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Jerusalem. Selma LagerlöfЧитать онлайн книгу.

Jerusalem - Selma Lagerlöf


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weder zur Hochzeit noch zum Begräbnis.« Vater schweigt noch immer.

      »Seht Ihr, vor dem Gericht versuchte ich ihr zu helfen, so gut ich konnte; ich sagte zu dem Richter: ich trüge die ganze Schuld, denn ich hätte sie zur Ehe gezwungen. Ich sagte auch, ich halte sie für so unschuldig, daß ich, wenn sie nur ihren Sinn gegen mich ändern könnte, mich mit ihr verheiraten wolle, so wie sie ging und stand. Das sagte ich, damit sie ein milderes Urteil bekommen sollte. Aber obwohl sie zwei Briefe an mich geschrieben hat, deutet nichts darauf hin, daß sie ihren Sinn gegen mich geändert hat. Da versteht Ihr wohl, Vater, daß ich nicht gezwungen bin, mich um dieses Wortes willen mit ihr zu verheiraten.«

      Und nun sitzt Vater da und denkt nach und schweigt ganz still.

      »Ich weiß wohl, daß dies die Sache auf menschliche Weise auffassen heißt, und wir Ingmars haben uns immer mit dem lieben Gott gut stehen wollen. Aber manchmal denke ich, daß es dem lieben Gott nicht gefällt, daß eine Mörderin zu solcher Ehre kommen soll.«

      Aber Vater schweigt.

      »Ihr müßt auch daran denken, Vater, wie hart es für jemand ist, der einen anderen Menschen leiden läßt, ohne zu versuchen, ihm zu helfen. Ich glaube, alle in der Gemeinde werden finden, daß es verkehrt ist. Aber ich habe zu schwer darunter gelitten in diesen Jahren, um nicht zu versuchen, etwas für sie zu tun, wenn sie nun freikommt.« Vater rührt sich nicht.

      Da steigt mir fast das Weinen in den Hals und ich sage: »Seht Ihr, ich bin ja ein junger Mann und ich verliere viel, wenn ich sie nehme. Sie finden, daß ich mich früher schlecht benommen habe; tue ich dies, so werden sie finden, daß es noch ärger ist.«

      Aber ich kann Vater nicht bewegen ein Wort zu sagen.

      »Aber dann habe ich auch gedacht, Vater, daß es wunderlich ist, daß wir Ingmars viele Hunderte von Jahren auf dem Hof geblieben sind, während alle anderen Höfe die Besitzer gewechselt haben. Und da denke ich, das ist, weil die Ingmars versucht haben, Gottes Wege zu gehen. Wir Ingmars brauchen die Menschen nicht zu fürchten; wir müssen nur Gottes Wege gehen.«

      Da erhebt der Alte die Augen und dann sagt er: »Dies ist eine schwierige Frage, Ingmar. Ich glaube, ich gehe hinein und frage die anderen Ingmarssöhne.«

      Und dann geht Vater in die gute Stube, und ich bleibe sitzen. Und dann muß ich sitzen und warten und warten, und Vater kommt nicht zurück. Schließlich, als ich viele Stunden gewartet habe, werde ich der Sache überdrüssig und gehe zum Vater hinein. »Gedulde du dich da draußen, kleiner Ingmar,« sagt Vater, »dies ist eine schwierige Frage.« Und ich sehe alle die Alten mit geschlossenen Augen dasitzen und grübeln, und ich warte und warte und ich warte wohl noch – –.«

      Er ging lächelnd hinter dem Pfluge her, der jetzt ganz langsam ging, da die Pferde der Ruhe bedurften. Als er an den Grabenrand kam, zog er an den Zügeln und hielt. Er war ganz ernsthaft geworden.

      »Es ist wunderlich, sobald man jemand um Rat fragt, merkt man selbst was richtig ist, noch während man fragt; da sieht man auf einmal, was man ganze drei Jahre lang nicht hat ausfindig machen können. Nun mag es gehen, wie Gott will.«

      Er fühlte, daß er es tun müsse, und gleichzeitig meinte er, daß es so schwer sei, daß er ganz den Mut verlor, wenn er daran dachte. »Gott steh' mir bei,« sagte er. – – –

      Ingmar Ingmarsson war indessen nicht der einzige, der in der frühen Morgenstunde draußen war. Unten auf einem Steig, der sich durch die Kornfelder schlängelte, kam ein alter Mann gegangen. Es war nicht schwer zu sehen, was sein Gewerbe war, denn er hatte einen langen Malerpinsel über der Schulter, und von der Mütze bis zu den Schuhsohlen war er mit roter Farbe bespritzt. Er sah sich oft um, wie es herumwandernde Maler zu tun pflegen, um einen unangestrichenen Hof zu finden oder einen, wo die Farbe verblaßt oder abgeregnet war. Er meinte bald hier einen, bald da einen zu sehen, der ihm paßte, aber es wurde ihm schwer, sich zu entschließen. Endlich kam er auf einen kleinen Hügel und erblickte den Ingmarshof, der groß und mächtig unten im Tal dalag. »Ach, lieber Gott,« sagte er laut und blieb in seiner Freude stehen. »Das Wohnhaus ist seit hundert Jahren nicht gemalt, es ist ja schwarz vom Alter, und die Wirtschaftsgebäude haben nie Farbe gesehen. Und so eine Menge Häuser!« rief er aus. »Hier habe ich ja Arbeit bis in den Herbst hinein!«

      Er war noch nicht lange gegangen, da gewahrte er einen Mann, der ging und pflügte. »Ei, da ist ein Bauer, der hier zu Hause ist und der die Gegend kennt,« dachte der Maler, »von ihm kann ich Bescheid erhalten, was ich über den Hof da unten zu wissen brauche.« Er bog vom Weg ab, ging auf das Brachfeld und fragte Ingmar, was das für ein großer Hof sei, und ob er glaube, daß sie ihn anstreichen lassen wollten.

      Ingmar Ingmarsson zuckte zusammen, und er starrte den Mann an, als sei er ein Gespenst. »Ich glaube wahrhaftig, es ist ein Maler,« dachte er, »und der kommt gerade jetzt!« Er war ganz überwältigt und konnte sich nicht soweit fassen, daß er zu antworten vermochte.

      Er entsann sich so deutlich, daß jedesmal, wenn jemand zu dem Vater gesagt hatte: »Ihr solltet doch Euer großes, häßliches Haus anstreichen lassen,« Vater Ingmar, »der Alte«, regelmäßig geantwortet hatte, das wolle er in dem Jahre tun, wo Ingmar Hochzeit machte.

      Der Maler fragte noch einmal und noch einmal. Aber Ingmar stand ganz still, als habe er es nicht verstanden.

      »Sind Sie nun da oben im Himmel mit der Antwort fertig geworden?« dachte er. »Ist dies eine Botschaft vom Vater, daß er will, daß ich in diesem Jahr Hochzeit machen soll?«

      Er fühlte sich so betroffen von diesem Gedanken, daß er ohne weiteres dem Mann versprach, daß er Arbeit bei ihm haben solle. Dann ging er sehr bewegt und fast glücklich hinter dem Pflug her. »Du sollst sehen, es wird gar nicht so schwer, es jetzt zu tun, wo du so sicher bist, daß Vater es haben will,« sagte er.

      Einige Wochen später stand Ingmar und putzte das Wagengeschirr. Er sah aus, als sei er schlechter Laune und die Arbeit ging langsam vonstatten. »Wenn ich der liebe Gott wäre,« dachte er, rieb wieder ein wenig und begann von neuem: »Wenn ich nur der liebe Gott wäre, dann wollte ich schon dafür sorgen, daß alles gleich im selben Augenblick getan würde, wo es beschlossen wird. Ich würde den Leuten nicht so lange Zeit lassen, wieder und wieder nachzudenken, und über alles zu straucheln, was im Wege liegt. Ich würde mich nicht daran kehren, ihnen Zeit zu lassen, das Geschirr zu putzen und den Wagen anzustreichen; ich würde sie geradeswegs vom Pfluge wegholen.«

      Er hörte einen Wagen auf der Straße daherrollen, sah hinaus und erkannte sogleich das Pferd und das Fuhrwerk. »Jetzt kommt der Reichstagsabgeordnete von Bergskog!« rief er in die Küche hinein, wo seine Mutter an der Arbeit war. Gleich darauf hörte er sie Holz auf das Feuer legen, und die Kaffeemühle wurde in Gang gesetzt. – Der Reichstagsabgeordnete fuhr in den Hof, wo er hielt, ohne abzusteigen. »Nein, danke, ich will nicht hinein,« sagte er, »ich wollte nur ein paar Worte mit dir reden, Ingmar. Ich habe nur wenig Zeit, ich muß in die Gemeinderatssitzung.« – »Mutter hat den Kaffee wohl gleich fertig,« sagte Ingmar. – »Danke, aber meine Zeit ist knapp.« – »Es ist lange her, daß der Herr Reichstagsmann hier gewesen ist,« sagte Ingmar.

      Seine Mutter kam jetzt in die Tür hinaus und nötigte auch. »Der Herr Reichstagsmann wird doch nicht fahren, ohne hereinzukommen und eine Tasse Kaffee zu trinken.« Ingmar knüpfte das Spritzleder auf, und der Reichstagsabgeordnete erhob sich. »Ja, wenn Mutter Märta mich selbst einladet, muß ich wohl gehorchen,« sagte er.

      Er war ein großer, schöner Mann mit leichten Bewegungen, wie von einem ganz anderen Menschenschlag als Ingmar und seine Mutter, die häßlich waren mit schläfrigen Gesichtern und schweren Körpern. Aber er hatte große Ehrfurcht vor der alten Familie auf dem Ingmarshof, und hätte gern sein schönes Äußere hingegeben, um auszusehen wie Ingmar und einer von den Ingmarssöhnen zu sein. Er hatte seiner Tochter gegenüber immer Ingmars Partei genommen, und ihm wurde ganz leicht ums Herz, als er sich so gut aufgenommen sah.

      Als Mutter Märta nach einer Weile mit dem Kaffee hereinkam, trat er mit seinem


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