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Liljecronas Heimat. Selma LagerlöfЧитать онлайн книгу.

Liljecronas Heimat - Selma Lagerlöf


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Jahr jedoch kam kaum ein einziger Apfel weg, denn die Pfarrfrau hielt unermüdlich Wache darüber. Von Ende August an, wo die Äpfel allmählich reif wurden, war sie immer draußen im Obstgarten, und sie wachte auch jede Nacht dort.

      Ja, sie tat sogar noch mehr als das. Sie hütete die Äpfel auch vor den Hausbewohnern. Die Gattertüren wurden mit Vorlegschlössern versehen, und die Schlüssel dazu verwahrte die Pfarrfrau in ihrer eigenen Tasche. Wenn sie dann einen recht süßen schimmernden Astrachaner fand, brach sie ihn wohl für den Vater; aber weder Großmutter Beata noch Schneewittchen bekamen je auch nur einen einzigen Apfel zu kosten.

      Ach, in den andern Jahren hatte man zwar keine so schönen Äpfel, aber mehr Freude davon gehabt! Da war niemand auf den Hof gekommen, der seine Lust nach einem Apfel nicht hätte stillen dürfen. Und man gab nicht nur den eigenen Hausbewohnern, sondern wer nur zu Besuch kam, durfte die Äpfel versuchen, und die meisten erhielten auch ein Bündelchen mit auf den Weg.

      Aber nicht einmal dann bekam irgend jemand einen davon zu essen, als die Äpfel von den Bäumen gebrochen wurden, denn diese Arbeit besorgte die Pfarrfrau ganz allein. Sie zog Handschuhe an und brach jeden einzelnen Apfel sehr fürsorglich von seinem Ast, damit keiner angestoßen oder verletzt wurde.

      Schneewittchen kam es freilich ein wenig bitter vor, daß sie gar keine von den Äpfeln bekam, während sie noch die erste Sommersüße hatten; aber sie tröstete sich mit dem Gedanken, wie schön es dann sein würde, wenn sie im Spätjahr und den ganzen Winter hindurch Äpfel zu essen hätten. Die Stiefmutter verstand sie auch sicher so gut aufzubewahren, daß sie nicht faulten.

      Aber die Mutter hatte andere Pläne mit den Äpfeln, das mußte Schneewittchen bald merken. Nein, nicht im Pfarrhaus sollte all das schöne Obst gegessen werden, daran dachte die Pfarrfrau keinen Augenblick.

      Der Pfarrer hätte gewiß auch seine Äpfel gerne daheim behalten wie in den andern Jahren. Aber die Pfarrfrau hatte ausgerechnet, daß man Geld damit verdienen könnte, und so wollte sie die ganze schöne Obsternte auf dem Brobyer Markt verkaufen.

      Und es geschah, wie die Mutter es wollte. Mit zwei schwerbeladenen Wagen voll Äpfel nebst einem Knecht und einer Magd, die ihr beim Verkauf helfen sollten, fuhr sie zu Markte.

      Als sie auf dem Marktplatz angekommen war, stellte sie einen Tisch auf, öffnete die Kisten und Fässer und legte die Äpfel zum Verkauf aus. Nein, sie fürchtete sich wirklich vor keiner Arbeit! Grobe Handschuhe an den Händen und einen großen Schal umgebunden, stand sie hinter dem Tisch und bot die Äpfel feil. Sie konnte sich einfach nicht dazu entschließen, jemand anders mit dieser Sache zu betrauen. Und ich muß sagen, die Ware konnte sich sehen lassen, und die Pfarrfrau konnte stolz darauf sein. Wundervoll im herrlichsten Rot und Grün und Gelb und Weiß leuchtete es von ihrem Stand, und die Leute strömten schon der Augenweide wegen herbei. Auf den großen Brobyer Markt kamen immer die Gärtner von den sörmländischen Schlössern und von den großen Herrenhöfen von Nässet; aber keiner von allen konnte so schönes Obst auslegen wie die Pfarrfrau.

      Sobald sie alles zum Verkauf bereit hatte, eilte auch gleich eine Menge Leute herbei und fragte nach dem Preise der Äpfel. Aber da verlangte sie einen so hohen Preis, daß die Leute ganz bestürzt wurden und nicht kaufen wollten.

      Und siehe, schließlich mußte die Pfarrfrau wirklich trotz ihrer wundervollen Auslage sehen, wie die Marktbesucher ihre Einkäufe bei ihren Nachbarn machten! Aber sie gab nicht nach und setzte ihren Preis nicht um einen einzigen Heller herunter, ja, sie verlangte gerade doppelt soviel wie alle andern. Sie dachte wohl, später am Tage, wenn die Fremden ihr Obst verkauft hätten, würden ihre Äpfel schon an die Reihe kommen.

      Vielleicht rechnete sie auch noch mit etwas anderem. Sie wußte wohl, wieviel Branntwein immer auf dem Brobyer Markt getrunken wurde, und daß mittags um zwölf Uhr kaum noch ein nüchterner Mann da zu finden war, und so meinte sie, die Bauersleute würden es am Nachmittag nicht mehr so genau mit dem Gelde nehmen.

      Und es sah auch aus, als sollte Schneewittchens Stiefmutter recht behalten. Je später es wurde, desto mehr Leute versammelten sich um ihren Stand. In erster Linie alle Kinder, Jungen und Mädchen, die auf dem Markt waren. Diese standen um den Tisch herum, mit einem Finger im Mund, und schauten gar sehnsüchtig nach den Äpfeln hinüber, es hätte einem wirklich das Herz rühren können. Die Kinder hatten natürlich nichts, um zu kaufen, aber es standen auch Erwachsene herum, die ihre Augen nicht von dem schönen Obst abwenden konnten.

      Immer wieder trat der eine oder der andere näher und fragte nach dem Preis. Aber die Pfarrfrau blieb dabei und verlangte ebensoviel wie am Morgen. Jetzt, wo alle andern Äpfel verkauft waren, wollte sie nicht abschlagen, denn sie war fest überzeugt, daß sie nun doch noch an die Reihe käme.

      Schneewittchens Stiefmutter sah wohl, wie aller Gesichter um sie her vor Verlangen nach den Äpfeln glühten, und jeden Augenblick dachte sie: ‘Jetzt können sie nicht mehr widerstehen, es muß nur erst einer anfangen.’

      Aber es währte länger und immer länger, und schließlich glaubte sie selbst, sie müsse am Ende mit ihren schönen Äpfeln wieder heimfahren.

      Doch nun wollte sie einen letzten Versuch machen, und so trug sie der Magd auf, Fräulein Schneewittchen zu holen, die zwischen den Marktbuden umherging, um für alle daheim, die nicht mit auf den Jahrmarkt gedurft hatten, kleine Geschenke einzukaufen.

      Als Schneewittchen zu ihrer Stiefmutter hinkam, sagte diese, Schneewittchen solle jetzt eine Weile ihre Stelle einnehmen und die Äpfel verkaufen; sie habe nun solange auf einem Fleck gestanden und ganz kalte Füße bekommen, sie müsse sich deshalb ein wenig Bewegung machen.

      Ach, Schneewittchen war es außerordentlich zuwider, da auf dem Brobyer Markt verkaufen zu sollen! Aber sie wagte sich der Mutter nicht zu widersetzen. So zog sie denn deren Handschuhe an, band sich den Schal um und nahm den Platz hinter dem Tisch ein. Und nach vielen Ermahnungen, sich streng an den festgesetzten Preis zu halten, durchaus nicht mit sich handeln zu lassen und selbst keine Äpfel zu essen, ging die Stiefmutter ihres Wegs.

      Aber wenn die Mutter gedacht hatte, die Leute würden von ihrer Stieftochter eher kaufen als von ihr, dann hatte sie sich verrechnet.

      Das Fräulein mußte hinter ihrem Tisch stehen und ihre Äpfel bewachen, konnte jedoch nicht einen einzigen davon verkaufen. Es ging ihr genau wie der Mutter; der dichte Kreis von großen und kleinen Leuten verringerte sich zwar nicht, aber niemand kaufte.

      Doch nun kamen zwei halbbetrunkene Bauernburschen mit ihren Mädchen am Arm daher und drängten sich durch den Haufen der Herumstehenden vor. Es war eine laute, ausgelassene Gesellschaft, die Burschen hatten Geld in der Tasche, mit dem sie klimperten, und sie waren in der richtigen Laune, etwas draufgehen zu lassen. Schneewittchen bekam zwar Angst vor ihnen und wäre am liebsten davongelaufen, blieb dann aber doch stehen, in der Hoffnung, nun endlich etwas zu verkaufen.

      Die jungen Leute drängten sich auch ganz bis zum Tisch hin, und der vorderste fragte gar nicht nach dem Preis, sondern legte sofort seine große Faust auf einen Haufen der schönsten Äpfel. Zugleich sah er die Pfarrerstochter an und versuchte so nüchtern und bieder wie nur möglich auszusehen.

       ‘Woher sind denn diese Äpfel?’ fragte er.

      Und die Pfarrerstochter antwortete, sie seien aus ihres Vaters Garten.

      ‘Ja, da bin ich schon oft gewesen, ich kenne Euren Vater und auch Euch recht wohl. Das ist ein guter Mann, Euer Vater.’

      Schneewittchen erwiderte einige freundliche Worte, denn es gefiel ihr, daß der Bursche so gut von ihrem Vater sprach.

      ‘Ja, Ihr und Euer Vater seid alle beide gute Leute’, fuhr der Bursche fort. ‘Ja, Ihr seid so gut, daß Ihr es einem armen Burschen wohl gönnet, Eure Äpfel zu versuchen, ohne dafür zu bezahlen.’

      Und ehe Schneewittchen recht begriff, was er im Schilde führte, hatte er eine Handvoll der schönen Äpfel ergriffen und war auf und davon gelaufen.

      Und das Mädchen, das er am Arm gehabt hatte, packte auch rasch ein paar Äpfel und lief hinter ihm drein. Ganz ebenso machte es dann auch das nächste Paar.

      Aber Schneewittchen


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