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John Henry Mackay: Die Anarchie - Band 157 in der gelben Buchreihe bei Jürgen Ruszkowski. John Henry MackayЧитать онлайн книгу.

John Henry Mackay: Die Anarchie - Band 157 in der gelben Buchreihe bei Jürgen Ruszkowski - John Henry Mackay


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ihre Stöße nicht treffen.

      London und die Ereignisse des Spätjahres 1887 haben mir als Hintergrund meines Gemäldes gedient.

       Als ich im Anfang des darauf folgenden Jahres noch einmal für einige Wochen auf den Schauplatz zurückkehrte, hauptsächlich um meine East End Studien zu vervollständigen, ahnte ich nicht, dass gerade die von mir zu eingehenderer Schilderung gewählte Gegend durch die Frauenmorde Jack „des Aufschlitzers“ bald nachher in aller Munde sein würde.

      Das Kapitel über Chicago wurde nicht abgeschlossen, ohne dass ich auch das dicke Bilderbuch für große Kinder, mit dem seitdem der Polizeikapitän Michael Schaack den infamen Mord seiner Regierung zu rechtfertigen suchte: „Anarchy and Anarchists“ (Chicago, 1889), einer Durchsicht unterzogen hätte. Es ist nichts weiter, als ein – nicht unwichtiges – Dokument stupider Brutalität sowohl, wie raffinierter Eitelkeit.

      Die Namen von Lebenden sind von mir in bewusster Absicht nirgends genannt; der Näherstehende wird trotzdem fast überall unschwer die Züge erkennen, die mir Vorbilder gewesen sind.

      * * *

      Zwischen der Niederschrift des ersten und des letzten Kapitels liegen drei Jahre. Immer neu auftauchende Zweifel zwangen mich immer wieder, oft auf lange hinaus, zur Unterbrechung der Arbeit. Ich begann sie vielleicht zu früh; zu spät beende ich sie nicht.

      Nicht jede Seite der Frage konnte ich erschöpfen; meist war es mir nicht vergönnt mehr zu geben, als die Schlusssätze oft langer Gedankenreihen. Die völlige Unvereinbarkeit anarchistischer und kommunistischer Weltanschauung, die Zwecklosigkeit und Schädlichkeit gewaltsamer Taktik, sowie die Unmöglichkeit irgendeiner „Lösung der sozialen Frage“ durch den Staat hoffe ich bewiesen zu haben.

      * * *

      Das neunzehnte Jahrhundert hat die Idee der Anarchie geboren.

Grafik 28

      Symbol der Anarchie

      (Anarchie (altgriechisch ἀναρχίαanarchía „Herrschaftslosigkeit“, von ἀρχία archía „Herrschaft“ mit verneinendem Alpha privativum) bezeichnet einen Zustand der Abwesenheit von Herrschaft. Er findet hauptsächlich in der politischen Philosophie Verwendung, wo der Anarchismus für eine solche soziale Ordnung wirbt. – https://de.wikipedia.org/wiki/Anarchismus)

       In seinen vierziger Jahren wurde der Grenzstein zwischen der alten Welt der Knechtschaft und der neuen der Freiheit gesetzt. Denn es war in diesem Jahrzehnt, dass P. J. Proudhon die titanische Arbeit seines Lebens mit: „Qu'est-ce que la propriété?“ (1840) begann und Max Stirner sein unsterbliches Werk: „Der Einzige und sein Eigentum“ (1845) schrieb.

      Sie konnte vergraben werden unter dem Staube zeitweiligen Rückschrittes der Kultur. Aber sie ist unvergänglich.

      Sie ist bereits wieder erwacht.

Grafik 72

      Pierre-Joseph Proudhon – 1808 – 1865

      Seit zehn Jahren kämpft in Boston, Mass., mein Freund Benj. R. Tucker mit der unbesieglichen Waffe seiner „Liberty“ für Anarchie in der neuen Welt.

Grafik 30

      Benjamin Ricketson Tucker – 1854 – 1939

      Oft habe ich in den einsamen Stunden meiner Kämpfe meinen Blick auf das funkelnde Licht gerichtet, das von dort aus die Nächte zu erhellen beginnt...

      * * *

      Als ich vor nun drei Jahren die Gedichte meines „Sturm“ der Öffentlichkeit übergab, begrüßten mich freundliche Stimmen als den „ersten Sänger der Anarchie“.

      Ich bin stolz auf diesen Namen.

      Aber ich bin zu der Überzeugung gelangt, dass es heute nicht so sehr darauf ankommt, Begeisterung für die Freiheit zu erwecken, als vielmehr von der unbedingten Notwendigkeit ökonomischer Unabhängigkeit, ohne welche sie ewig der wesenlose Traum der Schwärmer bleiben wird, zu überzeugen.

      In diesen Tagen der wachsenden Reaktion, die in dem Siege des Staatssozialismus ihren Höhepunkt erreichen wird, ist die Forderung unabweisbar für mich geworden, hier auch der erste Verfechter der anarchistischen Idee zu sein.

      Ich hoffe, ich habe meine letzte Lanze für die Freiheit noch nicht gebrochen.

       Rom, im Frühjahr 1891

      * * *

      Vorwort zur Volksausgabe

       Vorwort zur Volksausgabe

      Mit dem Erscheinen einer wohlfeilen Volksausgabe meiner „Anarchisten“ verwirklicht sich mir ein immer gehegter Lieblingswunsch, den die Umstände bei der Drucklegung des Werkes selbst nicht zuließen und dessen Erfüllung sich seitdem alle jene Schwierigkeiten entgegengestellt haben, die bei der Ungunst der heutigen Verhältnisse jede freiheitliche Handlung zu einer Unmöglichkeit zu machen sich verschworen zu haben scheinen.

      Die Schwierigkeiten sind überwunden und von neuem tritt, nachdem zwei Jahre vergangen, mein Werk an die Öffentlichkeit, sich heute vor Allem an Jene wendend, denen es bisher schwer zugänglich gewesen ist: an die deutschen Arbeiter.

      * * *

       Zu ihnen ein erstes und voraussichtlich auf lange hinaus letztes, kurzes Wort zu sprechen, darf ich mir nicht versagen. So fest hat sich in den deutschen Arbeitern – mit dem Wachsen der sozialdemokratischen Partei – im Verlauf der letzten Jahrzehnte die Überzeugung eingewurzelt, dass die Befreiung der Arbeit, welche gleichbedeutend ist mit der Schwächung und dem Tod der Privilegien des Kapitals, nur möglich ist, wenn dies letztere den Händen des Einzelnen entzogen und auf dem Wege gewaltsamer Enteignung „Eigentum der Gesellschaft“ geworden ist, und so unerschütterlich scheint mir dieser Glaube geworden zu sein, dass ich nicht sehe, was anders sie von diesem Irrtum abzubringen im Stande sein könnte, als die Erfahrung. Wie bitter diese Erfahrung und wie groß die Enttäuschung sein wird, ahnt nur der, der gleich mir weiß, dass jede Unterbindung wirtschaftlicher Bewegungsfreiheit zugleich eine Verstärkung des traurigen Zustandes gegenseitiger Abhängigkeit bedeutet.

      Aber möge sie gemacht werden, wenn es denn nicht anders sein kann! ...

      Freilich: Die großen Demagogen unserer Tage, die sonst so klein sind, wird dann der Tod der ungeheuren Verantwortlichkeit, welche sie auf sich geladen, enthoben haben und vergebens werden ihre opferfreudigen Kämpfer suchen, sie zur Rechenschaft zu ziehen für das, was sie versprechen und immer wieder – versprochen.

      Den Kindern dieser Kämpfer wird, vor die traurigste Notwendigkeit gestellt, nichts anderes übrig bleiben, als ihr Heil endlich in der Freiheit, und nur in der Freiheit allein, zu suchen.

      * * *

       Drei große Feinde hat der Arbeiter als Feinde zu erkennen und zu überwinden: die Politiker, die Philanthropen und – sich selbst. Erst wenn er eingesehen haben wird, dass die Knechte, um die Herren zu verdrängen, nicht erst selbst zu Herren von Knechten geworden sein müssen und dass die Erreichung dieses Zieles – des Zieles aller und jeder Politik – ihn um keinen Schritt seiner wirtschaftlichen Befreiung näher bringt, da diese allein eine Folge harmonischer Entwicklung im sozialen Organismus sein kann; erst wenn er sich von jenen neuen und letzten Predigern einer alten, in ihren Todeszuckungen sich noch einmal aufbäumenden Religion, den Weltverbesserern und Utopisten mit den heißen Köpfen und den lauwarmen Worten, den Ethikern und Moralisten jeder Art, losgemacht hat, die da alle nicht begreifen können und wollen, dass es nicht die Menschen, sondern die Verhältnisse zu ändern gilt, aus welchen heraus die Menschen ‚gut’ und ‚böse’ werden; erst wenn er durch und durch begriffen haben wird, dass nichts auf der Welt ihm zu helfen im Stande ist, als er selbst, und diese Erkenntnis ihn zu neuen, durch kein „Klassenbewusstsein“ mehr getrübten, gründlicheren Erwägungen der


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