Epigenetik in der hausärztlichen Praxis. Joachim StrienzЧитать онлайн книгу.
Umweltbelastungen die Pyrrolstörung verstärken kann. William J. Walsh spricht in diesem Zusammenhang von oxidativem Stress. Er konnte bei vielen seiner Patienten erhebliche Umweltbelastungen feststellen mit erhöhten Werten für freie Radikale. Das Glutathion war vermindert, das eigentlich dafür da ist, diese Probleme zu lösen.
Carl C. Pfeiffer sieht in der Pyrrolurie die Ursache, warum Menschen zurückgezogen und alleine leben. Diese Menschen sind dabei aber oft kreativ und originell. Gleichzeitig fürchten sie jede Belastung von außen, die das Gleichgewicht von künstlerischem Schaffen und Belastungen stören könnte. Jede Veränderung in der Routine des Tages oder der Umgang mit Menschen außerhalb der Familie stellt somit für sie eine unnötige Belastung dar, die sich dann auch in körperlichen Symptomen äußern kann. Am Beispiel von Charles Darwin und Emilie Dickinson, einer Dichterin, zeigte er damals diese Entwicklungen auf.
Die Pyrrolurie führt also langfristig zu folgenden Defiziten:
Zinkmangel
Vitamin B6-Mangel
Mangan-Mangel
Unsere normale Ernährung kann nämlich diese Defizite nicht mehr ausgleichen.
Ich möchte an dieser Stelle etwas genauer auf die Pyrrol-Störung eingehen. Sicherlich mag der eine oder andere dieses Stoffwechselproblem für ganz unwichtig erachten. Vielleicht zu sehr konstruiert. Auch das RKI (Robert-Koch-Institut) hat sich ja in dieser Richtung geäußert. Auch das „Arznei-Telegramm“ war ähnlicher Meinung. Aber es lässt sich doch die weitere Entwicklung viel besser verstehen, wenn wir uns mit der Pyrrol-Störung befassen. Hier kommt die Zusammenstellung der Problematik.
Was also sind nun die Symptome der Pyrrol-Störung? Worauf müssen wir achten? Was ist wichtig? Ich will die Symptomatik in körperliche und psychische Symptome unterteilen.
A. Die körperlichen Symptome
Es gibt Patienten, denen sieht man die Pyrrolurie bereits von außen an. Ja, wirklich, es ist so! Es sind dann überwiegend Kinder und Jugendliche mit einem sehr hellen Gesicht. Sie haben eine weiße Haut, wie Porzellan, manchmal mit einem leichten gelblichen Schimmer. Dieses weiße Gesicht fällt dann besonders auf, wenn im Sommer die Oberarme leicht gebräunt sind. Das Gesicht wird dagegen im Sommer nicht richtig braun, es bleibt immer hell. Bei den Erwachsenen ist dann das helle Gesicht nicht mehr so auffällig.
Diese Menschen haben tatsächlich eine geringere Pigmentierung der Haut. Als nächstes fallen dann die Augen auf. Sie liegen tief und haben oft dunkle Schatten. Es sind tatsächlich Augenringe. Das Gesicht wirkt etwas angeschwollen. Diese Menschen wirken müde und unausgeschlafen. Die Augen flackern etwas. Der Blick des Untersuchers fällt dann auf die Zähne. Sie sind schlecht. Sie sind nämlich kariös. Ein Termin beim Zahnarzt wurde bereits vereinbart. Die Schneidezähne liegen eng zusammen. Irgendwie hat man das Gefühl, als ob in diesem Kiefer zu wenig Platz für die Zähne bereitstünde. Die Lippen sind blass und auch die Bindehäute der Augen sind ziemlich hell.
Schaut man weiter auf die Haut am Bauch oder am Gesäß, dann ist man überrascht. Diese Menschen sind ja noch jung. Es gibt da plötzlich Bindegewebsstreifen, wie nach einer Schwangerschaft am Gesäß und an den Oberschenkeln. Bei den Mädchen auch an den Brüsten. Ein Blick auf die Fingernägel. Dort gibt es weiße Flecken. Es fehlt das Zink. Häufiger als bei der normalen Bevölkerung finden sich Haarausfall, Akne, Ekzeme und Schuppenflechte. Die Haare werden schon frühzeitig grau. Allgemein ist die Haut sehr trocken. Die Fettverteilung fällt auf. Das meiste ist in die Mitte des Körpers verlagert. Das wirkt irgendwie unförmig. Wie bei einer Birne!
Der Bewegungsapparat erfordert dann unsere ganze Aufmerksamkeit. Die Gelenke sind ganz allgemein überbeweglich. Man nennt das Hypermobilität. Es sind Arme, Hände und Finger. Eine Besonderheit ist, dass der Daumen so weit überstreckt werden kann, dass er bis zur Innenseite des Unterarmes reicht. Diese Hypermobilität geht aber im Laufe des Lebens dann wieder verloren. Dann tritt eher eine zunehmende Steifigkeit der Gelenke ein. Besonders im Knie und Hüftbereich. Die Muskulatur ist allgemein ziemlich schwach. Das betrifft besonders den Arm- und Schulterbereich. Dagegen sind die Beinmuskeln viel besser entwickelt. Beim Sport gelingt wenig. Das Hochziehen an einem Seil ist völlig unmöglich. Übungen am Reck wie ein Felgaufschwung gehen auch nicht. Das versteht der Turnlehrer natürlich nicht. Er weiß nichts über dieses Krankheitsbild. Es ist keine Faulheit. Der Unterricht muss aber zügig weitergehen.
Die Patienten klagen oft über Verdauungsbeschwerden. Nach dem Essen ist der Bauch oft stark gebläht. Dann treten auch Schmerzen auf. Durchfall und Verstopfung können im Wechsel auftreten, also eine klassische Reizdarmsymptomatik. Ganz im Vordergrund steht die morgendliche Übelkeit. Sie ist so sehr charakteristisch, weil viele Menschen mit Pyrrolurie darüber berichten. Die Ursache ist unklar. Es sind aber typische Dyspepsie-Beschwerden. Die Dehnung des Magens führt zu diesen Beschwerden. Schon das Trinken von Wasser löst diese Beschwerden aus. Häufig kommt auch eine Störung der Fruchtzuckeraufnahme hinzu. Das Transportsystem für die Aufnahme des Fruchtzuckers arbeitet zu langsam. Es kann deshalb nur ein Teil des Fruchtzuckers aufgenommen werden. Der Rest wird dann nach dem Weitertransport in den Dickdarm dort von den Darmbakterien verstoffwechselt. Dabei entstehen Gase wie Wasserstoff, Methan und verschiedene Alkohole, die von der Leber wieder entgiftet werden müssen. Gerne werden scharf gewürzte und salzige Speisen gegessen. Manchmal ist in der Ausatemluft ein süßlicher Geruch wahrnehmbar. Er bleibt auch noch längere Zeit nach dem Lüften im Zimmer bestehen. Es ist Aceton und zeigt damit eine verminderte Verfügbarkeit von Kohlehydraten an. Es wird also vermehrt Fett zur Energiegewinnung herangezogen wie bei der ketogenen Diät.
Viele Frauen mit Pyrrolurie klagen über Menstruationsbeschwerden. Als Ursache wird ein zu niedriger Progesteronspiegel angenommen. Das bedeutet, dass es viele Zyklen ohne Eisprung gibt. Dies kann auch zu Schwangerschaftsproblemen führen, so dass Progesteron zugeführt werden muss. Oder eine Schwangerschaft muss künstlich herbeigeführt werden. Die Pubertät tritt oft verspätet ein.
Auffällig ist eine Störung des Immunsystems. Es treten gehäuft Infekte im Nasen-Rachen-Bereich auf. Mittelohrentzündungen und Nasennebenhöhlen-Entzündungen sind vermehrt. Das weibliche Geschlecht klagt besonders über häufige Blasenentzündungen.
Eine praktische Bedeutung hat die Medikamenten-Unverträglichkeit. Die Entgiftung ist durch die Störung im Häm vermindert und somit auch der Medikamentenabbau verlangsamt. Die eingenommenen Medikamente wirken somit stärker und länger. Ein typisches Beispiel sind Narkosen. Es dauert länger, bis der Patient nach einer Narkose wieder wach wird. Oft bestehen noch für einige Zeit Übelkeit und Kreislaufbeschwerden. Der Narkose-Arzt muss deshalb darüber informiert werden. Die Narkose-Medikamente müssen deshalb reduziert werden.
Zu beachten ist auch, dass gehäuft Schilddrüsenerkrankungen auftreten. Vor allem eine Schilddrüsenunterfunktion ist zu beachten. Gleichzeitig treten dann auch Schilddrüsenantikörper auf, die typisch für eine Hashimoto-Thyreoiditis sind.
B. Die psychischen Symptome
Für Carl C. Pfeiffer standen die psychischen Symptome der Pyrrolurie ganz im Vordergrund. Diese wollte er ja auch behandeln. Er fand bei seinen Patienten extreme Stimmungsschwankungen mit sehr schlechter Impulskontrolle. Am auffälligsten war die Störung des Kurzzeitgedächtnisses. Die Patienten konnten sich nur wenig merken und vergaßen dann vieles sofort wieder. Das führte auch dazu, dass sich die Patienten nicht mehr an ihre Träume erinnern konnten. Carl C. Pfeiffer hatte dieses Symptom besonders benutzt, um die Therapie zu steuern. Er erhöhte die Dosis an Vitamin B6, bis die Traumerinnerung wieder zurückkam.
Dies ist einer der Gründe für die Lernschwierigkeiten. Die fehlende Merkfähigkeit verschlechtert die schulischen Leistungen sehr. Ständig ist der Schüler im Unterricht abgelenkt und kann dann dem Unterricht nicht mehr folgen. Ängste und Panikstörungen sind verstärkt, es kommt zu depressiven Verstimmungen und auch Wahnvorstellungen können vorkommen.
Die Neurotransmitter Serotonin und Dopamin sind vermindert. Darüber wird später noch ausführlicher berichtet werden.
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