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Friedrich Gerstecker: Reise in die Südsee. Friedrich GersteckerЧитать онлайн книгу.

Friedrich Gerstecker: Reise in die Südsee - Friedrich Gerstecker


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nicht recht zusammenpasst.

       Ihre Gestalten sind im Allgemeinen – einige Ursandwicherinnen ausgenommen, die das gehörige aristokratische Gewicht haben – schlank, und ihr Gang ist leicht; auch haben die Gesichter etwas freundlich-gutmütiges, und der bunte Schmuck in den schwarzen Haaren und die dunkeln Augen unter der gelbbraunen Stirn stehen ihnen gar nicht übel.

      Viel verschiedener und gemischter ist dagegen der Anzug der Männer, die man teils vollständig in europäischer Tracht, teils noch halb, in ihrem alten Kostüm, nur mit dem schmalen „Malo“ oder Lendenschurz und einem unbeschreiblich kurzen Hemd bekleidet, oder eigentlich nicht bekleidet, findet. Selbst diese letzteren aber sind Christen, und glauben nicht mehr an die Feuergöttin Pele, die in dem kochenden Krater Owaihis früher ihre Existenz hatte, sondern jetzt an den wirklich „im bodenlosen Abgrund“ und in dem „See der mit Feuer und Schwefel brennt“ lebenden Teufel, und das muss für ihre sonst rettungslos verloren gewesenen Seelen jedenfalls von sehr großer Beruhigung sein.

       Wunderlich kam mir allerdings im Anfang vor, dass ich nur arbeitende Männer und müßiggehende Frauen in den Straßen der Stadt, wie in der Umgegend sah. Die Frauen scheinen sämtlich ein vollkommen ihrem Vergnügen gewidmetes Leben zu führen, während ich nur unter den Männern einzelne Häuptlinge oder „Angestellte“ sah die ebenfalls für hochgeboren genug gehalten wurden, ihre Daumen um einander herum spazieren zu jagen. Ich habe kürzlich auch einen Artikel, von Amerika ausgehend, über die Missionare dort gelesen, der diesen den eben beschriebenen Zustand zur Last legt, und sie beschuldigt die Männer zu Last- und Zugtieren zu benutzen, während sie sich von der weiblichen Bevölkerung förmliche Harems hielten; dem möchte ich aber hier widersprechen.

       Ich komme mir allerdings komisch vor die Missionare in Schutz zu nehmen, mit deren Wirken und Treiben ich nun einmal durchaus nicht einverstanden bin, so viel ich aber bis jetzt draußen in der Welt über diese Menschenklasse gesehen und gehört habe, kann man ihnen, was sonst auch, doch keine auffallende und besonders öffentliche Vergehen gegen die Moralität zur Last legen. Vorzüglich auf den Sandwichsinseln, wo sie weit mehr in ehrgeizigem Streben die Macht und den Oberbefehl an sich gerissen, und eben nur durch den König, der ganz in ihren Händen war, regierten, sich dadurch aber, wie durch manche andere, wirklich gute Maßregeln, die Eifersucht und den Hass besonders roher Schiffsmannschaften zugezogen hatten, würden sie es gewiss – wenn selbst aus keinem anderen Grunde – vorsichtig vermieden haben, der Welt ein solches öffentliches Ärgernis und gerechten Stoff zu Anklagen zu geben. Vorzugsweise aber auf den Sandwichsinseln scheinen sie sich sehr streng und zurückgezogen in ihren eigenen Familien gehalten, und nirgends in solcher Art Anstoß gegeben zu haben, und selbst ihre eifrigsten Ankläger dort waren nie im Stand etwas derartiges gegen sie vorzubringen.

      Ob sie sich in Wirklichkeit so frei von jeder Ausschweifung gehalten haben, ist eine andere Frage, und möchte wohl schwer zu entscheiden sein, gehört aber auch in dem Fall nicht vor den Richterstuhl der Öffentlichkeit.

      Allerdings benutzen sie übrigens die halbnackten Eingeborenen zum Ziehen – selbst zum Ziehen ihrer eigenen Familie, wie ich das mit meinen eigenen Augen gesehen habe, und früher sollen die vollkommen nackten Wilden, nur mit ihrem Malo, einem drei Finger breiten Streifen Zeug bekleidet – die kleinen Handkarren mit den frommen Lehrerinnen ziemlich paradiesähnlich durch die Straßen der Stadt gezogen haben. Dagegen hat sich jedoch das Publikum, und ziemlich derb, ausgesprochen, und die Zieher tragen jetzt wenigstens ein Hemd, befinden sich aber doch noch immer, nach unsern Begriffen jedenfalls, selbst damit versehen, im tiefsten oder sehr tiefen Negligée.

       Die Kanakas sind faule Arbeiter, und ihr ganzes Klima, der heiße Himmelsstrich unter dem sie wohnen, mag sie darin vollkommen entschuldigen. Die Natur, die ihnen alles, was sie zu ihrem Lebensunterhalt bedurften, im reichsten Maße bot, ohne dass sie mehr dabei zu tun hatten als eben die Hand danach auszustrecken, wollte sie nicht zu Sklaven ihres Magens oder Rückens machen. Die Weißen dachten aber anders darüber, und haben dem Insulaner mit ziemlichem Erfolg bewiesen, dass sich ihre Frauen die Tapa, die sie sonst zu Kleidern oder Schürzen benutzten und selber arbeiteten, nicht mehr anzufertigen brauchten, da ihnen die Missionare im Anfang selber Kattun zu demselben Zweck verkauften, und dass es Sünde wäre ihre Haut durch Tätowieren zu entstellen, welche Zeit sie weit nützlicher und gottgefälliger verwenden konnten Kirchen zu bauen, Häuser für die Missionare zu errichten und für ihre Häuptlinge zu arbeiten, diesen die plötzlich neu gelernten und rasch begriffenen Bedürfnisse bequemerer oder eleganterer Wohnungen und Kleider etc. leichter befriedigen zu helfen.

       Der Kanaka arbeitet, aber in der Tat nur wenn er muss, und dann auch immer nur das, für den Augenblick gerade unaufschiebbarste. Es ist deshalb fast unmöglich Land mit ihnen zu bestellen um Produkte zu erbauen die einen Handelsartikel liefern sollten. Er murrt zwar nicht im mindesten bei seinem kleinen Taro Teich, in welchem die zu seinem Lebensunterhalt unumgänglich notwendige Taro- oder Palowurzel gezogen wird – damit weiß er aber auch dass er genug hat – und mehr – für andere Leute, am Ende noch gar Kartoffeln und Zuckerrohr ziehen? – weiter fehlte ihm gar nichts. Ja wenn er muss, dann ist es eine andere Sache, wenn der neue Gott ihm irgendeine Strafe durch die fremden weißen Männer auferlegt hat, oder wenn er notwendigerweise ein Haus braucht – oder seine Priester eins brauchen – oder sein Häuptling Land bestellt haben will, wo er eben nicht anders kann als gehorchen, dann freilich ist es eine andere Sache, aber ihn selber überzeugen dass er auch für sich noch andere Bedürfnisse habe als eben einen Acker mit Taro bepflanzt und ein Hemd auf dem Leib, wenn er denn nicht anders als ohne das Hemd in die Stadt kommen darf, wäre, wenn nicht eine reine Unmöglichkeit, doch mit unsagbarer Schwierigkeit verknüpft.

       Die Europäer deshalb, die dort angefangen haben Ackerbau zu treiben, sehen sich auch meist genötigt ihre Arbeit selber zu verrichten, wenigstens können sie nicht auf feste Hilfe von den Eingeborenen rechnen, und so fühlbar war dieser Mangel an Kräften, trotz der noch ziemlich zahlreichen Bevölkerung, gerade damals geworden, wo die Inseln gar nicht so viel Kartoffeln, Gemüse und Früchte produzieren konnten, als Kalifornien exportirren wollte, dass die „ackerbauende Gesellschaft“ dort, ein Verein der wohlhabendsten Pflanzer Oahus – sich genötigt gesehen hatte ein Schiff nach China zu senden, Arbeiter von dort her zu bekommen.

      Der Verkehr der Sandwichsinseln ist übrigens jetzt wohl der bedeutendste unter den sämtlichen Südseegruppen, und diese Inseln haben das nicht bloß ihrer Fruchtbarkeit, sondern mehr noch ihrer günstigen Lage zu danken. Nicht allein hat die Nähe Kaliforniens einen fast zauberhaften Einfluss auf den wachsenden Wohlstand und den Wert des Grundbesitzes ausgeübt, sondern die Inseln liegen auch all den Walfischfängern gerade im Kurs, welche Teils aus der Japansee – einem sehr guten Jagdgrunde – kommen, teils nach dem arktischen Ozean – dem erst seit zwei Jahren entdeckten vorzüglichsten Platz zum Fang der Polarwalfische – hinauf wollen, und hier anlaufen um Erfrischungen und sonstige Provisionen einzunehmen.

       Oahu, die Insel, auf welcher die Hauptstadt Honolulu liegt, bringt übrigens die wenigsten Produkte hervor, die meisten kommen von Hawaii und Maui, und die nach Kalifornien bestimmten Schiffe laufen deshalb auch gewöhnlich an diesen Inseln an, laden dort und gehen von da ab gleich nach Francisco hinüber. Die Hauptausfuhr besteht aus Kartoffeln und etwas Kokosnüssen, Bananen und Orangen.

      Eines nur ist, was manche Schiffe abhält an die Sandwichsinseln anzulaufen, wenn sie nicht notgedrungen müssen, nämlich das Desertieren der Matrosen, die nicht allein von hier aus suchen nach Kalifornien zu entkommen, sondern auch selbst auf den Inseln zu bleiben wünschen, wo guter Taglohn, besonders für Handwerker, ihrer wartet. Die Gesetze beschützen allerdings die Kapitäne darin ungemein, um das Weglaufen der Matrosen zu verhüten, können es aber doch nicht ganz verhindern. So müssen z. B. Leute, die weggelaufene Matrosen verstecken oder unterstützen, 500 Dollars Strafe bezahlen. Die Inseln liegen aber in der Tat viel zu verführerisch, Kalifornien ist zu nahe, und die Kapitäne können sehr häufig das Anlaufen derselben gar nicht vermeiden, wenn sie selbst wirklich wollten.

       Ich sollte übrigens, noch ehe ich die Sandwichsinseln wieder verließ, selber erfahren, wie sehr sich sogar die Regierung für das Wiedereinfangen der Matrosen interessierte, insofern erstlich eigenes Interesse und dann auch die Missionare selber dabei beteiligt waren, denn es gibt wohl kaum noch zwei verschiedene Menschenklassen auf der weiten


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