Heathcliff nahm das stattlichste, aber es wurde bald lahm, und als er das bemerkte, sagte er zu Hindley:

      »Du mußt mir dein Pferd geben, das meine gefällt mir nicht mehr, und wenn du es nicht tust, so erzähle ich deinem Vater, daß du mich in dieser Woche dreimal geprügelt hast und zeige ihm meinen Arm, der bis zur Schulter hinauf blau und verschwollen ist.«

      Hindley streckte ihm die Zunge heraus und gab ihm eins hinter die Ohren.

      »Du tätest es besser gleich«, bestand Heathcliff auf seinem Verlangen, während er sich zur Türe rettete, denn sie waren im Stall. »Du wirst es ja doch tun müssen, und wenn ich von dieser Ohrfeige berichte, wirst du sie mit Zinsen zurückbekommen.«

       »Weg, du Hund!« schrie Hindley und drohte ihm mit einem eisernen Gewicht von der Kartoffelwage.

      »Wirf zu!« antwortete Heathcliff stehen bleibend, »und dann werde ich ihm erzählen, wie du geprahlt hast, du werdest mich aus dem Hause jagen, sobald er gestorben sei, und da magst du dann sehn, ob er nicht sofort dich an die Luft setzt.«

      Hindley warf und traf ihn an die Brust, und er fiel zu Boden, erhob sich aber gleich wieder, wankend, atemlos und bleich. Und hätte ich ihn nicht zurückgehalten, so wäre er sofort, in diesem Zustand, vor den Herrn getreten und hätte volle Rache bekommen. »So nimm mein Pferd, du Zigeuner!« sagte der junge Earnshaw, »und ich will hoffen, daß es dir den Hals bricht, du verwünschter Bettelbub! Umschwänzle meinen Vater nur so lange, bis du ihn um Hab und Gut gebracht hast – dann aber zeig ihm, was du bist, du Satansbrut! Und nimm das hier, ich hoffe, daß es dir den Garaus macht!«

      Heathcliff hatte den Gaul losgebunden und wollte ihn in seinen eigenen Stall hinüberführen. Er ging hinter dem Pferde her, als Hindley seine Rede damit abschloß, daß er ihn unter die Hufe des Tieres stieß. Dann lief er davon, so schnell er konnte. Es war erstaunlich, wie kaltblütig Heathcliff sich aufraffte und in seinem Vorhaben fortfuhr. Er tauschte Sattel und Zaumzeug aus, und setzte sich dann auf einen Heuhaufen, um vor Betreten des Hauses die Schwäche zu überwinden, die der heftige Stoß ihm verursacht hatte. Ich überredete ihn leicht, zu erklären, das Pferd habe ihn so übel zugerichtet; er hatte, was er wollte, und das andere kümmerte ihn wenig. Er beklagte sich tatsächlich so selten, daß ich ernstlich glaubte, er sei nicht rachsüchtig. Wie Sie hören werden, täuschte ich mich darin vollkommen.

      V.

      Mr. Earnshaw begann im Laufe der Zeit zu kränkeln. Bisher war er gesund und tätig gewesen – jetzt verließen ihn oft plötzlich die Kräfte, und als er gar an die Ofenecke gefesselt war, wurde er außerordentlich reizbar. Eine Kleinigkeit konnte seinen Zorn erregen, und ein mutmaßliches Nichtbeachten seiner Autorität brachte ihn in Wut. Besonders empört war er, wenn irgend jemand es wagte, seinem Liebling zu nahe zu treten. Immer lag er auf der Lauer, ein böses Wort zu erlauschen; er schien der Meinung zu sein, daß, weil er Heathcliff liebe, alle anderen diesen haßten und nur darauf warteten, ihm Böses anzutun. Dem Knaben war dies sehr zum Nachteil; denn einige der Leute, die den Herrn nicht erzürnen wollten, unterstützten dessen Parteilichkeit, und das gab dem Hochmut und den bösen Launen des Kindes stets neue Nahrung. Nur Hindley stellte sich dem Vater ernstlich entgegen; seine Hohnreden machten den alten Mann rasend; er hob den Stock, um ihn zu schlagen, und wankte vor Wut, daß er dazu nicht mehr die Kraft hatte.

      Unser Pfarrer riet, man solle den jungen Herrn auf die Universität schicken, und Mr. Earnshaw war damit einverstanden, wenn auch schweren Herzens, denn er sagte: »Hindley ist ein Tunichtgut, er wird es nie zu etwas bringen«.

      Ich hoffte von Herzen, daß wir nun Frieden haben würden, weil es mich schmerzte, daß den Herrn seine einstige edle Tat nun rastlos und unglücklich machte, denn ich schrieb die Ursache seiner Unzufriedenheit und seines Unbehagens den häuslichen Zwistigkeiten zu; in Wirklichkeit war es wohl das nahende Alter, das ihn plagte. Trotzdem wäre alles ganz leidlich gegangen, wäre nicht Miß Cathy und vor allem Josef, der Diener, gewesen. Sie haben ihn wohl neulich gesehen, Herr. Er war und ist gewiß noch heute der unangenehmste Pharisäer, der je die Bibel durchstöberte, um die Verheißungen auf sich und die Verwünschungen auf seine Brüder zu häufen. Durch seine Gabe, Predigten zu halten und fromme Redensarten zu gebrauchen, gewann er auf Mr. Earnshaw großen Einfluß, und je schwächer der Herr wurde, desto größer wurde die Macht des Dieners. Unablässig mahnte dieser ihn, an sein Seelenheil zu denken und hielt ihn an, die Kinder strenger zu erziehen. Er flüsterte ihm ein, Hindley sei ein ungeratener Sohn, und Abend für Abend brummte er ihm eine ganze Litanei von Lügen über Heathcliff und Catherine vor.

      Sie war in der Tat ein ruchloses Kind. Fünfzig Mal – oder mehr noch – riß uns allen täglich die Geduld. Von der Stunde an, da


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