König Friedrich II von Preußen - Geschichte meiner Zeit. Friedrich II PreußenkönigЧитать онлайн книгу.
Charakterbild Friedrich Wilhelm I. König von Preußen 1713 – 1740
Charakterbild Friedrich Wilhelm I. König von Preußen 1713 – 1740
Der König lebte seit dem Anfall von Wassersucht, den er 1734 erlitten hatte, nur noch durch die Kunst der Ärzte. Gegen Ende des Jahres 1739 verfielen seine Kräfte immer mehr. In diesem kränklichen Zustand traf er ein Abkommen mit Frankreich, das ihm das Herzogtum Berg garantierte, ausgenommen die Stadt Düsseldorf nebst einem Streifen von einer Meile Breite am ganzen Rheinufer entlang. Er begnügte sich mit dieser Teilung umso eher, als seine schwindende Lebenskraft ihm keine Hoffnung mehr ließ, ansehnlichere Erwerbungen zu machen.
Die Wassersucht, die ihn plagte, nahm erheblich zu. Am 31. Mai 1740 starb er mit der Festigkeit eines Philosophen und der Ergebung eines Christen. Bis zum letzten Atemzuge bewahrte er eine bewundernswerte Seelenstärke. Er ordnete seine Angelegenheiten als Staatsmann, verfolgte die Fortschritte seiner Krankheit wie ein Arzt und triumphierte als ein Held über den Tod.
Sophie Dorothea
Er hatte im Jahre 1706 Sophie Dorothea geheiratet, eine Tochter Georgs von Hannover, des späteren Königs von England. Dieser Ehe entsprossen Friedrich II., der sein Nachfolger ward; die drei Prinzen August Wilhelm, Heinrich und Ferdinand; Wilhelmine, Markgräfin von Bayreuth; Friederike, Markgräfin von Ansbach; Charlotte, Herzogin von Braunschweig; Sophie, Markgräfin von Schwedt; Ulrike, Königin von Schweden; Amalie, Äbtissin von Quedlinburg.
Die Minister veranlassten Friedrich Wilhelm, vierzig Verträge oder Abkommen zu unterzeichnen, deren Aufzählung wir uns erspart haben, weil sie zu nichtig sind. Von der maßvollen Art des Königs waren die Minister so weit entfernt, dass sie weniger an die Würde ihres Herrn dachten als an die Mehrung der Einkünfte aus ihren Ämtern.
Ebenso haben wir die häuslichen Kümmernisse dieses großen Fürsten mit Stillschweigen übergangen: um der Tugenden eines solchen Vaters willen muss man einige Nachsicht mit den Fehlern seiner Kinder haben.
Die Politik des Königs war stets untrennlich von seiner Gerechtigkeit. Er war weniger auf Mehrung seines Besitzes bedacht als auf dessen gute Verwaltung, stets zu seiner Verteidigung gerüstet, aber niemals zum Unheil Europas. Das Nützliche zog er dem Angenehmen vor. Er baute im Überfluss für seine Untertanen und wandte nicht die bescheidenste Summe an seine eigene Wohnung. Er war bedachtsam im Eingehen von Verbindlichkeiten, treu in seinen Versprechungen, streng von Sitten, streng auch gegen die Sitten der anderen. Unnachsichtig wachte er über die militärische Disziplin, und den Staat regierte er nach denselben Grundsätzen wie sein Heer. Von der Menschheit hatte er eine so hohe Meinung, dass er von seinen Untertanen den gleichen Stoizismus verlangte wie von sich selbst.
Friedrich Wilhelm hinterließ bei seinem Tod ein Heer von 66.000 Mann, das er durch seine sparsame Wirtschaft unterhielt, gesteigerte Staatseinkünfte, einen wohlgefüllten Staatsschatz und in all seinen Geschäften eine wunderbare Ordnung.
Wenn es wahr ist, dass wir den Schatten der Eiche, der uns umfängt, der Kraft der Eichel verdanken, die den Baum sprossen ließ, so wird die ganze Welt darin übereinstimmen, dass in dem arbeitsreichen Leben dieses Fürsten und in der Weisheit seines Wirkens die Urquellen des glücklichen Gedeihens zu erkennen sind, dessen sich das königliche Haus nach seinem Tode erfreut hat.
(Siehe auch Band 139e in dieser gelben Buchreihe: Roman eines Königs von
Jochen Klepper)
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Friedrich II von Preußen: Geschichte meiner Zeit
Friedrich II von Preußen: Geschichte meiner Zeit – 1775
Vorwort zur Geschichte Friedrichs II.
Viele haben Geschichte geschrieben, aber sehr wenige haben die Wahrheit gesagt. Schlecht unterrichtete Schriftsteller wollten Anekdoten schreiben und haben sie erdichtet oder Volksgerüchte für bewiesene Tatsachen genommen und sie der Nachwelt dreist aufgetischt. Andere wollten berichten, was sich hundert Jahre vor ihrer Geburt zugetragen hat. Sie haben Romane verfasst, in denen höchstens die Hauptsachen nicht entstellt worden sind. Sie haben den Menschen, deren Leben sie überlieferten, Gedanken, Worte und Taten zugeschrieben, und die leichtsinnige Welt, die betrogen sein will, hat die Hirngespinste der Verfasser für geschichtliche Wahrheiten gehalten. Wie viele Lügen! Wie viele Irrtümer! Wie viel Betrug!
In der Überzeugung, dass es nicht irgendeinem Pedanten, der im Jahre 1840 zur Welt kommen wird, noch einem Benediktiner der Kongregation von St. Maur zusteht, über Verhandlungen zu reden, die in den Kabinetten der Fürsten stattgefunden, noch die gewaltigen Szenen darzustellen, die sich auf dem europäischen Theater abgespielt haben, will ich selbst die Umwälzungen beschreiben, deren Augenzeuge ich war und an denen ich den regsten Anteil hatte. Gehen diese großen Ereignisse doch mein Haus ganz besonders an. Ja, man kann die Epoche seiner Größe erst von diesem Zeitpunkt ab datieren.
Ich halte mich sogar für verpflichtet, der Nachwelt eine wahre und exakte Darstellung der Ereignisse zu geben, die ich selbst erlebt habe; denn seit dem Untergange des römischen Reiches verdient kaum ein geschichtliches Ereignis so viel Beachtung wie der Krieg, den eine mächtige Liga zum Sturze des Hauses Habsburg unternahm.
Federn, zusammenknickend unter der Wucht des auf ihnen liegenden Schwertes:
die Ohnmacht geschriebener Verträge.
Originalurkunden, Briefe wie Verträge, werden die von mir berichteten Tatsachen rechtfertigen. Ich will den Leser nicht durch weitschweifige Erzählungen kleiner Umstände ermüden. Vielmehr werde ich ihm nur das vorführen, was seine Aufmerksamkeit verdient. Kleine Züge, die den Zeitgeist kennzeichnen, sollen jedoch nicht fortbleiben, auch manche Kleinigkeiten nicht, die zu Großem geführt haben.
Da ich zur Nachwelt rede, lasse ich mich durch keinerlei Rücksicht behindern. Ich schone die Fürsten meiner Zeit nicht und verhehle nichts von dem, was mich selbst betrifft.
Ich hoffe, die Nachwelt, für die ich schreibe, wird bei mir den Philosophen vom Fürsten und den Ehrenmann vom Politiker zu scheiden wissen. Ich muss gestehen: Wer in das Getriebe der großen europäischen Politik hineingerissen wird, für den ist es sehr schwer, seinen Charakter lauter und ehrlich zu bewahren. Immerfort schwebt er in Gefahr, von seinen Verbündeten verraten, von seinen Freunden im Stich gelassen, von Neid und Eifersucht erdrückt zu werden, und so steht er schließlich vor der schrecklichen Wahl, entweder sein Volk zu opfern oder sein Wort zu brechen.
Als Grundgesetz der Regierung des kleinsten wie des größten Staates kann man den Drang zur Vergrößerung betrachten. Diese Leidenschaft ist bei jeder weltlichen Macht ebenso tief eingewurzelt wie beim Vatikan der Gedanke der Weltherrschaft.
Die Fürsten zügeln ihre Leidenschaften nicht eher, als bis sie ihre Kräfte erschöpft sehen: Das sind die feststehenden Gesetze der europäischen Politik, denen jeder Staatsmann sich beugen muss. Wäre ein Fürst weniger auf seinen Vorteil bedacht als seine Nachbarn, so würden sie immer stärker, er zwar tugendhafter, aber schwächer werden. Was entscheidet also über den Erfolg in dem allgemeinen Wettstreit des Ehrgeizes, in dem so viele sich mit gleichen Waffen zu vernichten und sich mit den gleichen Listen zu hintergehen suchen? Einzig und allein der weitschauende Scharfblick und die Kunst, seine Pläne mit kluger Voraussicht auf mehr als einem Wege zur Reife zu bringen.
Diese Kunst erscheint, wie ich gestehe, vielfach als das Gegenteil der Privatmoral. Sie ist aber die Moral der Fürsten, die sich auf Grund eines stillschweigenden Übereinkommens und zahlloser geschichtlicher Beispiele leider gegenseitig das Vorrecht verliehen haben, ihren Ehrgeiz um jeden Preis zu befriedigen, immer nur das zu tun, was ihr Vorteil erheischt. Zu diesem Zweck brauchen sie entweder Feuer oder Schwert oder Ränke, Listen