eat. M. FernholzЧитать онлайн книгу.
wir uns verstanden?!«
Mit aufgesetztem Hundeblick schaut Melanie zu ihrer Mutter auf, nickt. Tim jedoch schaut aus dem Fenster. Auf seine typisch genervte Art reagiert er: »Ja, Mama!«
Ronny steht neben dem Ford auf dem Standstreifen und blickt nach hinten. Der Stau nimmt zu. Es scheint, sich eine nie enden wollende Schlange zu bilden, denn sie reicht bis zum Horizont. Auch in Fahrtrichtung kein Weiterkommen. Der 20-Jährige will genauer ergründen, was den Stau verursacht, doch die Sicht ist getrübt, da die aufsteigende Hitze die Umgebung verschwimmen lässt.
Die Tür offen lassend, steigt Ronny wieder ein. Alexander trinkt währenddessen Mineralwasser. Yvonne isst ein Sandwich und reicht einen neongrünen Behälter nach vorn. »Habt ihr Hunger?«, fragt sie.
Ihr Freund reibt sich den Schweiß von der Stirn, schüttelt verneinend den Kopf. Ronny jedoch hat Appetit und nimmt das angebotene Sandwich heraus.
»Die Hitze ist extrem …!«, äußert der Dicke und prustet Luft aus.
Vivian, die eine Zigarette raucht und aus dem Fenster ascht, nickt kommentierend: »Wenn wir noch ´ne Stunde in der brütenden Affenhitze abhängen müssen, geh ich hier noch ein.«
»Ich hätte aber auch nicht gedacht, dass dieser Sommer so extrem wird«, bringt sich Yvonne ins Gespräch ein. »Und gerade heute ist es besonders heiß, finde ich.«
Der 19-jährige Fahrer kratzt sich am Hals. »Das Wetter ist soweit schon okay. Mich kotzt aber an, dass wir hier festhängen und nicht weiterkommen.«
»Was haltet ihr davon, wenn wir die Bundesstraße nehmen?«, schlägt Ronny fragend vor. Auch er hat kein Interesse daran, ewig hier zu verweilen. Es ist nämlich nicht ein einziges Wölkchen am Himmel zu sehen, was bedeutet, dass die Sonne noch einige Stunden ununterbrochen für unerträgliche Temperaturen sorgen wird.
Den Mund verziehend, reagiert Alexander: »Mit dir als Navigator!?«
Einmal kurz mit der Schulter lässig zuckend, nickt der Beifahrer. »Klar!«
»Das kennen wir doch irgendwoher«, gibt Vivian grinsend von sich.
»Eben …!«, bestätigt Alexander mit einem zusätzlichen Kopfnicken. Nur zu gut weiß er, dass sein Kumpel die Gabe hat, stets in die Irre zu führen.
Cool bleibend, blickt Ronny in die Runde und will von Yvonne wissen, ob sie auch noch etwas auszusetzen hätte.
Diese jedoch schaut lächelnd aus dem Fenster, kaut genüsslich das Sandwich und meint nur: »Ich sag nix …!«
»Also sind wir uns alle einig?!« Nach einem beobachtenden Blick nach draußen, erklärt Ronny dann: »Etwa fünfhundert Meter vor uns ist ´ne Abfahrt. Wir müssten allerdings den Seitenstreifen nehmen.«
Nicht gerade begeistert vom Vorschlag, den Seitenstreifen zu nutzen, verzieht Alexander die Mundwinkel und schnauft aus. Dann grinst er aber; dreht am Zündschloss, um den Motor zu starten. Zugleich ertönt wieder laute Rockmusik. Der erste Gang wird eingelegt.
KAPITEL 6
Die Landkarte, welche Jessica auf dem Schoß ausgebreitet hatte, faltet sie zusammen. »Ist tatsächlich die bessere Idee, die Landstraße zu nutzen.« Ihr ist klar, dass die Fahrt dadurch etwas entspannender vonstatten geht.
Heiko nickt. Gut gelaunt fällt ihm auf: »Herrlich, der Fahrtwind, oder!?!« Lächelnd wendet er den Blick kurz zu seiner Frau, die nach draußen schaut und erneut die Landschaft betrachtet. »Schaut mal, ihr beiden«, spricht sie begeistert zu den Kindern, »die Berge und Wälder!«
Tim und Melanie schauen erstaunt nach draußen, und der Neunjährige erwähnt fasziniert: »Boah, sind die hoch.«
Auf beiden Seiten der Straße erstrecken sich große Wälder. Beinahe wie eine märchenhafte Gegend offenbart sich die fantastische Gebirgslandschaft. Und der wolkenlose Himmel in seinem hellen Blau tut sein übriges.
Melanie lässt ihren Kopf seitlich an die Lehne fallen, während sie aus dem Fenster sieht. Doch nur einen kleinen Augenblick später dreht sie ihren Kopf, so dass sie wieder geradeaus schaut. Sie wirkt erschöpft und tut es kund: »Mami, mir geht’s nicht gut.«
Erst Heiko, dann Melanie ansehend, fragt sie: »Musst du spucken?«
»Ich weiß nicht. Mir ist so komisch, so schwindlig«, antwortet sie leise und schwach.
Besorgt vergewissert sich Jessica: »Sollen wir lieber anhalten?«
Das siebenjährige Mädchen nickt. Sie ist blass geworden. Beim Atmen hält sie den Mund offen, um sich mehr Sauerstoff zuzuführen. Vermutlich verträgt sie die andauernde Hitzeeinwirkung nicht.
Trotz der Frischluftzufuhr aufgrund der geöffneten Fenster, wäre es ratsam, ein schattiges Plätzchen aufzusuchen. Das würde allen Familienmitgliedern gut tun, da sie sich bereits eine geraume Zeit im aufgeheizten Wohnmobil aufhalten.
Leider besitzt das ältere Fahrzeugmodell keine Klimaanlage, die Heiko eigentlich noch nachträglich integrieren lassen wollte. Um aber vorerst Kosten einzusparen, entschied er sich dagegen. Jetzt aber ärgert er sich darüber, die Investition nicht getätigt zu haben. Und nun muss es eben sein, einen Platz im Schatten anzufahren, denn einen eventuellen Kreislaufkollaps bei seiner Tochter will er verhindern.
Heiko bremst vorsichtig ab, schlägt den nächsten Waldweg ein und fährt ein Stück weiter voran, um zu einer Stelle zu gelangen, wo die Strecke etwas breiter ist. Derzeit würde nämlich kein anderes Fahrzeug an ihnen vorbeifahren können, was vorwiegend an den Ausmaßen des Wohnmobils liegt.
Aufgrund der Unebenheiten schaukelt das große Fahrzeug mehr oder weniger, was Melanies Zustand zusätzlich verschlechtert. Noch kann sie sich aber zurückhalten. Besorgt blickt Jessica zu ihr nach hinten.
Tim, der aus dem Fenster schaut und dabei mit dem Kopf hin und wieder leicht gegen die Scheibe stößt, kneift skeptisch die Augen zusammen. Streckt den Kopf höher – in der Hoffnung, besser sehen zu können.
Draußen, zwischen dem Gestrüpp und Geäst, hat er nämlich Karosserien von verschiedenen Fahrzeugen entdeckt. Eigentlich sind sie kaum auszumachen, doch Tim hat im richtigen Moment hingesehen. Den Blick anschließend nach vorn wendend, fragt er: »Papi, warum liegen dahinten Autos?«
»Wie, liegende Autos?« Der Angesprochene ist sichtlich verdutzt. »Du meinst einen Parkplatz!?« Beinahe muss er innerlich über sein eigenes Nachfragen lachen. Denn er kann sich nicht daran erinnern, im tieferen Wald jemals eine Raststätte oder ähnliches gesehen zu haben. Und mittlerweile befinden sie sich auch nicht mehr nahe der Hauptstraße; ein Stück des Waldgebietes haben sie nun schon durchfahren.
»Nein, die haben gelegen. Quer und übereinander«, erklärt der Junge.
»Hm …, da hast du dich sicher verguckt. Wir sind hier mitten im Wald, da gibt’s sicher auch keinen Schrottplatz.«
Die Antwort seines Vaters stellt ihn jedoch nicht zufrieden, weshalb der Neunjährige hinzufügt: »Die waren in Büschen. Wie zugedeckt.«
Verwundert schaut Heiko Jessica an. Diese schüttelt kaum merkbar mit dem Kopf und vermutet: »Vielleicht hat jemand illegal seine Autos dort entsorgt, um die Verschrottung nicht bezahlen zu müssen.«
Tim kann zwar nachvollziehen, was seine Mutter ihm soeben mitgeteilt hat, aber er hat das Gefühl, dass die Aussage nicht ganz zutreffend ist. Folglich presst er unzufrieden die Lippen zusammen und zieht den linken Mundwinkel hoch.
»Kommt unser Wohnmobil auch dort hin?«, erfragt Melanie mit leiser Stimme. Sie scheint der Aussage ihrer Mutter nicht ganz gefolgt zu sein, hat wohl nur Schrottplatz verstanden und ist nun der Meinung, dass Fahrzeuge aller Art hier hergebracht werden, wenn sie ausgedient haben.
Der Waldweg besteht teilweise aus steinigem Boden. Eigentlich gar nicht optimal, um hier mit einem Auto entlangzufahren.