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Magisches Kompendium - Runen und Runenmagie. Frater LYSIRЧитать онлайн книгу.

Magisches Kompendium - Runen und Runenmagie - Frater LYSIR


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Buchstaben verschiedene Betonungen haben – mal werden sie stumm gesprochen, mal kurz, mal total lang gezogen – und sich auf Nachbarbuchstaben beziehen. Die Betonungen haben sich aber auch mit den verschiedenen Futharken verändert und verschoben, sodass auch hier wieder große lokale Unterschiede existieren. In Bezug auf die Runologie ist dies sehr interessant, sodass man sich kulturell und etymologisch herrlich austoben kann.

      Wenn es aber um die Energetik der Runen und der Runenmagie geht, verebbt diese Thematik eben, da das Wichtigste in jedem Ritual der Protagonist ist. Wenn man also als „Supermagier“ ein chaotisches Energiesystem hat, sich nicht fokussieren kann und auch sonst unendlich viele parasitäre und disharmonische Energien im eigenen System hat, dann könnte man die tollste und stimmigste Runenbetonung ausführen und hätte dennoch keinen rituellen bzw. magisch-evolutionstechnischen Gewinn, da es eben zu keiner Energiearbeit im magischen Sinne kommt. Natürlich ist die „Magie des gesprochenen Wortes“ nicht zu verkennen, doch ist der Energiehaushalt des Protagonisten wichtiger für den Erfolg einer magischen Arbeit. Wenn man jetzt beginnt, logische Schlüsse zu ziehen, sodass man begreift, dass die verschiedenen Runen eine sehr breite Möglichkeitspalette und Lautformungsmacht besitzen, wird man zu dem Ergebnis kommen, dass man ein solches Potenzial nicht wirklich mit einem "Alphabet" gleichsetzen kann. Man kann es NICHT mit einem Alphabet gleichsetzen? Warum nicht? Es ist doch ein Alphabet, oder?

      Nun, auf der einen Seite ist es ein Alphabet, auf der anderen Seite sind es Reihenfolgen der jeweiligen Buchstaben, und diese sind doch sehr unterschiedlich zu anderen, klassischen Alphabeten. Wenn man sich jetzt das hebräische Alphabet, das lateinische Alphabet oder auch das griechische Alphabet anschaut, die sich alle wieder aus dem phönizischen Alphabet entwickelt haben, findet man natürlich sehr große Ähnlichkeiten. Sie sind nicht immer absolut identisch, dennoch haben sie Reihenfolgen, die den Anschein eines Alphabets auf eine Ebene der Realität heben. Wenn man sich jetzt das Runenalphabet anschaut, muss man sagen, dass hier unterschiedliche Buchstaben und auch Lautwerte die Reihenfolge bestimmen. Wenn man zu diesem Aspekt auch noch die Tatsache nimmt, dass es verschiedene Futharke gibt, bzw. verschiedene Runenreihen, ist man auf ein Faktum gestoßen, welches entgegengesetzt den eigentlichen Alphabetfolgen tendiert. Genau aus diesem Grund kann man sagen, dass es sich bei den Runen nicht um ein Runenalphabet handelt, sondern um eine Runenreihe, was wiederum bedeutet, dass eine Reihe eine deutlich höhere Flexibilität besitzt, als ein Alphabet. Wenn man so will, kann man sagen, dass ein Alphabet stets ein Dogma ist. Eine Reihe hingegen ist flexibel, da in einer Reihe auch Plätze getauscht werden können, zumindest in dem Kontext, dass die Grundinformationen der Reihe erhalten bleiben. Um hier etwas Klarheit einzubringen, muss man berücksichtigen, dass in den verschiedenen Zeitepochen immer wieder neue Runenreihen aufgetaucht sind, und erst im Mittelalter eine Annäherung an eine Alphabetordnung erfolgte. Ein weiterer Umstand ist die Tatsache, dass die Runen auf der einen Seite Lautwerte haben, und auf der anderen Seite auch klangvolle Namen tragen. Dies findet man auch im hebräischen Alphabet, im griechischen Alphabet und im henochischen Alphabet. In diesem Kontext kann man sagen, dass diese drei anderen Alphabete, alle magische Gesichtspunkte besitzen, die mal mehr und mal weniger auch in der rituellen Magie verwendet werden.

      In diesem Zusammenhang kann man also sagen, dass die Runen entweder ein magisches Alphabet sind, oder auch eine Schaffung von magischen Möglichkeiten implizieren, hierbei selbst aber als Reihe drapiert sind. Hierbei muss man aber auch sofort sagen, dass es auffällig ist, dass die Runennamen erst in mittelalterlichen Handschriften und Runengedichten eine zusammenhängende Überlieferung fanden, was ein wenig den Verdacht nährt, dass hier die mittelalterliche Magie, die überall vorhanden war, einen gewissen Einfluss hatte. Gerade im Mittelalter wurde das griechische und das hebräische Alphabet sehr stark verwendet, und man darf auch nicht vergessen, dass im 16. Jahrhundert, in den Jahren 1581-1587 die henochische Magie sehr stark keimte und sich entwickelte. In diesem Kontext muss man also vorsichtig sein, denn auch wenn es klare runologische Beweise gibt, dass einzelne Runennamen ab dem vierten Jahrhundert auftauchten, ist dem Menschen an und für sich zuzutrauen, dass einige Besonderheiten zurechtgebogen wurden, um einen magischen Nutzen illusorisch darzustellen.

      Im Mittelalter gab es einen regelrechten magischen Hype, sodass nicht nur auf Teufel komm raus irgendwelche Dämonen, Engel und andere theatralische Wesen erfunden wurden, nein, es wurden auch bestehende magische Systeme dahingehend verändert, dass sie in die mittelalterliche Sichtweise hinein passten. Die Magie des gesprochenen Wortes gehört sehr deutlich in diese Sparte, sodass immer wieder gerne postuliert wurde, dass besondere Laute, Silben, Gesänge oder eben auch Zaubersprüche unendliche Macht besitzen. Wenn man sich die Bezeichnungen der Runen anschaut, dann findet man hier ein sogenanntes akrophonen Prinzip, was bedeutet, dass der Wert des jeweiligen Lautes einer Rune, mit dem Anlaut des Runennamens in Verbindung steht. Doch diese ganzen Zusammenstellungen, die Lautwerte, die Runennamen und die akrophonen Prinzipien, stehen sehr oft auf dünnem Eis, da es immer wieder Ausnahmen gibt (die Rune ALGIZ ist hier passend), die dann mögliche Erklärungen über den Haufen werfen. Auch aus diesem Blickwinkel, sind die Runen für Etymologen, Historiker, Archäologen und auch Magier sehr interessant. Sie haben schon einige 100 Jahre auf ihren Buckel, gleichzeitig findet man immer wieder Neuerungen, die vorherige Gedanken über den Haufen werfen, sodass es den Anschein macht, dass die jeweiligen Runenreihen nicht nur ein Eigenleben führen, sondern über eine ganz eigene, hoch spezialisierte Dynamik verfügen. Sie sind wie lebendige Symbole, die den Menschen nur ihre Geheimnisse verraten, wenn diese sich als würdig zeigen. Dies würde in diesem Kontext bedeuten, dass man selbst eine geistige Flexibilität besitzt, dass man über die Fähigkeit verfügt, energetisch zu reisen, und sich soweit erkannt hat, dass man in all seine facettenreichen Abgründe blickt und auch stürzt, ohne zu erstarren.

      Es geht auch hier wieder um die Möglichkeit der Selbstopferung, denn so, wie Odin, ein klares Opfer erbracht hat, um die Runen zu erhalten, so muss auch der runeninteressierte Mensch bereit sein, ein individuelles Opfer zu bringen, um die Möglichkeiten, die Energien und die Dynamiken der Runen zu erkennen, zu verstehen und letztlich auch anzuwenden. Die Dynamiken der Runen werden zwar immer wieder dokumentarisch festgehalten, gerade in der aktuellen Zeit, da stellt dieses Buch keine Ausnahme, doch zeigt die Praxis, dass man nicht zu sehr auf festgefahrene Texte bauen sollte, wenn es um die eigene energetische Interpretationsmöglichkeit geht. Zwar ist es hilfreich, wenn man fixe Texte, klare Strukturen und entsprechende Zuordnungen verwendet, wenn man mit den Runen divinatorisch agieren will, doch zeigt die magische Praxis auch wiederum, dass die energetische Flexibilität viel stärker vorhanden sein muss, wenn man die Runen initiatorisch in das Energiesystem eines Menschen integrieren will. So kann man die einzelnen Runen ohne Weiteres energetischen Prinzipien bzw. Archetypen zuordnen, die man auf der einen Seite im Alltag, aber auch im magischen Ritual fokussiert verwenden kann. Doch wie richtig oder falsch sind diese Zuordnungen? Wie richtig oder falsch sind die Zuordnungen von anderen Alphabeten, Zeichen, Symbolen, Glyphen oder ganzen Siegeln?

      Man muss immer wieder berücksichtigen, dass die Magie absolut individuell ist. In der allgemeinen Runenliteratur ist die Rune FEHU mit den Attributen „Erfüllung“, „Reichtum“, „Geld“, „Gewinn“, „Tat“, „Energie“ und vor allem „Vieh“ versehen. Doch auch „bewegliche Güter“ (die einen hohen materiellen Wert besitzen) werden mit dieser Rune verbunden. Und dies gilt es jetzt, auch energetisch zu verstehen. Wenn alles wortwörtlich genommen werden könnte, müsste man einfach nur die Fehu Rune auf sein Portemonnaie malen, und man würde in Reichtum schwimmen. Dies kann man hier ohne Weiteres einmal ausprobieren. Wenn es also um den energetischen Nennwert geht, dann sollte man den „Reichtum“, dass „Vieh“, den „Gewinn“, die „Energie“ oder auch die „Tat“ entsprechend umdeuten. Dies stellt viele Menschen vor ein unlösbares Problem, da hier die entsprechende energetische Kreativität nicht aufgebracht werden kann, was wiederum bedeutet, dass man nicht in die Tiefe der Rune eindringt, um zu verstehen, dass es nicht um einen materiellen Reichtum geht, sondern um einen inneren Reichtum, was wiederum bedeutet, dass man hier mit einer besonderen Selbstsicherheit agiert, um überhaupt gewappnet und vorbereitet zu sein, die Runenreihen zu bereisen. Nur wenn man auf einem festen Fundament steht, gleichzeitig aber auch eine hohe Beweglichkeit besitzt (hier also das Vieh und der bewegliche Besitz) somit seine materiellen Sorgen beherrscht, ist man befähigt, die Runen energetisch zu erfahren, zu bereisen und letztlich auch zu verwenden.


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