Heidis Lehr- und Wanderjahre. Johanna SpyriЧитать онлайн книгу.
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Heidis Lehr- und Wanderjahre
Jeder kennt sie: den Alm-Öhi, den Geissen-Peter, Fräulein Rottenmeier, die Ziegen, die Berge ... und natürlich Heidi
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Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1
Zum Alm-Öhi hinauf
Vom freundlichen Dorfe Maienfeld führt ein Fußweg durch
grüne, baumreiche Fluren bis zum Fuße der Höhen, die von
dieser Seite groß und ernst auf das Tal herniederschauen. Wo
der Fußweg anfängt, beginnt bald Heideland mit dem kurzen
Gras und den kräftigen Bergkräutern dem Kommenden
entgegenzuduften, denn der Fußweg geht steil und direkt zu den
Alpen hinauf.
Auf diesem schmalen Bergpfade stieg am hellen, sonnigen
Junimorgen ein großes, kräftig aussehendes Mädchen dieses
Berglandes hinan, ein Kind an der Hand führend, dessen
Wangen so glühend waren, daß sie selbst die sonnverbrannte,
völlig braune Haut des Kindes flammendrot durchleuchteten. Es
war auch kein Wunder: das Kind war trotz der heißen Junisonne
so verpackt, als hätte es sich eines bitteren Frostes zu erwehren.
Das kleine Mädchen mochte kaum fünf Jahre zählen; was aber
seine natürliche Gestalt war, konnte man nicht ersehen, denn es
hatte sichtlich zwei, wenn nicht drei Kleider übereinander
angezogen und drüberhin ein großes, rotes Baumwollentuch um
angezogen und drüberhin ein großes, rotes Baumwollentuch um
und um gebunden, so daß die kleine Person eine völlig formlose
Figur darstellte, die, in zwei schwere, mit Nägeln beschlagene
Bergschuhe gesteckt, sich heiß und mühsam den Berg
hinaufarbeitete. Eine Stunde vom Tal aufwärts mochten die
beiden gestiegen sein, als sie zu dem Weiler kamen, der auf
halber Höhe der Alm liegt und »im Dörfli« heißt. Hier wurden die
Wandernden fast von jedem Hause aus angerufen, einmal vom
Fenster, einmal von einer Haustür und einmal vom Wege her,
denn das Mädchen war in seinem Heimatsort angelangt. Es
machte aber nirgends Halt, sondern erwiderte alle zugerufenen
Grüße und Fragen im Vorbeigehen, ohne stillzustehen, bis es am
Ende des Weilers bei dem letzten der zerstreuten Häuschen
angelangt war. Hier rief es aus einer Tür: »Wart einen
Augenblick, Dete, ich komme mit, wenn du weiter hinaufgehst.«
Die Angeredete stand still; sofort machte sich das Kind von
ihrer Hand los und setzte sich auf den Boden.
»Bist du müde, Heidi?« fragte die Begleiterin.
»Nein, es ist mir heiß«, entgegnete das Kind.
»Wir sind jetzt gleich oben, du mußt dich nur noch ein
wenig anstrengen und große Schritte nehmen, dann sind wir in
einer Stunde oben«, ermunterte die Gefährtin.
Jetzt trat eine breite, gutmütig aussehende Frau aus der Tür
und gesellte sich zu den beiden. Das Kind war aufgestanden und
wanderte nun hinter den zwei alten Bekannten her, die sofort in
ein lebhaftes Gespräch gerieten über allerlei Bewohner des
»Dörfli« und vieler umherliegender Behausungen.
»Aber wohin willst du eigentlich mit dem Kinde, Dete?«
»Aber wohin willst du eigentlich mit dem Kinde, Dete?«
fragte jetzt die neu Hinzugekommene. »Es wird wohl deiner
Schwester Kind sein, das hinterlassene.«
»Das ist es«, erwiderte Dete, »ich will mit ihm hinauf zum
Öhi, es muß dort bleiben.«
»Was, beim Alm-Öhi soll das Kind bleiben? Du bist, denk'
ich, nicht recht bei Verstand, Dete! Wie kannst du so etwas tun!
Der Alte wird dich aber schon heimschicken mit deinem
Vorhaben!«
»Das kann er nicht, er ist der Großvater, er muß etwas tun,
ich habe das Kind bis jetzt gehabt, und das kann ich dir schon
sagen, Barbel, daß ich einen Platz, wie ich ihn jetzt haben kann,
nicht dahinten lasse um des Kindes willen; jetzt soll der
Großvater das Seinige tun.«
»Ja, wenn der wäre wie andere Leute, dann schon«,
bestätigte die kleine Barbel eifrig; »aber du kennst ja den. Was
wird der mit einem Kinde anfangen und dann noch einem so
kleinen! Das hält's nicht aus bei ihm! Aber wo willst du denn
hin?«
»Nach Frankfurt«, erklärte Dete, »da bekomm' ich einen
extraguten Dienst. Die Herrschaft war schon im vorigen Sommer
unten im Bad, ich habe ihre Zimmer auf meinem Gang gehabt
und sie besorgt, und schon damals wollten sie mich mitnehmen,
aber ich konnte nicht fortkommen, und jetzt sind sie wieder da
und wollen mich mitnehmen, und ich will auch gehen, da kannst
du sicher sein.«
»Ich möchte nicht das Kind sein!« rief die Barbel mit
»Ich möchte nicht das Kind sein!« rief die Barbel mit
abwehrender Gebärde aus. »Es weiß ja kein Mensch, was mit
dem Alten da oben ist! Mit keinem Menschen will er etwas zu
tun haben, jahraus, jahrein setzt er keinen Fuß in eine Kirche,
und wenn er mit seinem dicken Stock im Jahr einmal
herunterkommt, so weicht ihm alles aus und muß sich vor ihm
fürchten. Mit seinen